Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
schränkte er ein.
»Du hast mich doch nie … «
»Mutter hat es uns gesagt, als wir anfingen, Fragen zu stellen. Bevor wir in das Familiengeheimnis der Sinclairs eingeweiht wurden. Sie sagte, du seiest ein Engel. Ein dunkler Engel, der geschickt wurde, um uns zu beschützen.« Seine Hände schossen vor, er packte Tina an den Schultern und schrie ihr ins Gesicht: »Ein Engel!«
»Sie hat natürlich gelogen«, sagte Tina seelenruhig, als würde sie nicht wie ein Cocktailshaker auf einer Schotterstraße in einer unbedeutenden Kleinstadt im Jahre 1920 geschüttelt. »Sie hat gelogen, weil die Wahrheit sich nicht mit ihrer christlichen Erziehung vereinbaren ließ. Es überstieg ihr Verständnis, dass ein Vampir ein Freund der Familie sein konnte. Sie konnte nicht verstehen, wieso ein Geschöpf der Dunkelheit mit Bauern befreundet war, mit Freuden Babysitter spielte und Ausflüge mit euch machte. Dass ein solches Geschöpf euch Kinder liebte.
Und statt ihre Weltanschauung in Frage zu stellen, ersann sie lieber ein Märchen, so, wie ihre Mutter es getan hatte und deren Mutter davor.«
»Wenn du ein Vampir bist, warum konntest du sie dann nicht retten?«, schrie Eric, und seine Stimme brach, obwohl er den Stimmbruch schon lange hinter sich gelassen haben musste.
»Ich bin zwar eine Vampirin, aber deshalb noch lange keine Göttin. Wir sind nicht unfehlbar, im Gegenteil. Unser Durst bringt uns oft in Schwierigkeiten. Oder führt sogar zu unserer Vernichtung. Die Vorteile unseres Zustandes sind, dass wir körperlich nicht altern, ewig durstig sind und über eine sehr große Kraft und Schnelligkeit verfügen. Das sind zumeist hilfreiche Eigenschaften. Aber keine Garantie dafür, dass wir unfehlbar oder unsterblich sind.«
»Und jetzt willst du dich an die Fersen der Mörder heften?«
»Ja.«
»Du gehst nicht allein. Ich werde eine solch schmutzige Aufgabe nicht einer Frau überlassen.«
Ahaaa, da war er ja wieder, der charmante Chauvi, den ich im Geiste so oft erdrosselte. Übrigens nicht aus erotischen Gründen.
Man musste Tina direkt dafür bewundern, dass sie nicht in schallendes Gelächter ausbrach. »Ich weiß deine Sorge um mich zu schätzen, mein Lieber. Aber solche schmutzigen Aufgaben habe ich schon lange, lange vor deiner Geburt übernommen.«
»Genau. Und deshalb wirst du mich jetzt zu einem von euch machen.« Sinclair holte tief Luft. »Du wirst mich alles lehren. Mir alles zeigen. Und sie werden für ihre Untaten bezahlen. Sie werden bis zum bitteren Ende dafür bezahlen und wenn ich … eines Tages … mit ihnen fertig bin, dann habe ich andere Motive für das Leben als meine Rache.«
Beide schwiegen. Ich hätte schwören können, dass Tina einen Blick in Richtung Graben warf, in dem Laura und ich uns mehr schlecht als recht versteckten. »Ja, das … das musst du wohl tun, oder? Eric, du musst begreifen, dass … «
»Rache. Ich kann Rache begreifen. Und wenn ich ihretwegen verdammt sein werde, dann soll es eben so sein.«
Wieder ein Blick zum Graben hinüber. »Ich weiß nicht, ob verdammt das … passende … Wort ist.«
»Wir sollten endlich abhauen«, flüsterte Laura. »Es gibt nicht noch mehr, was wir vermasseln könnten.«
»Noch nicht.«
»Warum denn nicht?«
Ich wusste es nicht. Ich kapierte es ja selber nicht. Wie sollte ich es Laura dann erklären? Ich wurde einfach das Gefühl nicht los, dass es für mich katastrophal wäre, wenn ich jetzt fortginge. Aber ich wusste … einfach nicht … warum.
»Lass dir erklären, was dich erwartet.«
Eric winkte mit einer schroffen Handbewegung ab. »Unwichtig. Es gibt nichts, was ich für meine Rache nicht erdulden würde. Meine Seele zu verlieren ist dabei noch das Geringste.«
Aber du verlierst sie doch nicht! , hätte ich um ein Haar gerufen. Seelenlos war eine Beschreibung, die so gar nicht auf Sinclair zutraf. Zuerst kam er einem kalt und berechnend vor … bis man ihm die Hosen herunterzog. Ich meine: bis man ihn näher kennenlernte.
»Der … Akt an sich ist nicht unangenehm. Du wirst müde werden. Einschlafen. Und da ich plane, deinen Körper mitzunehmen, brauchst du keine Angst zu haben, dass du sechs Fuß unter der Erde in einem Sarg aufwachst. Ich kann dir gar nicht beschreiben, wie schrecklich das ist«, fügte sie murmelnd hinzu.
Jesses. Ich konnte mir das gut vorstellen. In dieser einen Nacht erfuhr ich mehr über Tina als in den drei Jahren davor.
»Aber du wirst … benommen sein. Du wirst – es kann eine Weile dauern …
Weitere Kostenlose Bücher