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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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versauern konnte!
    Walter Kanter freute sich sehr über den Meinungswandel seiner Tochter. Es überraschte ihn ein wenig, dass sie sofort bereit war, mit ihm zurück nach Berlin zu kommen und in der Geschäftsleitung mitzuarbeiten. Aber er nahm es gern zur Kenntnis. Auch Michaela wunderte sich, schob Tanjas Abreise aber auf die Vorkommnisse zwischen ihnen, mit denen Tanja wohl doch nicht so locker umgehen konnte wie sie ursprünglich gedacht hatte. Michaela bedauerte Tanjas Entschluss dahingehend, dass sie sie nun längere Zeit nicht sehen würde. Doch es war sicher besser so. So konnten sie beide etwas Abstand voneinander gewinnen.
    »Natürlich kannst du Frau Dietz als deine Assistentin bekommen«, meinte Walter Kanter auf die Frage seiner Tochter hin. »Ich werde sie davon unterrichten. Sie wird sich freuen, das zu hören.«
    Das bezweifelte Tanja. Michaela würde ihre Pläne empfindlich gestört sehen. Natürlich konnte sie nichts dagegen tun, wenn Walter Kanter anordnete, sie solle seiner Tochter zur Seite stehen. Um Michaela zu beruhigen würde er ihr wohl sagen, es sei nur vorübergehend. Immerhin war die Stellung als Assistentin der Geschäftsleitung auch nicht schlecht. Er würde es Michaela so schmackhaft wie nur möglich machen. Und Michaela musste so tun, als stimmte sie ihm zu. Dabei war ganz sicher das letzte, was sie wollte, Assistentin der Frau zu sein, die sie bis gestern noch angeleitet hatte. Ha!
    »Am besten, ihr beginnt mit einer Rundreise zu unseren Hotels. Damit du alles mal gesehen hast«, schlug Kanter seiner Tochter vor. »Was hältst du davon?«
    »Das klingt wie Urlaub«, sagte Tanja abwesend.
    Walter Kanter lachte. »Wenn du dich da mal nicht täuschst. Du wirst eine Unzahl von Leuten kennenlernen, und alle erwarten von dir ein fehlerfreies Auftreten.«
    »Habe ich sonst noch etwas zu tun?«
    »Mach dich schon mal mit den Daten der einzelnen Hotels vertraut. Das kann nicht schaden«, sagte Kanter.
    »Wann soll es losgehen?«
    »Sobald ich Frau Dietz in Hamburg durch jemand anderen ersetzt habe. Etwa in einer Woche.«
    »Reichlich Zeit, die Koffer zu packen«, meinte Tanja. »Habe ich eigentlich auch ein Büro in diesem Haus?«
    Kanter lächelte breit. »Ich habe darauf gewartet, dass du das fragst. Komm mit. Ich zeige es dir.«
    Tanja verbrachte die ganze Woche mit dem Studium von Bilanzen. Dabei fiel ihr auf, insbesondere beim Lesen der Resümees, wie altmodisch diese teilweise verfasst waren. Es fehlte oft die Einschätzung des Betriebsergebnisses, der Bezug zu aktuellen Marktanalysen. Wo steht der Markt, wo wollen wir dort stehen? Und wo stehen wir wirklich? Darüberhinaus zeigte ein Vergleich der Bilanzzahlen der letzten drei Geschäftsjahre eine beängstigende Stagnation.
    Tanja wusste, ihr Vater setzte bei der Führung des Unternehmens nach wie vor auf die alten Werte: Qualität und Service. Gute Werte, unverzichtbar im Hotelgewerbe. In den 70er und 80er Jahren vielleicht auch ausreichend. Aber nicht mehr heute und schon gar nicht in der Zukunft. Jemand musste ihm das mal sagen.
    Als Betriebswirtin wusste Tanja, dass Stagnation nur die Vorstufe der Rückläufigkeit war. Aber es gab Mittel, dem entgegenzuwirken. Die modernen Werkzeuge der Betriebsführung: Trendanalysen und Kennziffern. In den letzten Jahren hatte Tanja viel Zeit damit verbracht, diese Werkzeuge zu studieren.
    Tanja nahm sich vor, ihre Reise für eine Bestandsaufnahme zu nutzen. Vorsichtige Gespräche mit den Hotelmanagern zu führen, um herauszufinden, wo die sich auf dem »Zeitstrahl« befanden, inwieweit sie empirisch arbeiteten, und inwieweit fundiert.
    Am späten Freitagnachmittag klopfte es an die Tür von Tanjas Büro. »Herein«, rief sie und sah auf.
    Michaela trat ein. Tanjas Herz krampfte sich bei ihrem Anblick zusammen. Sie hatte gewusst, dass diese Begegnung kommen würde, und sie wusste, sie würde sich schwertun, Michaela unbefangen gegenüberzutreten. Dennoch hatte sie gehofft, sich stärker zu fühlen als noch vor einer Woche. In ihrer Vorstellung tat Tanja das auch, da hatte sie die Kraft, Michaela anzusehen, ohne Schmerz und Verbitterung zu fühlen. Sie hatte ja ihre Verachtung, die ihr Kraft gab. Jetzt merkte Tanja jedoch, dass sie sich gehörig überschätzt hatte. Reiß dich zusammen! ermahnte sie sich und klappte den Ordner zu, in dem sie gerade gelesen hatte.
    »Ich dachte, du meldest dich mal bei mir«, begrüßte Michaela sie. »Dann höre ich von deinem Vater, dass du mich als deine

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