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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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bekannte gefasste Gesicht. Ein wenig abgekämpft sah es aus. Um die Augen lag ein Schatten. Zeichen der Übermüdung. Denn wann sie das letzte Mal eine Nacht durchgeschlafen hatte, wusste Michaela nicht zu sagen. Dass der schlechte Schlaf allerdings weniger dem Arbeitsstress, sondern vielmehr ihrem Gefühlschaos und einem heillosen Wust von Gedanken geschuldet war, das wusste sie sicher.
    Sie musste sich in Zukunft mehr zusammennehmen. Sie konnte nicht jedesmal zusammenbrechen, wenn Tanja ihr eine freundliche Geste zukommen ließ.
    Zwei Stunden nahm Michaela sich Zeit, ging mit Tanja von der Tiefgarage bis zum Penthouse, stellte ihr die Mitarbeiter des Hauses vor, erklärte die Aufgaben der einzelnen Abteilungen. Zu Michaelas Erstaunen schien Tanja die Funktionsabläufe und Zuständigkeiten, die in einem Hotel vorherrschten, zu kennen. Auf Michaelas entsprechende Frage antwortete Tanja nur: »Was hast du gedacht? Seit fünfundzwanzig Jahren erzählt mein Vater jeden Abend davon.«
    »Dann kann ich es mir wohl sparen, dir die Arbeit der Wirtschaftsdirektorin zu erklären?«
    »Die Wirtschaftsdirektorin ist der Hoteldirektion unterstellt und trägt die Verantwortung für Restaurants, Bar, Etagenservice, Bankett, Catering etc.«, begann Tanja abzuspulen. »Innerhalb dieser Aufgabenbereiche kümmert sie sich um den Einkauf, trägt die Personalverantwortung und stellt die Einführung, Ergänzung und Überwachung von Standards sicher. Auch die Budgeterstellung und -kontrolle gehört zum Verantwortungsbereich der Wirtschaftsdirektorin. In ihrer Funktion ist sie darüber hinaus im ständigen Dialog mit Gästen und Kollegen und sorgt dafür, dass Trends erkannt und für das Haus erfolgreich umgesetzt werden. Daher fallen auch die Bereiche rund um Einkauf, Preisgestaltung, Konzeption von Speise- und Weinkarten, Reklamationshandling etc. in das umfangreiche Aufgabengebiet einer Wirtschaftsdirektorin. Für diese verantwortungsvolle Position ist eine solide Grundausbildung und entsprechende Berufserfahrung Voraussetzung. Darüber hinaus sollte die Wirtschaftsdirektorin eine führungsstarke Persönlichkeit sein. Strategisches Denken und zielorientiertes Arbeiten sind Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit.«
    »Dann weißt du also, dass dein Vater, als er dir diese Stelle anbot, größtes Vertrauen bewies.«
    Tanja zögerte. »So habe ich das damals nicht gesehen«, gab sie zu.
    »Was weißt du noch alles übers Hotelmanagement? Ich meine, bevor ich mich lächerlich mache, weil ich dir Dinge erkläre, die du vielleicht besser weißt als ich, frage ich lieber.«
    »Es ist nicht so, dass ich mich nicht für die Arbeit meines Vaters interessiert habe«, gestand Tanja etwas verlegen.
    »Aber du hast es ihm nie gezeigt.« Michaela fiel plötzlich ein, dass sie über eines noch nicht gesprochen hatten. »Wie lange willst du eigentlich hierbleiben? Und hast du schon darüber nachgedacht, wie du deinem Vater deine Abwesenheit von zu Hause plausibel machst? Er wird sich dafür interessieren, warum du so lange weg bist.«
    »Oh!« meinte Tanja. Offensichtlich hatte sie diese Kleinigkeit übersehen. Außerdem fiel Michaela ein, dass Tanja ja gar keine Unterkunft hatte. »Wo wirst du überhaupt wohnen?«
    »Na, ich nehme mir wohl weiterhin ein Zimmer im Hotel«, meinte Tanja leichthin.
    »Das kostet am Tag so viel, wie du im Monat als Praktikantin verdienst. Wie willst du das deinen zukünftigen Kollegen erklären?«
    »Stimmt, das wäre sehr schwierig.« Tanja sah Michaela hilfesuchend an, blinzelte, dann lächelte sie schelmisch.
    O nein! »Du kannst nicht bei mir wohnen!« wehrte Michaela ab.
    »Warum nicht?«
    Weil es über meine Kräfte gehen würde, dachte Michaela in einem Anflug von Panik. Ich schaffe es ja nicht einmal, allein mit dir in meinem Büro zu sein, ohne mich vor Sehnsucht zu verzehren. Wie sollte das erst in einer gemeinsamen Wohnung werden? Sich immer der schmerzlichen Tatsache bewusst, dass sie ihrer Sehnsucht nicht nachgeben durfte. Ihrer Liebe.
    Die Erkenntnis traf Michaela wie ein Keulenschlag. Ich liebe Tanja.
    »Ich bin noch gar nicht richtig eingerichtet«, sagte sie kraftlos. »Die Wohnung ist auch viel zu klein für zwei.« Michaela betete inständig, Tanja möge ihr nicht ansehen, wie es gerade in ihr tobte.
    »Wo für einen Platz ist, ist auch Platz für zwei, und ich kann dir beim Einrichten helfen«, sagte Tanja enthusiastisch.
    »Nein, Tanja, ich . . . es geht einfach nicht.«
    »Oh,

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