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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bitten.«
    »Ich bitte dich trotzdem darum.«
    »Nein. Ich meine, ich habe dir schon verziehen. Genaugenommen habe ich dir sofort verziehen. Worte sind nicht die Realität. Sie sind nur ein Ausdruck dessen, was Menschen sehen.« Sie bückte sich, hob eines der Tapetenmuster auf und hielt es auf Armeslänge von sich ab, um es zu prüfen. Seine Entschuldigung, so schien es, war akzeptiert worden. Aber er hatte das deutliche Gefühl, daß das Thema selbst zwischen ihnen noch lange nicht erledigt war.
    Ihrem Beispiel folgend, ließ er es dennoch dabei bewenden und sagte mit einem Blick auf die Tapete ermutigend: »Das sieht doch gut aus.«
    »Findest du?« Helen ließ das Muster zu Boden fallen, »Für mich ist wirklich jede Wahl eine Qual. Zuerst die Entscheidung. Und dann mit ihr leben zu müssen.«
    In Lynleys Bewußtsein blinkten Warnlampen auf. Helen hatte sich nicht gerade mit heller Begeisterung in die Ehe gestürzt. Im Gegenteil, es hatte einige Zeit gebraucht, sie davon zu überzeugen, daß eine Ehe überhaupt etwas Gutes für sie haben könnte. Sie hatte bei ihren vier älteren Schwestern, die Männer höchst unterschiedlichen Standes geheiratet hatten – vom italienischen Adligen bis zum Rancher in Montana – die Höhen und Tiefen erlebt, die mit jeder festen Bindung einhergingen. Und sie hatte nie ein Hehl aus ihrem Widerstreben gemacht, sich auf etwas einzulassen, was ihr vielleicht mehr abverlangen würde, als sie je geben konnte. Sie war aber auch nie der Typ gewesen, der über einer momentanen Verstimmung seinen gesunden Menschenverstand vergaß. Sie hatten ein paar heftige Worte gewechselt, das war alles. Das mußte nicht gleich das Schlimmste bedeuten.
    Dennoch sagte er, um der Andeutung zu begegnen, die er aus ihrer Bemerkung heraushörte: »Als mir zum erstenmal bewußt wurde, daß ich die liebe – hab ich dir das eigentlich schon mal erzählt? –, war mir unbegreiflich, wie ich so lange hatte blind sein können. Jahrelang hattest du einen festen Platz in meinen Leben, aber eben immer nur als gute Freundin und in sicherer Entfernung. Und als ich mir dann ganz sicher war, daß ich dich liebte, da schien mir, mehr zu wollen als deine Freundschaft, hieße alles riskieren.«
    »Es hieße ja auch alles riskieren«, sagte sie. »Wenn man in der Beziehung zu einem anderen Menschen einen gewissen Punkt erreicht hat, gibt es kein Zurück mehr. Aber ich bereue nicht einen Moment, es riskiert zu haben. Du etwa, Tommy?«
    Er war tief erleichtert. »Dann sind wir wieder miteinander im reinen.«
    »Waren wir das denn vorher nicht?«
    »Ich hatte den Eindruck ...« Er zögerte, unsicher, wie er die Veränderung, die er zwischen ihnen wahrnahm, beschreiben sollte. »Wir müssen mit einer gewissen Anpassungszeit rechnen, nicht? Wir sind keine Kinder mehr. Jeder von uns hatte sein eigenes Leben, bevor wir geheiratet haben, da braucht es natürlich eine Weile, sich einander anzupassen und auf ein gemeinsames Leben einzustellen.«
    »Hatten wir.« Sie sagte es im Ton einer Feststellung, sinnend, und blickte von den Tapetenmustern zu ihm auf.
    »Was hatten wir?«
    »Jeder sein eigenes Leben. Oh, du ganz sicher, das sehe ich. Wer könnte das jemals bestreiten? Aber was mich angeht ...« Sie machte eine ziellose Geste zu den Mustern hin. »Ich hätte ohne Zögern Blumen gewählt. Aber Blumen sind kitschig, wie ich jetzt von Charlie erfahren habe. Und dabei habe ich mich doch auf dem Gebiet der Innenausstattung immer für kompetent gehalten. Vielleicht habe ich mir da nur etwas vorgemacht.«
    Lynley kannte sie seit mehr als fünfzehn Jahren, daher verstand er genau, was sie sagen wollte. »Helen, ich war wütend, und wenn ich wütend bin, schwinge ich mich immer gleich auf das nächstbeste hohe Roß. Aber es waren nur Worte, wie du selber gesagt hast. Es steckt genauso viel Wahrheit in ihnen wie in der Behauptung, ich sei ein Ausbund an Sensibilität. Was ich, wie du weißt, nicht bin. Punktum.«
    Während er sprach, hatte sie begonnen, die mit Blumen bedruckten Muster auszusortieren. Als er jetzt schwieg, hielt sie inne. Sie sah ihn an, den Kopf leicht zur Seite geneigt, sanfte Nachsicht im Gesicht. »Du verstehst im Grunde gar nicht, wovon ich rede, nicht wahr? Aber wie solltest du auch? An deiner Stelle würde ich auch nicht verstehen, wovon ich rede.«
    »Doch, ich verstehe genau. Ich habe deine Ausdrucksweise korrigiert. Ich war wütend, weil du dich nicht auf meine Seite gestellt hast, darum habe ich genauso

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