Undead 02 - Suss wie Blut und teuflisch gut
hatten, war er meistens gerade dabei, jemanden auszusaugen. Oder zu verletzen, nur so zum Spaß.«
Ich rutschte unbehaglich auf meinem Stuhl hin und her, sagte aber nichts.
»Bis wir auf dich trafen.«
Endlich konnte ich etwas zur Verteidigung von Vampiren anführen. »Eigentlich bis ihr auf Tina und Monique traft. Auch sie sind euch entkommen. Und, nur zu eurer Information, sie sind gute Vampire! Nicht dass ihr euch die Mühe gemacht hättet, das herauszufinden.«
»Es tut uns ja auch leid«, sagte Jon und zerbröselte in seiner Aufregung einen Vanillekeks zwischen den Fingern.
Was dachte er sich nur dabei? Ich würde den Dreck nicht wieder aufsaugen, das stand fest! »Aber wer denkt schon daran, dass Untote vertrauenswürdig sein könnten. Sie sind Vampire, ergo sind sie böse, ergo sollten sie getötet werden.«
»Ich geb dir gleich ergo«, murmelte ich. Doch dummer-weise hatte er recht. Das konnte ich ihm allerdings nicht sagen. Was konnte ich ihnen eigentlich sagen? Erwartete man von mir, dass ich sie alle umbrächte, jetzt und hier?
Bisher hatte ich noch nie einen Lebenden getötet.
Und wie sollte ich sie töten können, wenn wir alle gemeinsam Tee tranken und Kekse aßen? Sollte ich besser warten, bis sie aufgegessen hätten, oder sollte ich mich auf sie stürzen, wenn sie Nachschlag verlangten? Es war nicht leicht, ein seelenloses Schattenwesen zu sein.
134
Während ich noch mehr Tee ausschenkte und über Mas-senmord nachdachte, hörte ich, wie eine Tür im Stockwerk unter uns aufflog. Aber ich sagte nichts. Wir hatten schon genug Probleme, auch ohne weitere ungeladene Gäste.
Ich hörte leises Klopfen am Fenster hinter mir, und als ich mich umdrehte, vergoss ich fast den Tee vor Schreck.
Es war Tina, die mich anstarrte, was mich einigermaßen verstörte, da wir uns im zweiten Stock befanden.
»Wir kommen«, konnte ich von ihrem Mund ablesen,
»bleibt ruhig.«
»Um Himmels willen«, sagte ich, rannte durch den Raum und öffnete das Fenster. Alle sprangen auf, und Jessica schrie auf, als sie sah, wer sich vor dem Fenster befand.
Anscheinend war ich die Einzige, die Tinas Klopfen gehört hatte. »Komm rein und trink Tee mit uns, wie unter wohl-erzogenen Menschen üblich. Du hängst ja an der Mauer wie eine blonde Motte, komm endlich rein!«
Sie sah mich wütend an, kletterte aber ins Zimmer. Dann warf sie den Kriegern böse Blicke zu. »Wir sind gekommen«, sagte sie würdevoll, »um Euch vor dem sicheren Tod zu retten.«
»Keks?«, fragte Ani süß.
Die Tür zum Tea Room schlug auf, und – was für eine Überraschung – Sinclair stand dort. Ungebeten, wie immer.
Erst stand er für einen langen Moment still, als Nächstes sah ich, wie er Jon am Schlafittchen packte und wie eine kaputte Pfeffermühle schüttelte.
Dann folgte ein wildes Durcheinander. Verschütteter Tee.
Auf dem Boden Kekse, auf denen alle herumtrampelten 135
und die Krümel in den zweihundert Jahre alten Teppich traten.
Ich warf mich vor Sinclair, mit ausgebreiteten Armen, gerade rechtzeitig, um einen erneuten Schwall Weihwasser abzufangen. Ich schüttelte den Kopf, um wieder freie Sicht zu bekommen, und zog dann Jon aus Sinclairs festem Griff.
Ein bisschen zu heftig, denn der Arme segelte über zwei Stühle hinweg und landete mit einem saftigen Bums, der die Teetassen erzittern ließ. »Hört auf damit! Hört endlich auf!«, schrie ich. »Das hilft uns auch nicht weiter, Blödmann.« Dann drehte ich mich um und nieste auf Sinclairs Kragen.
Die beiden kleinen Jungs – Wild Bill und Devo – hatten hinter Vater Markus Deckung gesucht, der schützend sein Kreuz am ausgestreckten Arm umklammert hielt. Aber Ani war bereit, sich in die Schlacht zu stürzen, denn sie behielt Sinclair genau im Blick und schwenkte ein Buttermesser.
»Es sieht so aus, als würde Ihre Majestät keine Rettung benötigen«, sagte Tina und behielt Ani fest im Blick.
»Ach, nicht?! Vielen Dank, dass ihr das auch mal bemerkt.
Warum setzt ihr euch nicht, entspannt euch, trinkt Tee und esst einen Keks? Wenn sie nicht alle zertreten sind.«
»Warum«, sagte Sinclair und zog ein schwarzes Taschentuch hervor, um mir das Gesicht zu trocknen, »trinkst du Tee mit den Vampirkillern?«
»Vielleicht weil sie zu jung sind, um Alkohol zu trinken?«, schlug ich vor.
Tina versteckte ein Grinsen hinter vorgehaltener Hand.
»He, dich kenne ich doch!«, sagte Ani plötzlich und starrte Tina an.
136
»Nein, tust du nicht«, sagte ich schnell, »du hast
Weitere Kostenlose Bücher