Undercover
»Genau das ist dein Problem. Die Undercover-Arbeit fängt an, bevor du in die Atmosphäre des Planeten eindringst. Wenn du in diesem Augenblick noch nicht weißt, wie du heißt, wer du bist und wie du auftreten sollst, hast du schon verloren.« Er hob die Hand, spreizte den Daumen ab und deutete mit dem Zeigefinger auf mich, als schösse er eine Pistole ab. »Bumm. Tot.«
Er mochte Recht haben, doch ich gewann den Eindruck, dass ich mit dem Ego dieses Mannes nicht zusammen in einen Raumschiff-Hangar passen würde. »Nun mach mal halblang, Jabbert. Es ist ja nicht so, dass ich mich glaubhaft in eine spießige Konzernsekretärin verwandeln wollte oder so. Ich sehe keine Not, hier das Chamäleon heraushängen zu lassen. Ich will mich hier bloß ein paar Tage unauffällig aufhalten, den Job machen und wieder verschwinden. Außerdem hat Stewart gesagt, dass du dich um alles kümmerst.«
»Im besten Fall willst du hier aber arbeiten, ohne dass sich jemand an dich erinnert, oder?«, fragte Jabbert.
»Sicher. Aber wer von den Typen hier kümmert sich denn um etwas anderes als sein Guinness oder seine Kumpel?
Ich müsste meine Waffe abfeuern, damit man mich bemerkt.« Nicht, dass ich mein bestes Stück dabeihatte - aber das musste ich Jabbert nicht auf die Nase binden.
»In Carabine nicht aufzufallen, ist dir durch deinen Auftritt heute Abend schon gründlich misslungen. Die Hälfte der Kerle hat den Kopf nach dir umgedreht und dich abgecheckt. Und selbst die andere Hälfte mag dich vielleicht nicht aktiv schief angeschaut oder bewusst wahrgenommen haben, aber wenn jemand Fragen stellt, werden sie sich an die merkwürdige junge Frau erinnern, die im Luxemburg saß und fehl am Platze wirkte, ohne dass sie beschreiben könnten, warum. Und wenn sie sich an dich erinnern, dann vielleicht auch daran, dass ich mich mit dir getroffen habe. Das kommt mir nicht gut zupass.«
»Warum nicht?«
»Weil ich auf diesem Planeten tatsächlich längerfristig undercover arbeite. Daher kann ich dir auch nur assistieren.
Weißt du, was dein Problem ist?«
»Ich kann kaum erwarten, es herauszufinden«, log ich.
»Du willst dich nicht integrieren. Du willst nicht dazugehören. Nicht hier, aber auch nicht auf der Apathos Vierhundert oder bei deinem Team.« Er setzte sein Pint ab. »Ich nehme an, das ist deine Weise, dich vor Verlust auf der einen und Fehlern auf der anderen Seite zu schützen. Wenn du nicht mit jemandem zusammenarbeitest, kannst du auch niemanden in Gefahr bringen, nicht wahr?«
Verärgert runzelte ich die Stirn. Jabbert war psychologisch bestens versiert und kannte offenbar meine Akte. Und er nutzte sie, um Machtspielchen mit mir auszufechten. Wenn ich auf die Apathos Vierhundert zurückkehrte, konnte Stewart etwas dafür erleben, dass er diesem Kerl einen solchen Einblick in mein Leben gegeben hatte.
»Willst du als Nächstes meine Kindheitstraumata analysieren?«, fragte ich gereizt »Nein, danke. Bleib raus aus meinem Kopf, Jabbert!«
»Sonst?«, fragte er und lächelte. Seine Augen erfassten mich kühl und schienen mich zu taxieren - und für zu leicht zu befinden. Er wusste, dass er besser war als ich. Und er wusste, dass ich das auch wusste. Der Mann war mir nicht sympathisch.
Ich hielt seinen Blick. Er wollte mich provozieren, doch den Gefallen würde ich ihm nicht tun. Auch das war eine Form der Manipulation. Ich hatte nicht darum gebeten, mit einem verdammten Aal zusammenzuarbeiten. »Sonst haben wir beide ein Problem.«
Jabbert nickte. »Gut zu wissen. Gehen wir zur Arbeit über.« Er händigte mir unauffällig eine ID und einen Datenchip aus. »Hier ist alles, was ich zu Cross habe finden können.«
Ich steckte das Ding zu dem anderen Chip in meinem Gürtel.
Dann beschrieb er mit dem Zeigefinger einen Kreis, mit dem er offensichtlich die Menschen hier in der Kneipe zusammenfassen wollte. »Der erste Schritt ist die Analyse. Was fällt dir an den Leuten hier auf?«
Jetzt wollte er mir Lektionen erteilen. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
»Stewart hat gesagt, du sollst etwas lernen. Also, was fällt dir auf?«
Offenbar hatte der Mann ein hohes Sendungsbewusstsein. Vielleicht würde er Ruhe geben, wenn ich das Spiel eine Weile mitspielte. Also blickte ich mich um. »Sie stehen sich nahe.«
»Korrekt. Das Verhältnis der Leute ist beinahe familiär. Schwer zu durchdringen. Und sonst?«
Ich deutete mit dem Kinn auf die drei Männer an unserem Tisch. »Die Leute regen sich viel auf, aber die meisten
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