Undercover
Doch Undercover-Arbeit. Konnten die Dinge nicht auch mal einfach sein? »Erklärst du mir nochmal, warum du den verdammten Job nicht selbst erledigst? Du bist immerhin für so etwas geschult. Du hast das verfluchte Schulungsbuch dafür geschrieben!«
»Weil’s dein Job ist, nicht meiner«, erwiderte Jabbert.
Ich runzelte die Stirn. Jabberts Versuch, mich vorzuschicken, konnte natürlich etwas mit Stewarts Befehlen zu tun haben. Er konnte auch ganz pragmatisch warten, bis ich Cross getötet hatte, um mich dann entweder an die UI-Sec auszuliefern oder mich gar selbst zu erledigen, um sich dann meinen Erfolg auf die Fahnen zu schreiben. Zutrauen würde ich es ihm ohne weiteres. Doch das paranoide Gegrübel half momentan gar nichts. Ich beschloss, Jabbert gegenüber weiterhin wachsam zu bleiben und derweilen das zu tun, weshalb ich gekommen war.
Also versuchte ich, den Wolf in mir wieder in einen Schafpelz zu kleiden, und näherte mich der Gruppe um Richard Cross, der gerade mit Müller diskutierte. Gleichzeitig fühlte ich das beruhigende Gewicht meiner Versatile im Schulterholster.
»… ist der helle Wahnsinn, Richard. Man muss mit den Leuten hinterher noch zusammenarbeiten! Wenn du jetzt im Namen der ganzen Gewerkschaft verbrannte Erde hinterlässt, sitzen die Leute hinterher alle ohne Job da! Ihr müsst mit United reden!«
»Geredet haben wir nun wahrhaftig lange genug, findest du nicht? Gerhard, wir haben jetzt eine echte Chance, etwas zu verändern!«
»Was hat dir die United getan, dass du so wütend bist? Egal, was es ist, dies ist nicht deine persönliche Vendetta, Richard! Hier hängen Tausende von Leuten dran, die Brot essen und ihre Kinder versorgen wollen.« Zwei Männer, die einen schweren Lautsprecher trugen, rempelten Müller an. Der schnappte sich den einen am Schlafittchen und knurrte: »Weißt du, wie sich eine gebrochene Kniescheibe anfühlt und wie weit man damit noch kriechen kann?
Nein? Dann pass beim nächsten Mal besser auf!« Ich schätzte, Müller war wohl nicht Vorsitzender der GWA geworden, indem er mit seinen Gegnern Schach gespielt hatte.
Der Mann wandte sich zu Cross zurück. »Entschuldige bitte. Man muss den Leuten zeigen, dass man keinen Spaß versteht. Wo waren wir?«
»Bei der Vendetta. Aber das hat nichts mit einer Vendetta zu tun, Gerhard! Wir müssen United die Stirn bieten.
Wenn man sich von den Konzernen alles gefallen lässt, dann hört das nie auf. Man muss ihnen Grenzen setzen! Das fängt mit dem Stollen Adam und dem Xenanvorkommen an und hört bei den Menschenrechten für Betas auf Wenn wir uns alles gefallen lassen, hauen die uns weiterhin übers Ohr und schaffen Betas heran, um uns auszubooten - so wie die letzten Jahre auch schon.«
»Dieses Gerede wird dich nochmal umbringen, Cross.« Müller senkte die Stimme, so dass ich ein paar Schritte vor machen musste, um noch verstehen zu können, was er sagte. »Richard, hör mir jetzt genau zu. Hörst du mir zu?«
»Ich höre, Gerhard.« Cross’ Tonfall klang nur leicht genervt.
»Dann merk es dir auch. Zu fordern, die Betas in die Gewerkschaft aufzunehmen, braucht Zeit. Wir müssen noch ein wenig vorsichtige politische Arbeit leisten. Lass mir einfach noch ein, zwei Jahre, dann sieht vielleicht schon alles ganz anders aus.«
Cross musterte Müller mit einem Ausdruck, als hätte er etwas Schlechtes gegessen. »Jemand muss den Anfang machen, Gerhard. Es kann nicht bleiben, wie es ist.«
»Du bist davon nicht abzubringen, was?« Ergeben schüttelte Müller den Kopf. »Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Aber gib mir wenigstens … na ja, gib mir zwei Tage. Dann kann ich meine Kontakte vorbereiten. Den Schlag ein bisschen abmildern. Ansonsten sehe ich schwarz für die Gewerkschaft.«
Cross zögerte. Dann nickte er. »Zwei Tage. Dann werde ich UI zwei Dinge auf den Tisch legen: dass wir auf Pherostine die Betas in die Gewerkschaft aufnehmen wollen und eine weitere Bohrung nach dem Xenan durchführen werden. Und wenn die United diese Zeit dafür nutzt, Shroder’s Peak zu besetzen, dann schießen wir uns durch. Verstanden? Sag das deinen »Kontakten«
»Ich kann nichts versprechen«, entgegnete Müller Die Sache schien zwischen den beiden geregelt zu sein.
Cross sah sich gezwungen, ein paar begeisterten Leuten die Hände zu schütteln, die ihm für seinen Einsatz danken wollten. Als er sich orientierte, wie es nun weitergehen sollte, nutzte ich den Moment, um ihn zu betrachten, denn bislang hatte ich ihn
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