Undercover
eingeladen und schon kennst du die ganze Region.“
„Wir haben noch keinen Täter.“
Lanski spitzte die Lippen.
„Nun, ich weiß nicht, ob dir das eine Hilfe ist.“ Lanski beugte sich ein wenig vor. „Ich kann dir so was im Vertrauen sagen, ja? Du hast es nicht von mir, okay?“
Shane nickte.
Lanski räusperte sich. „Tim hatte eine Schwäche für – für junge Mädchen.“
Shane ließ sich nicht anmerken, dass das für ihn keine Neuigkeit war.
„Kanntest du welche?“
„Na, ja, es gab da eine. Tim hat wenige Tage vor seinem Tod mit mir über sie gesprochen. Sie hat wohl die ganze Sache zu ernst genommen.“
„Die ganze Sache? Du meinst, das Verhältnis mit Wilcox?“
„Ja, er hatte die Sache beendet , aber sie konnte sich nicht damit abfinden und hat ihm gedroht, seiner Frau alles zu erzähl en. Sie hat ihm mehrere Male vor dem Büro und an seinem Auto aufgelauert. Sie war ziemlich penetrant. Sie hat wohl auch gedroht, ihn umzubringen. Man glaubt natürlich, das gibt sich, aber als Tim dann erschossen wurde, dachte ich zuerst an das Mädchen. Dann hieß es, es sei ein Einbrecher gewesen. Außerdem nimmt sie angeblich Drogen, Kokain, Ecstasy und dieses Zeug, hat mir Tim gesagt. Die übliche Geschichte. “ In Don s Stimme war keinerlei Mitgefühl .
„Weißt du auch ihren Namen?“
„Chrissy. Chrissy Wagner. Ihre Mutter hat den Segelladen, drüben in Maroochydore.“
Shane ließ sich nicht anmerken, dass er das – bis auf die Drogen - schon wusste und erhob sich.
„Danke, Don, ich werde es weitergeben.“ Er schob se inen Stuhl zurück. „I ch mache mich mal auf den Weg nach Hause.“
„Wo wohnst du eigentlich ?“ , wollte Don wissen.
„In Mooloolaba, in Franks Apartment, Kim heiratet ...“
„Ja, ja“, unterbrach ihn Don, „ich weiß, ich bin zur Hochzeit eingeladen.“
Don begleitete ihn durchs Haus zur Tür. „Wenn du willst, komm’ einfach wieder vorbei.“ Er legte ihm die Hand auf die Schult er und sah ihm fest in die Augen. „Und pass’ auf dich auf, Junge. “
„Werde ich, Don.“
„Na, ich weiß, dass du dich nicht abhalten lässt, den Mörder deines Partners zu jagen, würde ich an deiner Stelle auch nicht, aber sei vorsichtig. Es wäre verdammt schade um dich, Shane. Du weißt , wie sehr ich dich mag.“
56
Als Shane an der Kreuzung die Straßenschilder las, fiel ihm das Wort Zentrum ins Augen, und er beschloss, einen Abstecher dorthin zu machen. Er musste nachdenken, und jetzt um halb sechs herrschte sowieso dichter Verkehr, so dass er für die dreißig Kilometer nach Mooloolaba sicher viel länger brauchte als wenn er später fuhr.
Im Schritttempo zuckelte er in einer Wagenkolonne durch die Hastings Street, die belebte Straße von Noosa Heads, die hinter der ersten Häuserreihe am Strand bis zum Nationalpark entlang führte, und in der sich Cafés, Restaurants, Mode- und Sportläden, Galerien – und Maklerbüros lückenlos aneinander reihten. Anders als in Mooloolaba gab es hier keine Promenade. Offensichtlich hatte man kurzsichtig, oder gar nicht geplant. In den Genuss des Meerblicks kamen nur diejenigen, die Häuser und Apartments direkt am Strand besaßen. Aus den entgegenkommenden Autos blickten ihn rote, sonnenerhitzte Gesichter an; auf den Bürgersteigen schleppten sich mit Handtü chern und Badetaschen bepackte Mütter und Väter mit quengelnden Kindern an der Hand zu ihren Ferienquartieren ; barfüßige Jungen und Mädchen mit Surfboards unter den Armen schlenderten die Straße vom Strand hinauf. D irekt vor ihm rangierte ein Auto aus einer der seltenen Parklücken. Wenige Sekunden später stand Shanes Corolla auf einem der besten Parkplätze der Straße.
Shane stieg aus und humpelte ins nächste Café. Es trug den Namen Aromas und gehörte offensichtlich zu den Orten, an denen „man“ sich traf, denn es war bis auf e inen kleinen Tisch voll besetzt . D ie Gäste machten allesamt den Eindruck, Wert auf Sonnenbrillen, Kleider, Fr isuren, Fitness- und Kosmetikstudios zu legen. Shane wollte sich gerade setzten als er die Schlange an der Theke bemerkte . Gab es denn keine Cafés mehr, in denen man sich entspann t an einen Tisch setzen und auf die Bedienung, die seine Wünsche entgegennahm, warten durfte? Dachte man bei der modernen Umstrukturierung des Gaststättengewerbes denn nicht an Verletzte? Behinderte? Menschen mit Krücken? Wie sollten die denn ihren Kaffee tragen? Auf dem Kopf vielleicht?
„Machst du jetzt endlich Ferien, Shane?“
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