Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
Zeit«, sagte Sinclair ruhig.
»Schluss damit, tu nicht so geheimnisvoll, du machst mir Angst. Kommen wir lieber zu den Biestern. Was ist mit denen? Sind das tollwütige Vampire oder überzüchtete Fledermäuse?«
»Sie sind das Ergebnis eines . . . Experiments, kann man, glaube ich, sagen«, antwortete Dennis zögernd. Ich sah, wie Sinclair die Lippen voller Abscheu aufeinanderpresste, als Dennis fortfuhr: »Nostros Experiment. Niemand weiß, was der Sinn und Zweck sein soll, aber ich würde sagen, das Beste wäre, sie alle zu pfählen.«
»Dem stimme ich zu«, sagte Sinclair fest.
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»Wow, wartet!« Ich hielt meine Hand wie ein Schieds-richter in die Höhe. »Es ist doch wahrscheinlich nicht ihre Schuld. Dieser lausige Nostro hat sie zu dem gemacht, was sie sind. Vielleicht können sie geheilt werden.«
»Und wieder kommt das weiche Herz ins Spiel«, stellte Sinclair fest.
»Und noch einmal: Das hat damit gar nichts zu tun! Ich glaube einfach, dass sie . . . äh . . . gute Gefolgsleute sein könnten. Das ist alles.« Außerdem waren sie bemitleidens-wert. Eigentlich hätte ich sie hassen sollen, weil sie mich in diese Lage gebracht hatten, aber sie taten mir leid. Arme, hässliche, stinkende Kreaturen. Wenn man sie baden und ihnen die Haare schneiden würde und sie im Park wie untote Welpen herumtollen ließe (vielleicht doch besser an der Leine?), wer weiß?
»Wir müssen uns beeilen«, sagte Tina und tat mir den Gefallen, auf meine lahme Bemerkung über die angeblich guten Gefolgsleute nicht einzugehen. »Nostro hat uns ein Ultimatum gestellt.«
»Ich weiß immer noch nicht, warum ihm das alles so wichtig ist«, grummelte ich.
»Es geht um Stolz, Elizabeth. Und ein so gigantisches Ego kann eine mögliche Niederlage nicht akzeptieren.«
O ja, Nostros Ego war riesig. »Wir können nicht einfach das Schloss stürmen, oder? Er hat eine Myriade von Ge-folgsleuten.«
»Schlag den Kopf ab«, sagte Tina kalt, »und der Körper stirbt. Noch besser, der Körper läuft zu dir über.«
Ich zog eine Grimasse. »Schick.«
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»Majes. . . Betsy, ich weiß, dass es schwer für Euch sein muss.« Tina schenkte mir ein warmes, verständnisvolles Lä-
cheln, was sofort mein Misstrauen erweckte. »Wie Ihr schon sagtet, Ihr seid erst seit einer Woche eine von uns. Eigentlich solltet Ihr Euch erst an Euer neues Leben gewöhnen und nicht Despoten stürzen.«
»Ganz genau! Vielen Dank.«
»Aber die Zeit läuft uns davon«, fuhr sie unerbittlich fort.
»Wir brauchen Eure Hilfe so schnell wie möglich.«
»Warum die Eile? Er treibt sein Unwesen doch schon seit mehreren hundert Jahren, warum müssen wir denn gerade heute in den Ameisenhaufen treten?«
Tina und Sinclair tauschten einen Blick. »Darum«, sagte Sinclair ausweichend. »Wir würden uns freuen, wenn du mit uns kooperieren . . . «
»Halt, stopp, da ist doch etwas oberfaul! Was geht hier vor? Was habt ihr drei Schlaumeier mir verschwiegen?«
»Das hatte ja passieren müssen«, schnaubte Dennis.
»Äh . . . « Tina sah Sinclair an, der zuckte mit den Schultern. »Nun ja, Majestät, als ich bei Nostro im Haus war und ich Euch das Kreuz gab und wir sein Territorium ohne Erlaubnis verließen . . . «
»Ohne Erlaubnis?«, kreischte ich. »Er hat uns in die Grube geworfen, um uns umzubringen!«
». . . war das ein feindlicher Akt. Und Nostro hat uns bis heute Abend gegeben, dich zurückzubringen.«
»Oder was?«
»Krieg.«
»Wir gehen davon aus, dass er in jedem Fall in den Krieg ziehen wird«, fügte Sinclair hinzu. »Du bist ein Vorwand.
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Über die Jahrhunderte ist er stetig mächtiger geworden, obgleich seine Macht immer unbeständig war. Er war der Herrschaft schon oft so nahe. Wenn du die Bücher gelesen hast, weißt du das.«
Durchgeblättert traf die Sache eher, aber ja, ich wusste es.
Sinclair predigte unermüdlich weiter: »Er ist unendlich ehrgeizig und grausam. Jetzt, da er endlich ein Königreich besitzt, fürchtet er alles, was ihm seine Herrschaft streitig machen könnte. Du hast ihn zu Tode erschreckt, als das Weihwasser dir nichts anhaben konnte, und mehr als alles andere fürchtet er, dass jemand seine Angst erkennen könnte.«
Nun ja, das war verständlich. Die schlimmsten Tyrannen in der Welt waren die, die befürchteten, ihre Macht zu verlieren – wie mein früherer Chef. Und Saddam Hussein.
Und Nostro.
Aber ich wusste immer noch nicht, wie ich ihnen helfen konnte. Ich wollte helfen. Ich war ziemlich sicher, dass ich es
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