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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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sind weinerliche Säcke. Reicht’s jetzt?«
    »Sie beschweren sich viel über die Zustände. Sie fühlen sich hilflos. Jetzt ist die Frage, was das für unsere Auswertung bedeutet. Worauf müssen wir in diesem Umfeld achten?«
    »Dass wir nicht an einem Tisch voll Uneingeweihter über wichtige Details sprechen?«, erwiderte ich spöttisch.
    Doch ich ärgerte mich darüber, dass ich all seine Feststellungen im Bauch bereits gespürt hatte, ohne den Finger darauf legen zu können. Bestimmt war ich ein verkapptes Naturtalent, das nächste Woche bei Das-Universum-sucht-den-Superstar entdeckt würde. Naja, man darf ja noch träumen.
    »Die hören uns nicht. Zu laut«, erwiderte Jabbert. »Also? Worauf muss man achten?«
    »Du weißt doch, was für eine Antwort du hören willst. Du klingst wie die Lehrer im Ausbildungslager!«
    »Es handelt sich um eine simple Schlussfolgerung aus Fakten, Eliza, das sollte selbst jemand wie du schaffen.«
    »Jemand wie ich?«
    »Jemand ohne … nennenswerte akademische Ausbildung.« Er rieb sich eine kaum sichtbare Narbe an seinem rechten Kiefer.
    Ich funkelte ihn an. »Du hältst mich für dämlich.«
    »Ich würde es eher »ungebildet« nennen. Die Schlussfolgerung, bitte!« Ungeduldig tippte er mit dem Zeigefinger an sein Pint.
    Ich schaffte es, mir eine patzige Antwort zu verkneifen. »Betas und Fremde müssen vorsichtig sein, sonst bekommen sie ein paar auf die Schnauze?«
    Er nickte. »Ich würde es zwar anders formulieren… Je größer die Probleme von außen, desto mehr rücken die Leute zusammen und stehen einander bei. Bedrohung führt zu Gemeinschaft, Machtlosigkeit mündet in Wut. Eine explosive Mischung. Welche Möglichkeiten hat man, sich in eine solche Gesellschaft zu integrieren, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen? Na?«
    Fragend breitete ich die Hände aus. »Man schmeißt eine Runde?«
    Jabbert gab durch nichts in seiner Mimik eine Regung preis, hob sein Bier und prostete mir zu. Dann trank er einen tiefen Schluck. »Der Mann da drüben - was verrät den?« Kaum merklich wies er mit dem Pint auf den Einzelgänger im Schatten der Theke.
    Ich musterte ihn mit neuem Interesse. Mir fiel auf, dass er nicht nur außen vor blieb, sondern alle Fühler für die Atmosphäre im Raum ausgestreckt hatte. Der unrasierte Mittdreißiger besaß Muskeln und dicke knotige Fingergelenke. Beides sprach für harte Arbeit im Kalten. Handelte es sich bei dem Kerl um einen Spitzel, der für United einen Finger am Puls der Arbeiterschaft haben sollte? »Er beobachtet die Stimmung.«
    »Und den da? Was verrät den da als Konzernspion?« Jabbert deutete mit dem Finger auf einen großen, bulligen Kerl, der mit dem Rücken zu uns am Tisch stand. Ich machte drei Kreuze, dass es so laut im Pub war, dass man tatsächlich das Gespräch seiner Nachbarn mit normalen Ohren nicht verstehen konnte, ohne sich weit hinüberzubeugen.
    Leider besaß der Bullige keine normalen Ohren, und den letzten Satz hatte Jabbert ein bisschen lauter gesprochen, als gut für uns war. Als er sich umwandte, blickte ich auf die breite Brust eines Bullen von einem Kerl. Genauer gesagt handelte es sich um die Brust eines dunklen Bulldoggenkerls mit kurzer Hundeschnauze, die aussah wie eine deformierte Bierdose, und hängenden dunklen Lefzen. Und, ja, die Lefzen trieften. Er war mit einem Knopf im Ohr als Besitz der United Industries markiert. Ein Beta, eine Chimäre, eine Mischung aus Mensch und Hund - nennen Sie es, wie Sie wollen. Mir stellten sich die Nackenhaare auf.
    »Wer nennt mich einen Konzernspitzel?« Er lehnte sich mit beiden Händen auf den Tisch. Ich bekam den zarten Eindruck, dass er eine Bedrohungskulisse aufbauen wollte, die, ganz Chauvi, in Jabberts Richtung ging.
    »Mann, Ares, lass das, das gibt nur Ärger.« Ein Beta mit dem Oberkörper eines Wolfs kam mit zwei riesigen Maß Bier herüber und wollte der Dogge eines davon in die Hand drücken. Doch Ares - Ares? - ignorierte den Mann.
    »Also? Wer ist hier der Konzernspitzel?«, wiederholte Wauzi. »Erst sind wir dreckiges Viechzeug, dann Streikbrecher, jetzt Spitzel?«
    »Sie hat das gesagt«, stieß der Aal hervor und wies mit dem Daumen auf mich. »Sie hat gesagt, du hättest dich mit einem Schlipsträger von United getroffen!«
    »Scheißkerl«, stieß ich hervor. Ich meinte zwar Jabbert, aber Ares schien sich mit angesprochen zu fühlen, denn er griff nach meinem Kragen und zog mich mit einem Ruck halb über den Tisch. »Glaubst etwa, dass ich keine

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