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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wahrscheinlich weit weniger Anlaß, verständnisvoll zu sein, nicht wahr?«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen«, stimmte Barbara zu. »Mrs. Baden, ich war eben bei Cilla Thompson.« Sie berichtete kurz, was sie von der jungen Frau gehört hatte.
    Während sie sprach, ging Mrs. Baden zu ihrem alten Klavier, auf dem ein Metronom rhythmisch hin und her schwang und ein kleiner Wecker tickte. Sie hielt das Metronom an und schaltete den Wecker aus. Sie rückte den Klavierhocker zurecht, schob mehrere Notenblätter ordentlich zusammen, stellte sie wieder auf den Ständer und setzte sich, die Hände gefaltet, ganz Aufmerksamkeit. Gegenüber vom Klavier hüpften die Finken zwitschernd in ihrem großen Käfig von einer Stange zu anderen. Mrs. Baden betrachtete die Vögel liebevoll, während sie Barbara zuhörte.
    »O ja, der Herr war hier, dieser Mr. King-Ryder«, erklärte sie, als Barbara zum Schluß gekommen war. »Ich habe seinen Namen natürlich gleich erkannt, als er sich vorgestellt hat. Ich habe ihm ein Stück Schokoladenkuchen angeboten, aber er lehnte ab, er ist nicht einmal auf einen Sprung hereingekommen. Er war ganz versessen darauf, sich die Bilder anzusehen.«
    »Und haben Sie ihn in die Wohnung hineingelassen? Ich meine, in die von Terry und Cilla.«
    »Cilla hatte mich angerufen und mir gesagt, daß ein Herr vorbeikommen wolle, um sich ihre Bilder anzusehen. Sie hatte mich gebeten, ihm aufzusperren und ihn hineinzulassen. Seinen Namen hat sie mir nicht genannt – das dumme Ding hatte ihn nicht einmal danach gefragt, können Sie sich das vorstellen? –, aber da mir hier die Kunstsammler im allgemeinen nicht die Tür einrennen, um Cillas Bilder zu bewundern, habe ich, als er kam, angenommen, er wäre der Angekündigte. Im übrigen habe ich ihn nicht allein in der Wohnung gelassen. Oder jedenfalls erst, nachdem ich mit Cilla gesprochen hatte.«
    »Er war also allein oben? Nachdem sie mit Cilla Thompson Rücksprache gehalten hatten?« Barbara rieb sich im Geist die Hände. Jetzt ging es doch endlich vorwärts. »Hat er darum gebeten, allein gelassen zu werden?«
    »Nachdem ich ihn hinaufgeführt hatte und er sah, wie viele Bilder da oben in der Wohnung standen, sagte er, er würde einige Zeit brauchen, um sie sich genau anzusehen und dann zu entscheiden. Als Sammler wollte er –«
    »Er hat behauptet, er wäre Sammler, Mrs. Baden?«
»Die Malerei sei seine große Leidenschaft, hat er mir erklärt. Aber da er kein wohlhabender Mann sei, sammelte er die Unbekannten. Daran erinnere ich mich ganz genau, weil er mir von den Leuten erzählt hat, die Picassos Arbeiten gekauft haben, bevor Picasso ... ›na ja, bevor Picasso eben Picasso war. Sie folgten einfach ihrem Instinkt und überließen den Rest der Kunstgeschichte‹, hat er gesagt. Und er täte das gleiche.«
    Daraufhin hatte Mrs. Baden ihn allein gelassen, und er hatte über eine Stunde gebraucht, um sich Cilia Thompsons Arbeiten anzusehen und seine Wahl zu treffen.
    »Er hat mir das Bild gezeigt, nachdem er abgeschlossen und mir den Schlüssel zurückgebracht hatte«, erzählte sie Barbara.
    »Ich kann nicht behaupten, daß ich seine Wahl verstanden hätte. Aber na ja ... ich bin schließlich keine Sammlerin. Abgesehen von meinen kleinen Vögeln sammle ich überhaupt nichts.«
    »Und Sie sind sicher, daß er eine Stunde oben war?«
    »Über eine Stunde. Schauen sie, ich übe nachmittags immer Klavier. Jeden Tag anderthalb Stunden. Viel kommt dabei natürlich nicht heraus bei meinen zitternden Händen. Aber ich finde, man soll nie aufgegeben. Ich hatte gerade das Metronom aufgezogen und den Wecker gestellt, als Cilla mich anrief, um mir zu sagen, daß er kommen würde. Ich beschloß daraufhin, mit dem Üben erst anzufangen, nachdem er wieder gegangen war. Ich mag beim Üben nicht gestört werden ... aber bitte nehmen Sie das jetzt nicht persönlich, mein Kind. Dieses Gespräch ist eine Ausnahme.«
    »Danke. Und ...?«
    »Und als er dann sagte, er würde sich gern Zeit lassen, um sich gründlich umzusehen, beschloß ich, doch mit dem Üben anzufangen. Ich hatte genau eine Stunde und zehn Minuten am Klavier gesessen – ohne großen Erfolg leider –, als er wieder bei mir klopfte. Er hatte ein Bild unter dem Arm und fragte, ob ich Cilla ausrichten würde, daß er ihr einen Scheck schicken würde. Ach, du meine Güte!« Mrs. Baden richtete sich plötzlich auf und griff sich erschrocken an den faltigen Hals. »Hat er Cilla etwa den Scheck gar nicht

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