Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
gutmachst! Er war doch dein Freund, du bescheuerte Ziege! Er war dir ergeben!«
Ich starrte mein dummes, infantiles Ich an. Sie war krebsrot geworden (guter Trick bei jemandem, dessen Blut bestenfalls schleppend fließt). Sie hatte völlig die Beherrschung verloren. Wenn sie hätte weinen können, hätte sie jetzt laut geflennt.
»Ich weiß nicht, wer ihn zum Vampir gemacht hat, du, Tina oder Sinclair, aber du hättest ihn retten sollen! Und wenn dir das nicht möglich war, dann hättest du jeden köpfen lassen sollen, der es auch nur gewagt hätte, einen Freund der Vampirkönigin anzurühren.«
»Dir ist also Tinas Abwesenheit aufgefallen«, sagte ich ruhig und richtete die alten Füller auf meinem Schreibtisch in einer Reihe aus.
Das verschlug ihr nun doch die Sprache. Leider hielt dieser Zustand nicht lange an. »Ich glaube dir nicht. Oder vielleicht doch. Jedenfalls kann ich jetzt nichts daran ändern. Aber eigentlich solltest du dich schämen, nicht ich. Du hast das alles geschehen lassen, und wofür? Damit du dich in Sicherheit wiegen konntest?«
»Aber überhaupt nicht.« Ich überlegte. Wollte ich diese verrückte Sache wirklich durchziehen? Ich hatte keinerlei Erinnerung an dieses Gespräch. Meine Erinnerungen an diese chaotische Zeit bestanden in der zunehmenden Gewissheit, dass wir in einem Zeitstrom lebten, an dem jemand herumgepfuscht hatte. Ich erinnerte mich, dass ich mit Schrecken in die Zukunft geschaut und so rasch wie möglich wieder in meine eigene Zeit zurückgeflüchtet war. Mir selbst hatte ich nie gegenübergestanden. Diese scheußliche kleine Szene hatte sich nie ereignet. Laura und ich waren in einem Augenblick, als wir uns unbeobachtet glaubten, wie die begossenen Pudel nach Hause geschlichen. »Ich habe es getan, damit mein Sohn in Sicherheit war.«
Sie überlegte, dann schüttelte sie den Kopf. »Jetzt tu nicht so, als hättest du das alles nur deshalb getan, weil du den Preis für die Mom des Jahres gewinnen wolltest.«
»Ich tue nie so«, sagte ich nüchtern. »Meinen Geschmack an Vorspiegelung falscher Tatsachen habe ich verloren, als die Todesrate zehn Millionen erreichte.«
Was tat ich da nur? Wenn ich ihr Draufgängertum ansprechen wollte, warum dann nicht gleich mit allem herausrücken? Mit Tinas Verrat, Sinclairs Schwäche. Mit dem, was so vielen Menschen zugestoßen war. Und ich hatte es zugelassen.
Satans letztes großes Geschenk an mich. Eine Seite aus dem Buch der Toten blitzte vor meinem inneren Auge auf.
»Der Morgenstern wird seinem eigenen Kind erscheinen und ihm dabei helfen, die Welt zu nehmen, und wird der Königin im Gewand der Dunkelheit erscheinen.«
Das hatte sie. Das hatte sie wirklich getan. Und mehr als das.
»Die Schwester der Königin wird von dem Morgenstern geliebt werden und die Weltherrschaft übernehmen.«
Und vergessen wir nicht meine Lieblingsbinsenweisheit: »Die Königin wird Meere von Blut sehen und Verzweiflung.«
Das hatte ich. Weiß Gott.
Was also tat ich hier? Warum duldete ich ihre Einmischung? Zu glauben, dass es eine Alternative gäbe … war mehr als nur ein Rest von Schwäche. Sie war der letzte Teil meines Ichs, der sich noch vor Schmerzen winden konnte, der lebendig war. Der letzte Teil, den ich wie eine Schlange zertreten musste.
Der letzte überlebende Umweltexperte hatte im Fernsehen vor der entsetzten Weltbevölkerung über das Ergebnis seiner Untersuchungen gesprochen. Am Ende hatte er einen Satz gesagt, den ich nie vergessen werde. »Dies ist keine Welt für kaltblütige Tiere.«
Idiot.
71
Ein lautes Klopfen ertönte. Mein altersschwaches Ich wirkte fast erleichtert. »Das wird Laura sein, die dich fortlocken will. Damit ihr euch wie die Diebe davonstehlen könnt.«
»Komm rein, Mitdiebin!«, gröhlte ich. Laura trat ein. Sie sah aufgewühlt aus. »Pass auf, dass du nicht auf irgendwelche Zombie-Teile trittst.«
»Also bin ich vor Schreck doch nicht verrückt geworden. Dieses Ding ist auf dem Korridor an mir vorbeigeschlurft. Und deshalb wollte ich nachsehen, ob mit dir alles in Ordnung ist.«
»Lieb von dir, aber diese bedauernswerte, ekelhafte Kreatur ist aus diesem Büro gekommen. Neben anderen tollen Hobbys – dass ich alte Freunde vor die Hunde gehen lasse, beispielsweise – verlege ich mich in Zukunft darauf, Zombies zum Leben zu erwecken.«
»Du Kind«, murmelte mein verrücktes Ich verächtlich.
»Und du!« Ich drohte ihr mit erhobenem Finger. »Du täuschst mich kein bisschen, du alte Schrulle. Als
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