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Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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immer kam Blut aus Mund und Nase. Verdammt. Mir war hundeelend zumute. Cross ging es neben mir nicht viel besser - er erbrach sich immer noch, dazu blutete er aus den Ohren.
    Ich schüttelte den Kopf leicht, um besser sehen und hören zu können, doch ich bereute es sofort. Heiliger Apollo, das Wort Kopfschmerzen deckte nicht annähernd ab, was da zwischen meinen Ohren vorging. Ich schloss die Augen und gab mir ein paar Minuten, um durchzuatmen und das Pochen abebben zu lassen. Dann riss ich mich zusammen und tippte auf dem Monitor herum, um eine Sternenkarte des Systems aufzurufen. Ich runzelte die Stirn.
    Die Anzeige zeigte All, All, und mehr All. Mir stellten sich schon die Haare im Nacken auf. Was, wenn wir bei Hakup oder einer anderen von den Collectors unterworfenen Welt gelandet waren? Dann, endlich, meldete das System ein »Ping«, einen roten Fleck auf der Anzeige. Nach kurzer Zeit gesellte sich ein zweiter kleinerer hinzu.
    Ob des Rauschens und Flackerns auf den Monitoren konnte ich den Blip kaum erkennen. Ich pfiff anerkennend, denn Cross’ Störsender musste eine echte Breitbandleistung mitbringen, wenn er auch diese Geräte beeinflusste.
    Ich warf einen Blick auf meine Multibox, die ebenfalls flackerte. Zum Telefonieren würde ich sie vermutlich mit einem deutlich stärkeren Gerät oder einer Bodenleitung verbinden müssen, solange Cross’ Störsender aktiv war.
    Als auf dem Monitor endlich die Daten aufgelistet wurden, atmete ich auf. Checque lag vor uns - und noch viel wichtiger - sein Mond Bankers Rock. Dort gab es ein Kloster des Order of Technology. Wenn es einen Ort in diesem System gab, an dem man den Sprengsatz in meinem Kopf operieren oder deaktivieren konnte, dann wohl dort - besonders unter Zeitdruck. Vermutlich wollte der 20T im Austausch meine Seele, aber was soll’s, besser lebendig und dem Satan dienen als tot und heilig. Man tat, was nötig war, um zu überleben - so hielt ich es seit Jahren. Wir waren noch sechs Stunden von Bankers Rock entfernt.
    Ich war zwar nicht genau dort, wo ich hingewollt hatte, aber doch ungefähr in der richtigen Ecke dieses Systems.
    Erst einmal befanden wir uns vor Jabbert, Stewart und der UI-Sec in Sicherheit. Das hatten wir uns nach dem heutigen Tag wirklich verdient. Viel bedeutender aber fand ich, dass wir Stewarts unmittelbare Kommunikationsreichweite verlassen hatten. Selbst wenn Cross seinen Störsender deaktivierte, brauchte es sicherlich ein paar Stunden, bis irgendwelche neuen Signale von Stewart bei uns ankamen. Und selbst dann schwebten wir momentan gerade abseits von jeglichen Kommunikationsrouten im All. Ich war nicht in Sicherheit, aber für eine Weile war die Gefahr minimiert. Ich atmete tief ein und entspannte mich.
    Ich spürte die physikalische Erleichterung des Raumschiffs, das nun nicht mehr in der Atmosphäre ächzen musste.
    Beinahe wirkte es, als atme es im Vakuum auf. Wo Hülle und Stahl des Raumfrachters eben noch unter Beben der Schwerkraft ausgesetzt gewesen waren, herrschte nun eine Stille, die nur hin und wieder vom Stöhnen des sich wieder zusammenziehenden Metalls durchbrochen wurde. Vor mir lag die Unendlichkeit.
    Und wow, war sie schön.
    Warum war mir noch nie aufgefallen, wie überwältigend die Weite des Alls tatsächlich war? Hatte ich die letzten vier Jahre den Blick immer nur auf die Fußspitzen geheftet, anstatt mal den Kopf zu heben und mich umzuschauen? Es war, als sei ein Schleier von mir abgefallen, der mir zeit meines Lebens den Blick auf das Wesentliche versperrt hatte. Nun konnte ich sehen, wirklich sehen.
    Ich fühlte mich wie ein Baby, das begeistert seine ersten Schritte tut - in eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten. Plötzlich hatte ich wieder eine Zukunft; konnte wählen, wohin ich meine Schritte lenkte. Diese Aussicht ließ einen Knoten in meinem Hals wachsen und raubte mir für einen Augenblick den Atem - und die Kopfschmerzen verstärkten sich auch.
    Cross löste seine Gurte und kotzte ein letztes Mal zwischen seinen Beinen durch. Dann schien es auch ihm besserzugehen. Er wischte sich das Blut aus dem Gesicht und betrachtete den verschmierten Handrücken. »Du bist wirklich vollständig wahnsinnig, oder?«, fragte er verschnupft.
    Eilig blinzelte ich die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln - bestimmt keine Tränen der Rührung, glauben Sie mir.
    Eher noch eine Nachwirkung des Sprungs. Widerwillig wandte ich die Augen von der Weite vor mir ab. »Wir sind da rausgekommen, oder?«, verteidigte ich

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