Und weg bist du (German Edition)
nicht.
»Gestern, als du aufs Revier kamst, um den Vorfall mit deiner Windschutzscheibe zu melden, meintest du, du hättest keine Ahnung, warum diese Jugendlichen Steine auf deine Windschutzscheibe geworfen haben. Stimmt das?«
»Natürlich. Warum bist du eigentlich zu einem gewöhnlichen Brand gerufen worden? Das ist doch normalerweise gar nicht dein Gebiet.«
»Weil es kein gewöhnlicher Brand ist. Nachbarn haben eine laute Explosion gehört. Der hintere Teil des Hauses, der am weitesten von der Garage entfernt ist, hat am meisten abbekommen.«
»Eine Bombe?«
»Es scheint so.«
Noah und ich wechselten einen bestürzten Blick. Letzte Nacht hatte mich Paul Gerard überfallen und heute war er in der Kunstgalerie aufgetaucht. Das konnte kein Zufall sein. Er musste der Bombenleger sein. In Noahs Augen sah ich, dass er das Gleiche dachte.
Der Kommissar beobachtete uns genau. »Was habt ihr?«
Noah starrte bereits wieder auf das Haus. »Eine Bombe? Warum sollte jemand so etwas tun?«
»Das will ich von dir wissen. Wer würde einen Grund dafür haben?«
»Ich weiß es nicht, Don … Ich habe alles verloren, oder?«
»Wahrscheinlich. Immerhin seid ihr nicht im Haus gewesen. Sonst wäret ihr jetzt womöglich schwer verletzt oder sogar tot. Und zum Glück war die zweite Doppelhaushälfte leer.«
Noah versuchte zu verbergen, wie sehr er unter dem Verlust litt. »Es tut mir so leid«, sagte ich, als könnten diese pathetischen Worte das grässliche Unglück irgendwie lindern.
»Was geht hier vor sich?«, fragte Noah mit Blick auf das Rettungsfahrzeug in der Einfahrt.
Iverson schaute in Richtung Garage. »Wir kennen uns mittlerweile seit fünf Jahren. Ich habe dich nach den Problemen in Seale House ein wenig unter meine Fittiche genommen. Das weißt du. Ich habe dir geholfen, dass du ohne Pflegeeltern allein leben durftest, wie du es wolltest. Du warst sogar bei mir und meiner Familie zu Hause zum Essen.«
Besorgnis machte sich auf Noahs Gesicht breit. »Ja.«
»Und ich war froh, dass du dein Leben trotz der widrigen Umstände in den Griff bekommen hast. Doch wenn ich nicht wüsste, was du für ein Mensch bist, würden wir dieses Gespräch nicht führen.«
»Ich verstehe nicht ganz.« Erst jetzt löste Noah den Blick von dem Haus und sah seinem Freund in die Augen. »Bin ich etwa in Schwierigkeiten, weil in meinem Haus ein Brand ausgebrochen ist?«
»Kommt mal mit.«
Wir folgten ihm die Einfahrt hinauf, vorbei an meinem Wagen, dessen Motorhaube ebenfalls beschädigt war. Durch die Hitze war der Lack geschmolzen und hatte Blasen geschlagen. Auch die Windschutzscheibe war gesprungen. Mein armer, alter Civic! Ich hatte so hart dafür gearbeitet, bis ich ihn mir leisten konnte, und habe ihn stets gehütet wie meinen Augapfel. Doch jetzt sah er erbärmlich aus. Was würden Brent und Marilyn sagen? Immerhin hatten sie die Versicherung für mich übernommen. Würden ihre Beiträge jetzt angehoben werden, obwohl ich für den Schaden nicht verantwortlich war? Mir graute davor, mit dem Wagen wieder in Troy vorzufahren.
Nachdem wir uns an dem großen Rettungsfahrzeug vorbeigeschoben hatten, duckten wir uns, um durch das halb geöffnete Garagentor nach drinnen zu gelangen. In einer Ecke waren mehrere Polizisten beschäftigt. Als wir näher kamen, sahen Noah und ich, wem ihre Aufmerksamkeit galt, und ich rang nach Atem. Die Sorgen wegen meines Autos waren wie fortgewischt.
Ein Forensiker begann Fotos von dem angesengten, aber noch erkennbaren Leichnam zu machen – Georgie.
einundzwanzig
VERHÖR
Die Minuten vergingen endlos langsam. Ich saß auf einer harten Bank im Polizeihauptquartier, während Noah in einem abgeschlossenen Raum verhört wurde. Kommissar Iverson hatte mich nach einem Ausweis gefragt und ich hatte glücklicherweise meinen Schülerausweis in der Tasche gehabt. In Troy, der kleinen Stadt, in der ich lebte, benutzte ich den Nachnamen meiner Pflegefamilie: Haberton. Ein Polizist tippte ihn in den Computer und fand nichts. Wenn er allerdings meinen richtigen Namen eingegeben hätte, Jocelyn Harte, wären alle möglichen Informationen des örtlichen Jugendamts erschienen, zumal ich an meinem letzten Abend in Seale House in große Schwierigkeiten geraten war. Jack und ich hatten Watertown sofort am nächsten Tag verlassen, aber waren wir nach fünf Jahren womöglich immer noch als flüchtig registriert?
Der Anblick von Georgies Leichnam war schrecklich gewesen und zwang mich die Erlebnisse in der Gasse
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