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Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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lassen...
    Da - er konnte schon die beleuchtete Telefonzelle sehen. Sogar eine Parklücke war dort. Er schoss in die Bucht, riss die Wagentür auf, warf sie zu und stürzte zur Telefonzelle. Die Nummer hatte er sich auf der Fahrt eingeprägt. Der Chief war vorsichtig, ließ sich immer an einem anderen Ort anrufen. Er wählte. Nach nur einem Mal Klingeln wurde abgenommen: Ein trockenes Klack, doch keine Stimme.
    „Chief?“, fragte er in den Hörer hinein.
„Ja, wie läuft die Sache?“
    „Ich denke, er weiß, wie gefährlich es für ihn wird, wenn er weitermacht.“
    „Das wird ihn nicht bremsen. Du hättest gleich ernst machen sollen.“
    „Noch einen Cop töten?“
    Er hörte ein Schnaufen. Ob es Ausdruck von Verachtung oder nur belanglos war, konnte er nicht einschätzen.
    „Er ist gefährlich“, sagte der Chief.
    „Ein Mann mit Krücken kann nicht besonders gefährlich sein.“
    „Dein Fehler ist: du unterschätzt deine Gegner.“
    „Dann schalte DU ihn doch aus. Chief.“ Er ärgerte sich.
    „Du vergisst, dass ICH uns die Sache nicht eingebrockt habe. Das warst DU, und DU bringst die Sache auch wieder in Ordnung. Soweit sie überhaupt in O rdnung zu bringen ist. Ich habe gerade ein anderes Problem.“
    „Ach?“
    „Die Alte...“
    „Und?“ Er hatte die Sache am Strand vor Wochen schon abgehakt.
    „Ich lasse mir nicht alles nehmen!“
    Und schon hörte er ein Knacken in der Leitung und dann das Freizeichen. Er hängte den Hörer auf die Gabel und verließ die Telefonzelle. Der Chief bereitete etwas vor. Und er wusste nichts davon. Das mochte er nicht. Ganz und gar nicht.

25

    Das Wetter war erneut umgeschlagen. Um halb acht morgens saß Shane im Sessel vor dem Balkonfenster von Franks Apartment und sah durch die Scheibe hinaus in den grauen Regenschleier. Die Wipfel von drei hohen, dürren Nadelbäumen, die zwischen Parkplatz und Strand angepflanzt worden oder nicht der Bauwut zum Opfer gefallen waren, bogen sich unter den Peitschenhieben des Windes. Das Meer war grau und schaumig. Weit draußen kämpfte eine weiße Motoryacht mit den Wogen. Von der Straße drang das schmatzende Geräusch durch Pfützen pflügender Autoreifen. Über sich hörte Shane Schritte. Schnelle, energische Schritte. Frauenschritte. Er hatte die Schritte erst heute morgen beim Aufstehen wahrgenommen, er konnte sich nicht daran erinnern, ob er sie da zum ersten Mal gehört hatte. Vielleicht saß sie über ihm genauso wie er in einem Sessel, stand hin und wieder auf, holte sich aus dem Kühlschrank etwas zu trinken oder zu essen. Er versuchte sie sich vorzustellen.
    Doch er sah immer nur Carol Wilcox.
    Er starrte weiter zum Fenster hinaus in den grauen Regen. Wo st and er mit seinen Ermittlungen? Darren Martin und der Mann im Hauseingang waren höchstwahrscheinlich bei einem Drogendeal überrascht worden und hatten die Nerven verloren. Gestern hatte man ihm demonstriert, was er zu erwarten habe, wenn er nicht endlich abreiste. Er starrte wieder aufs Meer. Die weiße Yacht war umgekehrt und auf dem Weg zum Ufer zurück. Im Schlafzimmer stand ein Fernrohr. Damit könnte er ein wenig aufs Meer schauen und sich die Zeit vertreiben, bis ihm etwas besseres einfiele. Er erhob sich aus dem Sessel, brachte das Fernrohr ins Wohnzimmer und stellte es an die Scheibe. Endlich hatte er die Yacht im Sucher. Sie sah seltsam zweidimensional aus, als ob Entfernung zwischen zwei Gegenständen nichts anderes sei als eine bestimmte Menge Luft, die das Fernrohr wie ein Staubsauger absaugte, bis die beiden Gegenstände aufeinander klebten. Am Steuer erkannte er eine Gestalt im Mantel mit Kapuze, und die Fahne am Heck flatterte so sehr, dass sie zu zerreißen drohte. Er ließ das Fernglas über die aufgeschäumten Wellen schweifen und hatte bald den Wipfel von einem der drei Nadelbäume im Blick. Ein dicker, brauner Vogel krallte sich auf ein em windgepeitschten Ast fest. Shane ließ das Fernglas weiter hinabgleiten und traf auf den fast leeren Parkplatz. Vier Autos bloß, zur Straßenseite hin drei weiße und ein rotes ihnen gegenüber. Kein Wunder, wen zog es schon bei solch einem Wetter an den Strand? Ein Läufer wischte durchs Bild. Im mittleren weißen Auto saß jemand. Sicher überlegte derjenige noch, ob er aussteigen oder wieder fahren sollte. Vielleicht war er auch gerade eingestiegen. Vielleicht wartete er auf jemanden, oder hatte jemanden abgesetzt. Es war ein Mann. Ein Mann mit kurzen, dunklen Haaren und einem weißen T-Shirt.

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