...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst
Zahlen und Fakten die Geschichte Kopenhagens und Dänemarks zu erzählen.
Nach dem mehr als ausführlichen Vortrag interessierte Tanja vor allem die Frage: »Wo haben Sie so gut Deutsch sprechen gelernt?«
»Dänemark betrachtet Deutschland heute als einen der wichtigsten Handelspartner. Obwohl Deutsch nur ein Wahlfach an der Schule ist, lernen es deshalb die meisten ab der Mittelstufe. Aber ich habe auch einige Jahre in Deutschland gelebt, als Bauarbeiter, gleich nach dem Mauerfall.«
Sie kamen vor dem Hotel an. Hier gab es keinen Portier, die Atmosphäre in der Eingangshalle war weniger gedämpft als in London und die Einrichtung sehr viel moderner. Ein junger Mann im Anzug kam ihnen freundlich lächelnd entgegen, stellte sich vor. »Asger Nielsen. Guten Tag, Frau Kanter.« Er wartete nicht, bis Tanja ihm Michaela vorstellte, sondern wandte sich direkt an sie. »Guten Tag, Frau . . .?«
»Dietz«, half ihm Michaela.
Er lächelte. »Hatten Sie einen guten Flug?«
»Ja.«
»Leider ist das Wetter heute nicht sehr freundlich. Wenn Sie noch einen kleinen Spaziergang in der Stadt machen wollen, empfehle ich Ihnen, den Regenschirm mitzunehmen. Oder möchten Sie sich lieber das Hotel ansehen? Ich begleite Sie gern. Fragen Sie einfach an der Rezeption nach mir. Ihre Zimmer sind die 506 und 507.« Er überreichte sowohl Tanja als auch Michaela einen Schlüssel. »Möchten Sie hinaufgehen und den Reisestaub abschütteln?«
Kein pompöser Empfang, kein Programm, keine verschiedenartigen Zimmer. Ein deutlicher Unterschied zu London, registrierte Tanja. Andere Länder, andere Sitten.
»Das Abendessen ist für neunzehn Uhr im Restaurant bestellt«, verkündete Nielsen. »Der Hoteldirektor freut sich darauf, Sie persönlich zu begrüßen.«
Na, nun aber doch noch ein wenig konservativ, schmunzelte Tanja in sich hinein. Nicht, dass sie es vermisst hätte.
Bis zum Abendessen waren es noch zwei Stunden. Tanja nutzte die Zeit, um sich ein paar Notizen zu ihrem Besuch in London zu machen. So zeitnah wie möglich, bevor alles verblasste und mit anderen Eindrücken verschwamm.
Viertel vor sieben klopfte es an die Tür. Tanja stand gerade vor dem Spiegel im Gang, musterte sich kritisch. »Ja«, rief sie.
Die Tür des Zimmers wurde geöffnet. Michaela stand im Türrahmen. Ihr Blick fiel automatisch auf Tanja, die nur einen Meter von ihr entfernt stand. Ein warmer Blick, wie Tanja irritiert registrierte. Doch noch ehe sie sich vergewissern konnte, ob sie sich getäuscht oder wirklich Zärtlichkeit darin gelegen hatte, war der Schimmer aus Michaelas Augen verschwunden. Falls er da war, kann es dir egal sein. Michaela will dich so doch nur weich machen.
»Wollen wir gehen?« fragte Michaela.
Tanja nickte, sie gingen zum Fahrstuhl. Man traf sich im Foyer des Restaurants.
»Henning Hjort«, stellte sich der Hoteldirektor vor. Außer ihm waren noch zwei weitere Personen anwesend. »Meine Frau Grethe«, er zeigte auf die Frau neben sich. Dann deutete er auf den jungen Mann, der sie im Hotel empfangen hatte. »Asger haben Sie bereits kennengelernt. Unser Front Office Manager.«
Sie gingen alle zusammen ins Restaurant, eine Kellnerin begleitete sie zu ihrem Tisch.
»Wie geht es Ihrem Vater, Frau Kanter? Ist er gesund?« begann der Hoteldirektor mit den allgemeinen Höflichkeiten.
Tanja nickte. »Ja, es geht ihm sehr gut.«
»Grüßen Sie ihn von mir.«
»Das werde ich tun.«
Die Vorspeise wurde serviert, gedünsteter Lachs mit Spargelspitzen, dazu Weißwein.
»Wie gefällt Ihnen Kopenhagen?«
»Was ich bisher davon gesehen habe, sehr gut.«
»Sie sollten die Kanalrundfahrt machen. Die Tour dauert nur etwa eine Stunde, aber Sie erleben die verschiedensten Facetten der Stadt: Amalienburg, Nyhavn, das neue Opernhaus. Es gibt Anlegestellen, von denen man einfach auf die Boote zusteigen kann. Probieren Sie es.«
»Ich werde es mir überlegen.«
»Nein, nein, nicht überlegen!« Hjort lachte. »Tun Sie es!«
Tanja musste lächeln. Erst der geschichtenerzählende Fahrer, nun ein architekturbegeisterter Direktor. Waren alle Dänen so – enthusiastisch?
»Ich fürchte nur, ich werde in den nächsten Wochen so überladen mit Eindrücken, dass ich die vielen schönen Dinge gar nicht genießen kann. Gestern London. Heute und morgen Kopenhagen, übermorgen Amsterdam, danach . . . ich weiß nicht mal, was danach kommt.«
»Madrid«, half Michaela ihr aus.
So plätscherte das Gespräch bis zum Hauptgang dahin. Der bestand
Weitere Kostenlose Bücher