Undank Ist Der Väter Lohn.
hohes Ansehen genossen und beispielhafte Erfolge verbuchen können.
»Und deshalb«, schloß Lynley, »fühlt das Yard sich ihm gegenüber verpflichtet. Wir sind hier, um dieser Verpflichtung nachzukommen. Wir würden gerne im Team mit Ihnen zusammenarbeiten, aber Winston und ich werden Ihnen selbstverständlich möglichst aus dem Weg bleiben, wenn Ihnen das lieber ist. Es ist Ihr Fall und Ihre Zuständigkeit. Wir sind uns wohl bewußt, daß wir hier Eindringlinge sind.«
Lynley sprach mit wohlwollendem Verständnis, und Hankens Mißtrauen gegen ihn schmolz ein wenig. Er hatte zwar kein besonderes Verlangen danach, gut Freund mit Lynley zu sein, aber zwei Morde und eine nicht identifizierte Leiche, das war in diesem Teil der Welt schon etwas sehr Ungewöhnliches. Und Hanken war klar, daß nur ein Narr die Hilfe zweier zusätzlicher Ermittler bei der Beurteilung und Auswertung der Fakten ablehnen würde, besonders wenn besagte Helfer so unmißverständlich durchblicken ließen, wer bei dieser Untersuchung die Befehle gab und die Arbeitsaufträge verteilte. Außerdem war dieses SO10-Detail doch recht interessant, und Hanken war dankbar, daß man es ihm mitgeteilt hatte. Darüber mußte er noch ein wenig gründlicher nachdenken, wenn er einen Moment Zeit hatte.
Er drückte seine Zigarette in einem blitzblanken Aschenbecher aus, den er dann leerte und, wie es seine Gewohnheit war, mit einem Papiertuch gründlich säuberte. »Also schön, dann kommen Sie mit«, sagte er und führte die Londoner in das Besprechungszimmer, wo zwei seiner uniformierten Beamtinnen am Computer saßen – ohne allerdings mehr zu tun, als miteinander zu schwatzen –, während ein dritter Beamter gerade dabei war, einen Vermerk auf der Tafel zu machen, auf die Hanken am Morgen die Arbeitsaufträge geschrieben hatte. Dieser letzte Beamte nickte kurz und ging aus dem Zimmer, als Hanken die Kollegen aus London hereinführte. Neben der Tafel hingen ein großes Schaubild des Tatorts, zwei Aufnahmen von Nicola Maiden – zu Lebzeiten und im Tod – sowie mehrere Bilder der zweiten, bisher unidentifizierten Leiche und eine ganze Reihe Tatortfotos.
Lynley setzte seine Lesebrille auf, um sich die Aufnahmen anzusehen, während Hanken ihn und Nkata mit den beiden Frauen im Zimmer bekanntmachte. Zu einer von ihnen sagte er: »Funktioniert der Computer immer noch nicht?«
»Was sonst«, antwortete sie lakonisch.
»Tolle Erfindung«, brummte Hanken, ehe er Lynley und Nkata auf die Darstellung von Nine Sisters Henge aufmerksam machte. Er zeigte ihnen die Stelle innerhalb des Steinkreises, wo man die Leiche des Jungen gefunden hatte, und wies dann auf ein zweites Gebiet hin, das sich in einiger Entfernung des Steinkreises im Nordwesten befand. »Die Frau lag hier«, sagte er. »Hundertfünfundsiebzig Meter von dem Birkenwäldchen entfernt, wo die Steine stehen. Man hat ihr mit einem Kalksteinbrocken den Schädel eingeschlagen.«
»Und der junge Mann?« fragte Lynley.
»Zahlreiche Messerstiche. Keine Waffe. Wir haben jeden Zentimeter des Geländes abgesucht, aber nichts gefunden. Im Augenblick hab ich mehrere Leute draußen, die das Moor durchkämmen.«
»Haben die zwei zusammen gezeltet?«
»Nein«, antwortete Hanken. Das Mädchen sei ihren Eltern zufolge allein zu ihrer Wanderung aufgebrochen, und die Fakten am Tatort bestätigten das. Die Dinge, die innerhalb des Steinkreises verstreut lagen – er wies zur Veranschaulichung auf eines der Fotos –, hätten offensichtlich ihr gehört. Der junge Mann hätte außer den Kleidern, die er am Leib hatte, anscheinend nichts bei sich gehabt. Es sehe also ganz so aus, als habe er nicht die Absicht gehabt, mit ihr zusammen eine Nacht unter dem Sternenhimmel zu verbringen.
»Und man hat keine Papiere bei ihm gefunden?« fragte Lynley.
»Mein Chef hat mir gesagt, daß niemand weiß, wer er ist.« »Wir versuchen gerade, zur allgemeinen Zulassungsstelle durchzukommen, um den Besitzer eines Motorrads feststellen zu lassen, das nicht weit von dem Wagen der jungen Frau hinter einer Mauer an der Straße bei Sparrowpit gefunden wurde.« Er zeigte ihnen den genauen Ort auf einer Generalstabskarte, die ausgebreitet auf einem Schreibtisch unter der Tafel lag. »Wir überwachen das Motorrad, seit die Leichen gefunden wurden, aber bis jetzt hat niemand es abgeholt. Vermutlich hat es dem jungen Mann gehört. Sobald unsere Computer wieder funktionieren –«
»Sie sagen, es kann sich nur noch um Sekunden handeln«, rief
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