Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
bis du lernst … wie du als Vampir stark sein kannst … «
Ich sprang auf. Stark! Das war’s! Genau deswegen waren wir noch hier!
Ich krabbelte aus dem Graben. Laura wollte mich zurückhalten, aber ich war im Vampir-Supergeschwindigkeits-Modus, und sie verfehlte mich um ungefähr eine Meile. Ich bewegte mich so schnell, dass Sinclair sich eben erst nach dem Lärm umdrehte, den ich veranstaltete, und Tina, die mich hätte stoppen können, vor Überraschung oder Ungläubigkeit wie angewurzelt dastand.
Eric drehte sich nicht rasch genug um. Ich schnappte ihn von hinten, warf ihn auf den Schotter und versenkte meine Fangzähne in seinen Nacken.
52
»Was machen Sie denn da?«
»Oh, Betsy! Das ist so was von unpassend … «, schalt der Antichrist.
Der junge Eric Sinclair versuchte ebenfalls zu protestieren – zumindest nahm ich das an – doch da er mit dem Gesicht nach unten auf dem Schotter lag, konnte ich nicht verstehen, was er von sich gab.
Ich will nicht so tun, als hätte ich nicht nach seinem Blut gegiert. Denn sein Blut, das Blut des lebendigen Sinclair, angereichert mit der kalorienreichen Ernährung der 1920er, war unbeschreiblich gut. Allein Sinclairs Blut war unsere nervigen Zeitreisen wert. Wenigstens fand ich das. Laura mochte da anderer Meinung sein.
Dass wir uns recht verstehen: Sinclair hat mir immer geschmeckt. Manchmal ernährten wir uns tagelang nur voneinander. Aber was war er im Vergleich zu einem lebenden Sinclair, vollgestopft mit köstlichen Elektrolyten und der gesunden Hausmannskost des Mittelwestens?
Sein Blut schmeckte nach Hackbraten und gebratener Ente, nach Butterkeksen und Lamm und Hähnchen, nach Radieschen und gefüllten Eiern und Kartoffelsalat, nach Truthahn und Hafermehl, Kalbsbraten und Bohnen, aber auch nach Götterspeise und Streuselkuchen, nach Schinken und Lebkuchen und Rote Bete und Brotpudding und Schweinekoteletts und Reispudding und nach Gott weiß was. Der junge Sinclair war in ausgezeichneter Verfassung, kein Wunder, da er ja auf der Farm gearbeitet hatte und ein kräftiger Bursche war und so weiter. Ja, ja.
Sinclair hob seinen Kopf. »Äh, Miss? Sie sind nicht zufällig versehentlich über mich gestolpert?«
»Schlaf jetzt«, sagte ich zu ihm und setzte mich auf. Dann jaulte ich vor Schreck und hielt die Hände unter seinen Kopf, damit er nicht auf den Schotter prallte. Vielleicht hätte ich vorher daran denken sollen.
»Okay«, sagte ich und sah zu Tina und Laura hoch, die uns anstarrten, als würde eine Anfangsdreißigerin einen Teenager belästigen – was ja irgendwie auch stimmte. »Jetzt kannst du ihn beißen.«
»Na schön«, sagte Tina zögernd. »Ich bin mir nur nicht sicher, wie ich mich jetzt verhalten soll. Soll ich Sie zur Rede stellen, weil Sie meinen Freund verletzt haben – einen Jungen, den ich als meinen Enkel betrachte?«
»Könnten wir vielleicht aufhören, ihn als ›Jungen‹ zu bezeichnen? Er ist ein erwachsener Mann. Stimmt’s? Und ich bin weder pädophil veranlagt noch eine widerliche Alte. Okay?«
»Oder soll ich den Jungen beißen … «
»Schon wieder, verdammt!«
»… und ihn in das Leben der lebenden Toten einweihen?«
»Glaub mir, er ist nicht verletzt. Aber er ist auf jeden Fall ohnmächtig. Uff! Laura, ich werd jetzt vorsichtig seinen Kopf hinlegen und aufstehen. Wenn du also bitte … «
»Warte!« Als ich aufsprang, hörte ich ein leises Klirren. Laura bückte sich und hob etwas auf. Sinclairs leckeres, fettes Blut war so gut gewesen, dass mir schwindelig wurde. »Das ist ihm aus der Tasche gefallen.«
»Oh!« Ich musste mich zurückhalten, um es ihr nicht aus der Hand zu reißen. Stattdessen tat ich es sanft. »Das wird er um keinen Preis verlieren wollen. Es gehört Erin. Ich meine, es hat Erin gehört.« Ich hielt Tina das kleine Kreuz an der Goldkette hin. In fast hundert Jahren würde es mir gehören. Sinclair würde mir seinen größten Schatz schenken, und er würde nicht wissen, warum.
Und auch ich würde nicht wissen, was diese Kette bedeutete. Nur, dass dieser Idiot von einem Vampir, den ich einfach nicht loswerden konnte, mir etwas von sehr großem persönlichen Wert geschenkt hatte. Und als er mir das Goldkreuz schenkte, war ich zum ersten Mal fähig, ihn als Menschen und nicht als Nervensäge zu sehen.
Tina wich sehr, sehr langsam vor mir zurück. »Ich kann so etwas nicht anfassen. Aber Sie können es.« Sie beugte sich vor und starrte mich so aufmerksam an, dass sie fast schielte. »Sie sind
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