Undercover ins Glück
»Sag mir, was hier vorgeht. Warum ist Kyle in der Notaufnahme?«
»Die Geschichte, die in den Nachrichten kursiert, lautet, dass ein anderer Häftling während einer Prügelei auf Kyle eingestochen hat«, sagte Nick.
Jordan bemühte sich, die Panik zu unterdrücken, die in ihr aufstieg. »Und die Wahrheit?«
»Die Wahrheit ist, dass dein Bruder in einer sorgfältig geplanten Operation von einem Undercover-Agenten kaum angekratzt wurde, um uns eine plausible Ausrede zu verschaffen, damit wir ihn aus dem MCC verlegen können.«
Ihr wurde ganz schwindlig. »Warte, ist Kyle eingeweiht?«
»Natürlich nicht«, sagte Nick sachlich. »Das hat sich nicht geändert. Niemand darf von unserer Abmachung erfahren, bevor die Eckhart-Ermittlung abgeschlossen ist.«
Unsere Abmachung. Richtig. »Das hättest du mir sagen sollen.«
Nick hob seine Hände. »Ich weiß, ich hab’s verbockt. Total. Aber zuerst habe ich dich mit diesem Waschlappen gesehen, dann haben wir uns gestritten und dann … haben wir noch ganz andere Sachen gemacht. Ich habe alles andere einfach total vergessen. Es tut mir leid.«
Jordan atmete tief durch. Sie war jetzt gerade nicht in der Verfassung, um über die »ganz anderen Sachen« nachzudenken. Momentan wollte sie nur noch zu ihrem Bruder, um zu sehen, wie es ihm ging. »Ich muss jetzt ins Krankenhaus.«
Nick sah sie an. »Kann ich mitkommen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Mein Dad wird dort sein. Er wird wissen wollen, wer du bist, und für diese Unterhaltung bin ich noch nicht bereit.« Eigentlich hatte sie selbst keine Ahnung, was gerade zwischen ihr und Nick vorging. Da konnte sie es ihrem Vater noch viel weniger erklären.
Als Reaktion auf ihre Antwort wurde Nicks Gesichtsausdruck wieder verschlossen und sachlich. Er nickte. »Natürlich. Du solltest bei deiner Familie sein.«
Danach ging er, und Jordan blieb im Hinterzimmer, bis sie die Türglocke hörte. Sie brauchte einen Augenblick, um sich zu sammeln, dann schnappte sie sich ihren Mantel und machte sich auf den Weg zum Krankenhaus.
22
Xander betrachtete das dunkle, schäbige Innere der Kneipe und dachte, dass er hier mit Sicherheit kein anständiges Glas Wein bekommen würde.
Warum Mercks darum gebeten hatte, sich mit ihm in diesem Drecksloch zu treffen, entzog sich seinem Verständnis. Allerdings war an der SMS , die er nachmittags von Mercks bekommen hatte, alles seltsam gewesen.
MÜSSEN UNS UNTERHALTEN . NICHT IN IHREM BÜRO – LINCOLN TAVERN AUF DER ROSCOE UM 22 UHR . SPRECHEN SIE MIT NIEMANDEN DARÜBER .
Zuerst einmal war es merkwürdig, dass Mercks ihm eine SMS geschickt hatte. So hatten sie noch niemals kommuniziert. Und warum konnten sie sich nicht in seinem Büro treffen? Sie trafen sich immer in seinem Büro. Der Ort war eine Festung.
Xander fand im hinteren Bereich der Kneipe einen freien Tisch und nahm Platz. Er hoffte, dass ihn niemand sehen würde. Gott bewahre, dass man ihn erkannte und sich herumsprach, dass er auch nur einen Fuß in diese Absteige gesetzt hatte. DieDemütigung würde ihn umbringen, vorausgesetzt, das ekelhafte Gebräu, das sie hier vom Fass zapften, tötete ihn nicht zuerst.
»Keine Weinkarte?«, fragte er sarkastisch, als eine blondierte Kellnerin mittleren Alters an seinen Tisch trat. Ein himmelschreiender Unterschied zu den schlanken, hübschen, jungen Dingern, die in seinen Clubs und Restaurants angestellt waren. »Ich nehme einen Gin Tonic. In einem sauberen Glas, bitte.«
Er ignorierte den Blick der Kellnerin, als sie zur Bar zurückging. Er schlüpfte aus seinem Mantel, legte ihn sorgsam über die Lehne des Stuhls neben sich, und warf einen Blick auf die Uhr. Er runzelte die Stirn, als er sah, dass Mercks spät dran war. Er hatte gehofft, dieses Treffen so kurz wie möglich halten zu können, worum es auch immer gehen mochte. Er wollte wieder im Bordeaux sein, bevor der große Andrang um dreiundzwanzig Uhr kam. Der Donnerstagabend lief immer besonders gut, und er liebte es, im Bordeaux zu sein, alles zu beobachten, sich unter die Leute zu mischen und in ihrer Bewunderung zu baden.
Er kostete das Leben aus, ja, er genoss es in vollen Zügen. Und das Sahnehäubchen wäre Jordan Rhodes. Mit ihrem Geld, seinem Wissen über Nachtclubs und Restaurants und ihrer gemeinsamen Leidenschaft für Wein wären sie ein unaufhaltsames Team. Sie war perfekt für ihn. Sie musste das nur noch erkennen. Hoffentlich hatte Mercks in dieser Hinsicht gute Neuigkeiten.
Ein paar Minuten später tauchte Mercks
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