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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Vielleicht wartete er, bis der Regen aufhörte?
    Stundenlang hatte auch er in Autos gewartet, dabei unzählige Liter Kaffee in sich geschüttet, und Unmengen von Hamburgern und Fleischpasteten verschlungen, in schwülen und in feuchtkalten Nächten, auf Parkplätzen, vor Nachclubs, vor Hauseingängen.
    Ein ganzes Jahr hatte er ausschließlich damit zugebracht, als er in der Überwachungs–Abteilung war. Nach einem halben Jahr schon hatte er genug und versuchte, sich versetzen zu lassen, was ein weiteres halbes Jahr dauerte. Damals hatte er geglaubt, sich für den falschen Beruf entschieden zu haben. Das, was er tat, im Auto zu sitzen, in Kneipen, Bars, Nachtclubs und Restaurants rumzuhängen, schien nicht im geringsten dazu beizutragen, die Welt oder wenigstens die Stadt, in der er arbeitete und lebte, besser zu machen. Und das war es doch, was ihn zur Polizei hatte gehen lassen. Unsere Aufgabe ist es, die Welt ein bisschen besser zu machen, hatte sein Vater immer ges agt. Wie lange ist das her? Er sollte mal wieder seinen Vater anrufen, in seiner Strandhütte auf Fraser Island. Aber dann müsste er ihm erzählen, was passiert war .
    Es regnete wieder stärker. D ie Tropfen liefen in winzige Perlen zersprengt am Fensterg las h inunter .
    Shanes Blick fiel auf die aufgeschlagene Seite der Makler-Wer bebroschüre. „Erwerben Sie Ihr privates Paradies am Ozean“. Dies ist also das Paradies , dachte er. Und wo bleibt das Glück, das man doch im Paradies empfinden soll ? Das Glück, wunschlos zuf rieden zu sein? Glück ist der Stillstand der Zeit, weil sich jede Minute gleich anfühlt, hatte ihm mal jemand bei einer Zeugenbefragung gesagt. Und er hatte sich den Satz gemerkt. Im Paradies gibt es folglich keine Zeit mehr. Und damit auch kein Warten. Kein Hoffen. Es g ibt nur das ewige – tödlich langweilige – Glück ...
    Als Shane wieder durchs Fernrohr sah, saß der Mann mit den brau nen Haaren noch immer im Auto. Regen und Wind hatten nachgelassen. Die Baumwipfel bogen sich nicht mehr. Die Wolkendecke klaffte auseinander, weißes Sonnenlicht brannte. Jetzt könnte der Mann da unten ja endlich aussteigen. Nein, da kam seine Verabredung. Ein Mann in langen Hosen, die Jacke über den Kopf gezogen, stieg ein. Wenigstens, dachte Shane, hat deren Warterei ein Ende. Doch der Wagen fuhr nicht weg, es stieg auch niemand aus. Es war e in weißer Sedan.
    In der Überwachungs-Abteilung hatte er auch immer weiße Wagen gefahren. Einen weißen Holden und einen weißen Ford. Autos, die jeder fuhr, die nicht auffielen, wenn sie stundenlang vor einem Hauseingang parkten oder jemanden verfolgten. Der weiße Sedan parkte zwischen anderen Wagen, anderen weißen Wagen. Unauffällig. Auffällig unauffällig. War einer der Männer der, der ihn gestern beinahe getötet hätte? Oder hatten ihn die wenigen Tage im Paradies paranoid gemacht?

    Schon schoben sich wieder braunschwarze Wolkenberge heran und verschlossen den Riss im Himmel. Es regnete wieder stärker, Windböen wehten den Regenvorhang klatschend an die Scheibe. Der Wagen mit den beiden Männern stand noch immer da. Er dachte daran, Mick Lanski anzurufen und ihn direkt zu fragen, ob man ihn überwachte. Al Marlowe würde ihm raten, zurück nach Brisbane zu kommen. Tom McGregor auch. Nein, er musste die Sache allein durchstehen.
    Er humpelte in die Küche, holte sich ein Bier und machte das Fernsehen an. Hin und wieder sah er auf sein Handy. Doch das Display blieb dunkel.

    Am Nachmittag brannte die Sonne wieder. Dampf stieg von der regennassen Straße auf. Gerade eben hatte er noch einmal hinunter auf den Parkplatz gesehen, doch der weiße Sedan war verschwunden und in den anderen dort parkenden Autos saß niemand.
    Shane rief die Nummer an, die auf Tim Wilcox’ Visitenkarte stand, doch es meldete sich nur ein Anrufbeantworter, und er legte auf. Auf Tim Wilcox’ Visitenkarte stand neben der Büro auch dessen Privatadresse, die er auf Anhieb im Stadtplan fand. Die Straße lief parallel zu der, in der Kim und Frank wohnten, sie zweigte lediglich zwei Einfahrten später von der Hauptstraße ab.
    Er zog sich an und nahm den Aufzug hinunter in die Lobby. Sein Wagen stand von gestern noch draußen, und jetzt in der prallen Sonne. Die Hitze im Innern nahm ihm den Atem, er ließ alle Fenster herunter und hoffte, dass der Fahrtwind für ein wenig Kühlung sorgte.
    Er bog auf die Straße hoch zur Motorway ein und musste in einer langen Schlange vor der Ampel halten. Die Hitze drang durch

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