Undead 02 - Suss wie Blut und teuflisch gut
dieser Straße kaufen können, ohne den Dispokredit bei ihrer Bank anzutasten. Sie hatte viele Schwächen, aber ihre finanzielle Situation gehörte nicht dazu. »Lasst mal sehen, was ihr mir wieder einge-brockt habt.«
Tina und Monique waren gerade gegangen, als die Maklerin erschien. Und das war gut so, denn ein hungriger Blutsauger war mehr als genug für eine Besichtigungs-tour.
Die Maklerin war eine sehr liebenswürdige, grauhaarige, ältere Dame in einem schrecklichen Tweedkostüm – im Juli! Aber sie machte Punkte gut, weil sie nicht übertrieben unterwürfig war, obwohl wir alle wussten, dass sie auf eine saftige Courtage hoffte. Und sie wusste sehr viel über das Haus. Marc flüsterte mir ins Ohr, dass sie im Entste-hungsjahr des Hauses, 1823, wahrscheinlich schon geboren war.
Ich kicherte hinter vorgehaltener Hand, während May Townsend – »Nennen Sie mich einfach May-May, meine Liebe« – weiter über die exquisiten Holzarbeiten, die ausgezeichnete Handwerkskunst schwafelte und wie erstaunlich 72
es sei, dass die Termiten das Haus noch nicht verschlun-gen hätten. Wir könnten froh sein, dass es uns niederen Primaten erlaubt sei, in diesen heiligen Hallen zu wandeln.
Ich dachte darüber nach, mich von ihr zu nähren, aber der Tweed roch, offen gesagt, etwas unappetitlich.
»Wie ich Ihnen schon am Telefon mitteilte«, sagte May-May, als wir vom zweiten in den dritten Stock stapften,
»gehört das meiste Mobiliar zum Haus. Die Besitzer befin-den sich in Prag und sind an einem Verkauf sehr interessiert.«
»Wir mieten«, sagte ich entschieden, bevor Jessica etwas sagen konnte.
»Natürlich, meine Liebe. Und dies ist das Hauptschlafzimmer«, fügte sie hinzu und öffnete die Tür zu einem Raum mit hohen Decken, einem Bett so groß wie meine Küche und riesigen Fenstern. »Es ist komplett modernisiert worden, und das angrenzende Bad hat einen Whirlpool, einen Säulenwaschtisch und . . . «
»Ich nehme es«, sagte Marc laut.
»Ganz sicher nicht«, fuhr Jessica ihn an. »Ich denke, die Person, die sich hier auch wirklich amüsieren wird, sollte den Raum bekommen.«
»Na, damit seid ihr beide, du und Betsy, ja wohl aus dem Rennen«, feixte Marc, »wann hattest du denn das letzte Mal Sex?«
»Das geht dich verdammt noch mal nichts an, weißer Junge . . . «
». . . von Hand bemalte Tapeten, einzigartig für die da-malige Zeit, und bitte beachten Sie das goldene Blatt in den Ecken des Zimmers . . . «
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»Da ich in die Falle gelockt wurde«, meldete ich mich, während May-May weiter über das authentische Holz und die authentischen Dielenbretter schwadronierte, »nehme ich das Hauptschlafzimmer. Ihr habt ja noch weitere zwölf zur Auswahl.«
»Zehn«, korrigierte mich Marc.
»Egal.«
»Das ist nicht fair!«, heulte Marc.
»Ihr habt die Wahl, entweder das oder zurück zur Termi-tenzentrale.« Endlich einmal markierte ich die starke Frau –
und setzte mich tatsächlich durch! »Äh . . . hey, Marky-Marc, warum gehst du nicht mit May-May und schaust dir den Säulenwaschtisch an?«
»Warum? Wenn ich ihn doch nicht benutzen kann . . . he!«
Ich gab ihm einen kleinen Schubs in Richtung Bad, und er trollte sich dorthin. Die Maklerin folgte ihm pflichtbewusst.
Auch wenn Marc es ruhig hören konnte, May-May ging mein untoter Zustand nichts an.
»Äh, Jess«, fragte ich ruhig, »wer soll sich um diesen Palast kümmern? Marc und ich arbeiten nachts, das weißt du, und du bist nicht gerade mit einem goldenen Besen im Arm geboren worden.«
»Ich engagiere ein paar Haushälterinnen«, versicherte Jessica, »und wir stellen jemanden ein, der den Rasen mäht und sich um den Garten kümmert.«
»Ich kann den Rasen mähen!«, brüllte Marc aus dem Badezimmer.
»Aha, du willst also jede Woche fast einen Hektar Rasen mähen?«, schrie Jessica zurück. »Und hör auf zu lauschen!
Wir haben hier eine private Unterhaltung!«
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»Vielleicht mache ich das tatsächlich! Mähen, meine ich.«
»Die Haushaltshilfen sollten wir auf ein Minimum beschränken«, sagte ich besorgt.
»Keine Angst, Bets. Niemand wird es herausfinden, es sei denn, du sagst es ihm.«
Marc kam aus dem Bad. »Was herausfinden?«, fragte er.
»Dass sie so dumm ist, wie sie aussieht«, sagte Jessica fröhlich und wich meinem Fußtritt aus.
»Möchten Sie den ersten Stock sehen?«, fragte May-May strahlend. Ich wollte nicht, folgte ihnen aber gehorsam.
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8
Jessica hielt Wort. Ich hatte noch nicht einmal ausgepackt, da
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