Undank Ist Der Väter Lohn.
kommen.«
»Das ist auch Kunst«, protestierte Denton.
»Ja, das sagen Sie mir immer wieder. Na los, gehen Sie. Und wenn Sie wie immer die dazugehörige CD kaufen, möchte ich Sie bitten, sie nicht abzuspielen, wenn ich zu Hause bin.«
»Er ist ein echter Kultursnob, stimmt’s?« wandte sich Denton in vertraulichem Ton an Helen.
»Schlimmer geht’s nicht.«
Nachdem Denton gegangen war, widmete sie sich wieder den Tapetenmustern. Drei verwarf sie, ersetzte sie durch drei andere und nahm ein weiteres Buch von den Armen ihres Mannes. »Du brauchst da nicht rumzustehen und zu halten, Tommy«, sagte sie.
»Du mußt doch arbeiten, oder nicht?«
»Ein paar Minuten hab ich schon Zeit.«
»Ich fürchte, das hier wird länger dauern als ein paar Minuten. Du weißt doch, was ich für Schwierigkeiten habe, wenn es darum geht, mich für etwas zu entscheiden. Ich hatte tatsächlich an etwas Hübsches mit Blumenmuster gedacht. Gedämpft und beruhigend. Du weißt, was ich meine. Aber das hat Charlie mir nun verdorben. Stell dir nur vor, wir bitten ihn, Tante Augusta in ein Zimmer zu begleiten, das er kitschig findet. Wie war’s mit dem hier, Einhörner und Leoparden? Ist das nicht grauenvoll?«
»Aber genau das richtige für Gäste, die man nicht zu lange im Hause haben möchte«, meinte Lynley.
Helen lachte. »Das stimmt natürlich.«
Lynley wartete, bis sie aus allen Büchern, die er hielt, die Muster herausgesucht hatte, die in die engere Wahl kamen. Sie bedeckte das ganze Bett damit und den größten Teil des Bodens. Die ganze Zeit dachte er, wie seltsam es war, daß sie noch vor zwei Tagen uneins miteinander gewesen waren. Er empfand jetzt weder Verärgerung noch Feindseligkeit. Und auch das Gefühl verraten worden zu sein, das bei ihm solch selbstgerechte Entrüstung ausgelöst hatte, war gänzlich verschwunden. Er spürte nur, wie sein Herz sich ihr öffnete, und wenn mancher Mann das vielleicht als Begierde verstanden und entsprechend gehandelt hätte, so wußte er, daß es absolut nichts mit Sex und alles mit Liebe zu tun hatte.
Er sagte: »Du hast doch meine Nummer in Derbyshire. Ich habe sie Denton gegeben. Und Simon auch.«
Sie sah auf. Eine lockige Strähne kastanienbraunen Haars verfing sich an ihrem Mundwinkel, und sie wischte sie weg.
»Du hast nicht angerufen«, fuhr er fort.
»Sollte ich dich anrufen?« Die Frage hatte nichts Kokettes.
»Charlie hat mir die Nummer gegeben, ja, aber er hat nichts davon gesagt –«
»Nein, nein, du solltest nicht anrufen. Ich hatte nur gehofft, du würdest es tun. Ich wollte mit dir sprechen. Du bist neulich morgens mitten in unserem Gespräch gegangen, und das hat mich bedrückt. Ich wollte das klären.«
»Oh.« Mehr sagte sie nicht. Sie ging zu dem antiken kleinen Toilettentisch, der im Zimmer stand, und setzte sich auf die Kante des gepolsterten Hockers davor. Sie sah mit ernstem Blick zu ihm auf. Ein Schatten fiel über ihre Wange, dort wo ihr Haar das durch das Fenster hereinströmende Sonnenlicht abhielt. Sie sah so sehr wie ein Schulmädchen aus, das auf seine Bestrafung wartete, daß Lynley gar nicht anders konnte, als seinen berechtigt geglaubten Groll gegen sie noch einmal zu überdenken.
Er sagte: »Es tut mir leid, daß es zu diesem Streit kommen mußte, Helen. Du hast mir gesagt, was du denkst. Das ist dein gutes Recht. Ich bin auf dich losgegangen, weil ich dich auf meiner Seite haben wollte. Sie ist meine Frau, dachte ich, und dies ist meine Arbeit, und dies sind die Entscheidungen, die ich im Rahmen meiner Arbeit treffen muß. Ich möchte, daß meine Frau mich unterstützt und nicht, daß sie sich gegen mich wendet. Ich habe dich in dem Moment nicht als eine eigene Persönlichkeit gesehen, sondern als einen Teil von mir. Und als du meine Entscheidung in bezug auf Barbara in Frage gestellt hast, habe ich Rot gesehen. Und das tut mir leid.«
Sie senkte den Blick. Sie fuhr mit den Fingern an der Kante des Hockers entlang und verfolgte ihren Weg. »Ich bin nicht gegangen, weil du die Beherrschung verloren hast. Das habe ich weiß Gott schon früher erlebt.«
»Ich weiß, warum du gegangen bist. Und ich hätte es nicht sagen sollen.«
»Sagen – was denn?«
»Ich hätte diese Bemerkung nicht machen sollen. Das mit dem Pleonasmus. Das war gedankenlos und grausam. Ich möchte dich dafür um Verzeihung bitten.«
Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Das waren doch nur Worte, Tommy. Wegen deiner Worte brauchst du mich nicht um Verzeihung zu
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