Undercover
Doch er hatte weder den Fernseher angeschaltet noch die Zeitung gekauft – die davon sowieso erst am nächsten Tag berichten würde – er war gerade aufgestanden und unter die Dusche gehumpelt, wo er sich umständlich , ohne das verl etzte Bein nass zu machen, dusch te, als es an der Tür Sturm läutete.
Shane schlang sich ein Handtuch um die Hüften, stützte sich auf seine Krücken und hinkte, fluchend und tropfend zur Tür und d rüc kte auf die Sprechanlage. D a klopfte es schon.
„Shane, mach’ auf!“
Mick Lanski. Einen Augenblick lang wusste Shane nicht, was er tun sollte. Die Tür öffnen? Die Pistole holen? Er entschied sich, die Pistole zu holen, und humpelte zurück zur Couch, wo er sie unter einem Kissen liegen hatte. Er steckte sie sich zwischen Handtuch und Rücken. Dann erst öffnete er die Tür.
Mick Lanski stand im hell grauen Sommeranzug vor ihm und sah ihn aus einem blassen Gesicht mit dunkel umrandeten Augen an.
„Ich erinnere mich nicht, dich zum Frühstück eingeladen zu haben, Mick.“
Lanski trat auf ihn zu .
„Lass’ mich rein, Shane, ich muss mit dir reden.“
Shane machte eine Handbewegung zur Couch und schloss hinter ihm die Tür.
„Ich m uss mir nur noch etwas anziehen. “
„N icht nötig“, unterbrach ihn Lanski ohne sich zu setzen.
Sein Bl ick tastete die Wohnung und die Einrichtung ab, Shane wusste, dass er dabei deren Wert taxierte. Lanski hatte schon früher immer zuerst gefragt, warum sich wer was leisten konnte.
„Wie geht’s dir?“, fragte Lanski fast beiläufig . Sein Lächeln wirkte freundlich und harmlos. Shane zuckte die Schultern ohne zu antworten.
„Immerhin kannst du dich nicht über eine schlechte Unterkunft beklagen, was?“
„Was willst du von mir Mick? Solltest du dich nicht um die Morde in Brisbane kümmern? “
Lanski trat an die Balkontür.
„Schöner Blick, Shane. Hast du auch hier investiert? Man kann hier `ne ganze Stange Geld verdienen“, er drehte sich langsam zu Shane um und lächelte , „wenn man weiß, wie man’s anstellen muss.“
Shane reagierte nicht.
„...oder wenn man die richtigen Leute kennt, die wissen, wie man’s anstellen muss, hab’ ich Recht?“, redete Mick weiter.
„Hör’ zu Mick, entweder rückst du jetzt mit der Sprache raus oder du verschwindest.“
Lanskis Lächeln verschwand .
„Sag’ mir einfach, wo du gestern Nacht warst.“
„Brauch ich ein Alibi?“
„Kannst du mir diese einfache Frage nicht beantworten, Shane?“ Lanskis Stimme hatte einen gefährlich sanften Ton angenommen.
„L ass mich mal überlegen. Ich war `ne Runde mit den Krücken joggen, dann tanzen und schließlich hab’ ich den Rest der Nacht mit `ner schönen...“
„Lass’ den Mist, Shane!“ Lanski setzte sich auf die Couch. Sein Scheitel war scharf wie mit dem Messer gezogen.
„Tim Wilcox wurde heute morgen von der Putzfrau – die ausnahmsweise am Sonntag kam - in seinem Haus erschossen aufgefunden. Seine Frau war gestern Abend bis heute Morgen in Brisbane. Ihr Alibi wird gerade überprüft.“
Shane brauchte einen Moment, um zu realisieren, was Lanski gerade gesagt hatte. „Tim Wilcox? Der Anwalt?“ Und sofort sah er ihn und Carol ...
Lanski nickte. „Genau der, Shane. Ich sehe, du bist im Bilde ...“
„Womöglich hat Wilcox seinen Mörder beim Einbrechen überrascht“, fuhr Lanski fort, „vielleicht aber will uns einer auch nur auf eine falsche Spur lenken.“
Warum war Carol in Brisbane? Shane wollte vor Lanski seine Erschütterung nicht zugeben und setzte ein Lächeln auf.
„Und, warum kommst du deshalb zu mir, Mick?“
Lanski legte einen Arm über die Rückenlehne, so, als ob es seine eigene Couch und seine eigene Wohnung wären. „Du kennst die beiden doch , nicht wahr? “ Sein Blick bekam etwas Provozierendes.
Woher wusste er das? Er hätte Mick am Kragen packen und verprügeln können, doch auf seinen Krücken war er nicht annähernd dazu in der Lage. So schluckte er so gut es ging seine Wut hinunter.
„Flüchtig.“
„Sag’ mal Shane“, Lanski beugte sich vor und fixierte ihn. „Wieso machst du ausgerechnet dort deinen Erholungsurlaub, wo Darren Martin gearbeitet hat? Wieso lernst du bereits in kürzester Zeit Tim und Carol Wilcox kennen, bei denen Darren Martin öfter beschäftigt war? Das ist doch merkwürdig, findest du nicht?“
„ Sag mal, Mick, w ieso schnüffelst du eigentlich hinter mir her? Warum bist du hier?“
Lanski hatte einen spöttischen Zug um den
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