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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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ja, klar doch.« Ich zog meinen Chip aus der Tasche. Jabbert hatte seinen schon in der Hand. Ares schaute betreten drein, denn als Konzernbesitz durfte er ja nicht in die Gewerkschaft und also auch nicht mit wählen.
    »Nicht mehr lange«, tröstete Jenny ihn. »Cross ändert das bald. Dann erleben wir ein Stück Geschichte!«
    »Jupp«, sagte ich. »Ich bin ganz gerührt.« Ich muss wohl ein wenig spöttisch geklungen haben, denn Jabbert jagte mir den Ellbogen in die Seite.
    Jabbert sprang ein. »Jeder geht anders damit um, denke ich.«
    Jenny nickte und wendete ihre Aufmerksamkeit wieder nach vorne, als ein Name verkündet wurde. Der Langweiler
    - Feldberg war sein Name - wurde zur Wahl gestellt, und es wurde abgewartet, bis die Ergebnisse eingegangen waren. Ich drückte auf Grün. Dann begann das Spiel von vorn. Schließlich wurde der Kandidat gefragt, ob er die Wahl annehmen würde. Das Ganze war ein Akt langweiliger Formalitäten, denn offenbar gab es nicht mehr Freiwillige als Sitze - kaum verwunderlich, da die Posten momentan nicht ganz ungefährlich zu sein schienen.
    Feldberg und Cross wurden beide in den Gewerkschaftsrat gewählt.
    Die Spannung im Raum spitzte sich erst wieder zu, als das Amt des Vorsitzenden zur Wahl stand. Die einzigen beiden Kandidaten waren Myles Feldberg und Richard Cross. Ich schaute mich um und sah ernsthaften Fleiß in den Gesichtern, als die Leute auf ihre Knöpfe drückten. Ich konnte nicht abschätzen, wie die Wahl ausgehen würde.
    Klar, Cross war überaus beliebt. Doch das Argument mit Haus, Ehepartner und Kindern hatte die Arbeiter offenbar auch beeindruckt.
    Die Menge wurde schon unruhig, als die Verkündigung des Ergebnisses länger dauerte als die Male zuvor. »Die Wahl fällt mit 54 Prozent auf Richard Cross«, verkündete eine Helferin dann grinsend. »Das ist eine Mehrheit, wenn auch knapp. Richard, nimmst du das Amt an?«
    Man hätte in der riesigen Halle einen Schraubenschlüssel fallen hören können, so leise waren die fünfzigtausend Menschen. Das Bild in dem Cube zeigte Gross’ Gesicht. Ich hatte den Eindruck, dass Cross einen winzigen, beinahe unmerklichen Moment zögerte. »In Ordnung«, sagte er dann, und die Menge brodelte auf beiden Seiten, bei Menschen wie Betas. »Ich nehme die Wahl an.«
    Nach der Wahl verstreute sich die Menge leider nur zögerlich. Aufbruchstimmung hatte um sich gegriffen und eine neue Gemeinschaft zwischen den Anwesenden gestiftet. Die Augen der Leute leuchteten, ihre Wangen waren gerötet. Begeistert erzählten sie sich die tollsten Sätze und ballten dabei die Fäuste. Offenbar hatten alle das Gefühl, an etwas Großem teilgehabt zu haben. Ich beobachtete die Menge mit wachsender Anspannung. Konnten sich die Leute nicht einfach verziehen? Doch ich musste noch eine halbe Stunde warten, bis sich das Gedränge auch nur ansatzweise verstreut hatte.
    Und auch dann blieb noch ein Teil der Leute zurück. Ich sah mich um und erkannte drei verschiedene Gruppen von Leuten. Einige breite Kerle bauten Bühne und Technik ab, andere wollten noch etwas besprechen - die Hirten.
    Dann gab es die Fans, die Richard Cross vermutlich sagen wollten, wie großartig sie seine Arbeit fanden und dass er ihnen so viel Hoffnung gäbe - die Schafe. Die Vorstellung, dass meine Metapher Jabbert und mich zu Wölfen machte, erheiterte mich ein wenig. Ich hatte gedacht, ich hätte das Spielchen, mich zum einsamen Helden hochzustilisieren, im Alter von achtzehn aufgegeben. Offenbar hatte ich mich geirrt.
    Bei meiner Einschätzung der Leute fielen mir allerdings auch ein paar Männer aus der ersten Gruppe auf, die mit dem Abbau von Bühne und Technik beschäftigt war. Einige kräftige Kerle taten nur so, als würden sie helfen. Sie hielten sich in ähnlicher Manier in Cross’ und Müllers Nähe auf wie die Leibwächter und ließen meine Alarmglocken klingeln. Einer davon trug einen Cowboyhut und kaute auf einem Pfriem herum - Kautabak. Da waren sie wieder, die Klischees.
    »Siehst du die Männer da?«, raunte Jabbert mir zu.
    »Allerdings. Cross’ Bodyguards?«
    »Möglich. Wenn ja, sind es ziemlich viele.«
    Ich sah mich um und stimmte ihm zu. Wenn das Leibwächter waren, waren es zu viele, selbst wenn sich Müllers Krawattenträger einmal verzogen hatten. Ich würde es niemals bis zu Cross schaffen - und selbst wenn, kam ich hier nicht mehr lebend raus.
    »Was nun?«, fragte ich.
    »Plan B.« Jabbert wies mit dem Kinn unauffällig auf meinen Ausschnitt.
    Verdammt.

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