Undercover
die Lautsprecher. Bei Müller handelte es sich um einen gewichtigen Endfünfziger mit Glatze und maßgeschneidertem Anzug, der trotzdem nicht richtig an seiner Figur sitzen wollte.
»Wer ist das?«
Jenny sah mich schief an. »Hinter welchem Mond hast du denn gehaust? Müller ist ein hohes Tier - ein ganz hohes. Er ist der Vorsitzende der Galaxy Worker Alliance, der ganzen interstellaren Gewerkschaft! Sein Bruder Bruno ist ein bekannter Abenteurer, der eine eigene Firma hat, Troja Corp. Ein Schatzsucher-Unternehmen, das die Weiten des Alls nach Ancient-Artefakten durchforstet hat.«
»Nie gehört, beide. Ich hab’s bislang nicht so mit der Politik gehabt. Wie steht dieser Gerhard Müller zu den Ereignissen?«
»Schwierig zu sagen«, erwiderte sie. »Er soll gekommen sein, um zwischen PLU und Konzern zu vermitteln.
Aber diese Leute von der GWA haben doch immer nur die große Politik im Kopf.«
Der neue Redner räusperte sich. »Danke, Feldberg. Liebe Genossinnen und Genossen, ich möchte meinem Vorredner Richard Cross zustimmen. Auf Pherostine wird sich etwas ändern, darauf könnt ihr Gift nehmen.« Er lächelte, als hätte er einen Witz gemacht. »Die Frage ist aber nicht, was sich ändert, sondern wie es sich ändert.
United ist immer noch der Hauptarbeitgeber von Pherostine. Euer Hauptarbeitgeber.« Er ließ die Worte bedeutungsschwanger in der Luft hängen.
»Das bedeutet, dass auf diesem ganzen Planeten ohne United nichts geht. Nicht vor und nicht zurück. Hier geht es nicht darum, mit flammender Lanze eine schreiende Ungerechtigkeit zu rächen. Hier geht es um Diplomatie und Verhandlungsgeschick. Wir müssen United respektieren, denn immerhin bezahlt United die Brötchen. Ich verstehe Richards Drang, mit dem Kopf voran durch die Wand gehen zu wollen. Was ich über die Zustände gehört habe, macht auch mich wütend.« Grimmig sah er wieder über die Menge. »Ihr trefft hier heute eine wichtige Wahl. Ihr wählt nicht nur einen neuen Mann an die Spitze der PLU, ihr wählt auch einen neuen Kurs. Lasst bei dieser Wahl nicht außer Acht, dass ihr Mieten zahlen müsst. Dass viele von euch Schulden zu begleichen, andere Familien zu ernähren haben; Kinder! In meiner beinahe zwanzigjährigen Karriere in der GWA habe ich gelernt, dass es niemals gut ist, einem Konzern die Pistole auf die Brust zu setzen. Ich empfehle euch, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Eine Lösung ist in Griffweite - eine, mit der ihr keine verbrannte Erde auf Pherostine hinterlasst.
Denn ihr müsst hier auch die nächsten zwanzig Jahre noch mit den Leuten von United klarkommen.«
Müller war ein klassischer Politiker; der Typ Mann, der ohne Zweifel davon ausging, dass jeder, der ihm zuhörte, seiner Meinung sein musste, der auf Knopfdruck seinen Charme einschalten konnte, wenn er einen für wichtig hielt, und der Tatsachen schuf, um die Konkurrenz mundtot zu machen. Müller hatte diesen Alles-wird-gut-Tonfall perfektioniert und war damit offenbar bislang gut gefahren - immerhin war er Berufspolitiker und Manager der GWA zugleich.
»Ich bin heute Abend auch zu euch gekommen, um euch eine gute Nachricht zu bringen. Feldberg und ich haben gestern und heute ausgedehnte Krisensitzungen mit Gouverneur Clairveaux und den Leuten von der Arbeitssicherheit bei United geführt. Wir fordern einen ausgedehnten Einbau von Luftwandlern in sämtlichen Stollen und Betriebsstätten, und in einem zweiten Schritt auch in ganz Carabine. Niemand soll mehr unter den Gesundheitsschäden und dem Gestank leiden. Ich kann euch sagen, dass sich United mit Händen und Füßen gewehrt hat. Trotzdem denke ich, dass wir sie morgen oder übermorgen so weit haben, dass sie zustimmen. United will uns hier ernsthaft die Hand reichen, Genossinnen und Genossen. Ich bitte euch nur um eines: Schlagt diese Hand nicht aus. Ich danke euch.« Müllers Rede hinterließ tiefen Eindruck bei den Anwesenden, die ja hier waren, weil sie sich um ihre Zukunft sorgten.
Ich war gespannt über den Ausgang der Wahl, denn wenn Cross Vorstandsvorsitzender der PLU war, bedeutete dass, das ich noch schwieriger an ihn herankommen würde.
Als er vom Podium zurückgetreten war, begannen Helfer mit der Organisation der Formalitäten. Offenbar sollten die nun fehlenden Vorstandsmitglieder gewählt werden und anschließend der Vorsitzende. Die Leute um mich herum nahmen ihre kleinen Wahlchips in die Hand - alle, bis auf die Betas.
Jenny runzelte die Stirn. »Wählt ihr nicht mit?«
»Ich -
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