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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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reichte der Sprengsatz an meiner Medulla oblongata sogar, um Cross mitzunehmen? War ich bloß hier positioniert worden, um ihn mitzunehmen, wenn ich starb? Aber Jabbert musste Stewart inzwischen vermeldet haben, dass so weit alles gutgegangen war. Wenn mein Chef mich bloß als Trojanisches Pferd hätte benutzen wollen, dann wäre ich jetzt schon tot.
    Ich konnte jetzt die Waffe ziehen und es hinter mich bringen. Doch dann würden ein paar meiner Fragen für immer unbeantwortet bleiben. Wer war Cross, und warum war er datentechnisch ein Phantom? War er wirklich so aufrecht und ehrlich, wie er sich gab? Und wenn er misstrauisch war - warum hatte er mich dann hergebeten?
    Vermutlich war es ein Fehler, den ich später bereuen würde, aber ich beschloss, ein paar Minuten lang meiner Neugier zu frönen.
    »Eliza.« Cross erhob sich zur Begrüßung. »Schön, dass du gekommen bist.«
    »Ich habe mich über den Anruf gefreut«, erwiderte ich. Schmunzelnd wies ich auf das Dekor des Raums und das Bett. »Du bist eher von der direkten Sorte, wie?«
    »Ich…« Er errötete tatsächlich ein wenig. »Die Hinterzimmer sehen hier alle so aus. Das soll nicht heißen, dass ich, also wir …« Er rang um Worte, dann gab er es auf. »… ein Bier?« Er wies auf die beiden Flaschen Bier und den Sessel, der seinem gegenüber an dem runden Tisch aus geschnitztem Holz und Glas stand. »Das Ambiente ist mir eigentlich etwas zu …«
    »Bourgeois?«
    »Ich hätte jetzt eher >geschmacklos< gesagt, aber das kommt auf dasselbe hinaus. Also, ein Bier?«
    »Okay.« Ich nahm in dem Sessel Platz und griff nach der Flasche. Doch ich trank nicht, sondern machte mir ein Bild von meinem Gegenüber. Cross’ Hand lag auf der mir abgewandten Seite außen an seinem Bein, zwischen dem Stoff seiner Hose und dem Polster des Sessels. Hatte er dort eine Waffe? Das würde ihm ähnlich sehen - er war vorsichtig und nicht dumm.
    Ich versuchte, nicht auszusehen wie eine Antilope auf dem Sprung. Ich wies mit dem Kopf zur Tür. »Warum bin ich hier?«
    Er zögerte kurz. »Eliza Dornt, Sprengmeisterin in Konrad, vor drei Tagen eingestellt.«
    Cross hatte mich also tatsächlich überprüfen lassen. Ich hatte den Verdacht, dass seine Datenabteilung mich eben zur Tür geführt hatte. Ich dankte dem Heiligen Jabbert für seine Sorgfalt. »Und?«
    »Niemand hat in den vergangenen Tagen eine neu angestellte Sprengmeisterin namens Eliza im Stollen Konrad gesehen. Keiner kann sich erklären, wo wohl noch eine gebraucht wird. Stattdessen tauchst du auf der Gewerkschaftsversammlung auf und verabredest dich mit mir.«
    »Und?«, wiederholte ich. Dieses Gespräch entwickelte sich sehr schnell in genau die Richtung, die ich hatte vermeiden wollen.
    »Du hast die Reflexe einer Kämpferin. Bist du eine Soldatin?«
    Ich nickte - so ganz falsch war das ja nicht. »Eines der Grundgesetze der Menschheit: Irgendwo wird immer gekämpft.«
    »Nicht ganz falsch«, erwiderte er düster. »So sind wir. Wir bringen uns ständig gegenseitig um. Manchmal frage ich mich, wie wir es geschafft haben, uns so auszubreiten.«
    »Hormone«, rutschte es mir raus, bevor sich mein Gehirn dazwischenschalten konnte. Offenbar steckte die Umgebung an.
    Er musste lächeln. Es stand ihm gut - mehr denn je sah er nach einem liebenswerten Schurken aus. »Vermutlich.
    Die sind an so manchen Dingen schuld …«
    Ich befahl meinen abschweifenden Gedanken, ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Immerhin hatte ich einen Mord zu begehen.

    Auch Cross wurde schnell wieder ernst. Er breitete die Hände aus, als hätte er nun alles vor sich ausgebreitet. »Fakt ist: Ich habe keine Ahnung, wer du bist oder was du hier willst, Eliza. Ich weiß nur, dass du bislang nicht auf meiner Seite stehst. Und das will ich ändern.«
    Verblüfft schaute ich ihn an. »Du willst…«
    »… dass du zu mir überläufst.«
    Ich brauchte einen Augenblick, um diese Offenbarung zu verdauen. Ich öffnete den Mund, doch bevor ich etwas sagen konnte, hob er eine Hand. »Du kannst jetzt natürlich noch eine Weile lang leugnen, behaupten, du wüsstest nicht, was ich meine - aber glaub mir, ich kaufe dir die Eliza Dorrit aus Savosta nicht ab. Zu viele kleine Details, die nicht stimmen. Zu viel … Willenskraft im Blick.«
    Ich schloss den Mund wieder. In der Tat hatte ich versuchen wollen, mich herauszureden, aber offenbar war er sich seiner Sache sehr, sehr sicher. Und trotzdem war ich noch am Leben und hatte es bis zu ihm geschafft. Er konnte die

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