Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
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»Caroline.«
»Ja, genau. Aber die Sache ist die: Ich kann nicht zulassen, dass mein Eingreifen dein Leben zerstört.«
Caroline zwinkerte mir mit ihren großen, schönen Augen zu. »Ihr habt mir doch das Leben gerettet. Ich glaube wirklich, dass Ihr Hexen seid. Ich habe immer geglaubt, dass es in einer Welt, die so seltsam ist wie die unsrige, gute Hexen geben kann.«
Süße, du weißt ja nicht, wie seltsam … Dennoch bewunderte ich ihren Mut. Die meisten Leute an ihrer Stelle hätten inzwischen wie betrunkene Schimpansen vor sich hingesabbert.
»Genau, seltsame Welt, yep, gute Hexen, okay. Ich wollte dich nur warnen, dass das Deck nicht immer gleich gemischt ist.«
»Deck? Wie auf einem Schiff?«
Ich sah Laura an, die lediglich die Achseln zuckte. Ich holte wieder einmal unnötig Luft. »Okay, das zu erklären würde jetzt lange dauern, und so viel Zeit haben wir einfach nicht. Ich wollte damit nur sagen, dass die Frauen nicht immer am Boden dieses Misthaufens sein werden, der sich ›Leben‹ nennt. Ziehe aus einem Tag wie diesem nicht den Schluss, es habe keinen Sinn, die Regeln zu befolgen, weil darauf nur Verbrennung bei lebendigem Leib erfolgt.
Es wird dereinst eine Zeit kommen, in der ihr wählen dürft. Es wird eine Zeit kommen, in der ihr Ärztinnen und Bürgermeisterinnen und Gouverneurinnen werden könnt. Ihr könnt euch sogar zur Präsidentin wählen lassen. Du wirst das zwar nicht mehr erleben und deine Kinder auch nicht, aber glaube mir, wenn ich dir sage, dass euch bessere Zeiten erwarten.
Dann wirst du weder heiraten noch Kinder bekommen müssen, wenn du nicht willst. Dann kannst du selbst entscheiden, ob du in die Armee eintreten oder zu Hause bleiben und Kinder bekommen willst – oder dich vielleicht einer Zirkustruppe anschließt. Du brauchst bloß … es geht bloß darum, dass du durchhältst, okay?«
Caroline nickte, einmal nur und sehr verhalten. »Ihr wollt mir damit sagen, dass es keinen Grund gibt zu verzweifeln?«
»Ja! Genau. Keinen Grund. Überhaupt nicht. Also musst du bloß – du weißt schon. Weiter tapfer und stark und schön sein, dann wird sich alles am Ende regeln.«
»Es ist lieb von Euch zu lügen, aber auch eine Lüge aus Freundschaft bleibt eine Lüge. Ich bin mitnichten tapfer.«
Ich lachte, aber nicht über sie. Laura lächelte Caroline freundlich an. »Äh, na klar, Süße. Das war ja auch überhaupt nicht tapfer, wie du den reichsten Knacker der Stadt als Dieb beschimpft hast und ihn herausgefordert hast, dich zu töten! Wenn das deiner Meinung nach nicht tapfer war, dann möchte ich mal wissen, was tapfer ist.«
»Das war mein Stolz als Frau, meine Eitelkeit.« Caroline murmelte nur noch, sie war furchtbar verlegen. »Ich habe nicht aus Furchtlosigkeit gesprochen, sondern aus Zorn.«
»Weiß ich doch. Und die meisten Leute in deiner Lage hätten sich in die Hose gemacht. Caroline Henderson, dich gibt es nur einmal in einer Million.«
»Hutchinson«, berichtigte sie mich. »Und ich danke Euch, Gevatterin, für die Mühe, die Ihr um meinetwillen auf Euch genommen habt, und für Eure große Güte.«
»Tja, wenn wir uns irgendwann wiedersehen, kannst du mir ja einen Frappuccino ausgeben. Dann sind wir quitt.«
Ich nahm ihre zaghaft dargebotene Hand, schüttelte sie sanft und ließ sie wieder los. Das Miniaturbild an ihrem Gürtel schlug dabei gegen meine Hand. Caroline versteckte beide Hände hinter dem Rücken, als fürchtete sie, mit dem Bildchen mein Missfallen erregt zu haben.
»Vielleicht sollten Sie die Stadt verlassen, Caroline«, schlug Laura vor. »Wir sind ja der Meinung, dass Sie im Recht sind … aber die anderen könnten Sie für das, was wir getan haben, bestrafen wollen.«
Wir, das war elegant. Denn nicht »wir« hatten Caroline in diese Lage gebracht, sondern ganz allein ich.
»Ich hatte schon selbst daran gedacht«, sagte die Frau aus der Vergangenheit ironisch. »Und um die Wahrheit zu sagen, ich wäre selbst dann nicht hier geblieben, wenn sie vor mir auf die Knie gefallen wären und bei ihren Seelen geschworen hätten, mir nichts anzutun. Ich habe ein wenig Geld gespart und werde in den Westen gehen.«
»Wirklich?«
»Mein Herz weilt schon so lange dort«, lautete ihre schlichte Antwort. Mehr sagte sie nicht dazu? Warum sollte sie? Es war einzig und allein ihre Angelegenheit.
»Okay. Na dann … Viel Glück im Westen und so.«
»Viel Glück bei der Verrichtung von Gottes Werk.«
»Aha. Was?«
»Ist es nicht das, was Ihr
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