Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
darauf vorbereitet sein.«
»Erst mal muss er sich am Telefon melden.«
Also zog Jake nochmals sein Handy heraus, piepste sich durch den Nummernspeicher und drückte die grüne Taste, als er ziemlich weit unten angelangt war. Alphabetische Anordnung, vermutete ich. P wie Peter. Er hielt sich das Handy ans Ohr, wirkte bis zum fünften Klingeln auf eine bestimmte Weise besorgt und ab dem sechsten Klingeln auf eine andere. Er behielt das Handy noch etwas länger am Ohr, dann ließ er es langsam sinken und sagte: »Anrufbeantworter.«
15
Ich sagte: »Fahren Sie in Ihre Dienststelle. Rufen Sie die Polizei in L . A . oder die Campus-Cops der USC an, und bitten Sie sie um einen Gefallen unter Kollegen. Jemand soll hinfahren und nachsehen, ob Peter zu Hause ist.«
»Die werden mich auslachen. Alles wegen irgendeines Studenten, der um vier Uhr morgens nicht ans Telefon geht.«
Ich sagte: »Tun Sie’s einfach.«
Jake sagte: »Kommen Sie mit?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich bleibe hier. Ich will noch mal mit den Männern von dem privaten Sicherheitsdienst reden.«
»Die finden Sie niemals.«
»Sie werden mich finden. Ich habe ihre Frage, ob Susan mir etwas gegeben hat, nicht beantwortet. Sie werden sie noch mal stellen wollen, vermute ich.«
Wir vereinbarten, uns in fünf Stunden zu treffen – wieder in diesem Coffeeshop. Ich verfolgte noch, wie er in seinen Wagen stieg, dann schlenderte ich die Eighth Avenue entlang, als hätte ich kein bestimmtes Ziel, was natürlich stimmte. Ich war müde, weil ich nicht viel geschlafen hatte, aber von dem vielen Kaffee aufgeputscht, sodass ich davon ausging, einigermaßen wach und fit zu sein. Und ich vermutete, dass es den Kerlen vom Sicherheitsdienst nicht anders ergangen war. Wir hatten alle die Nacht durchgemacht, was mich dazu brachte, über die Zeit nachzudenken. Genau wie zwei Uhr morgens der falsche Zeitpunkt für einen Selbstmordanschlag gewesen wäre, war er auch eine verrückte Uhrzeit für Susan Mark, um zu einem Treff zu fahren und Informationen zu übergeben. Deshalb hielt ich am Zeitungsständer eines Lebensmittelgeschäfts inne und blätterte in den Tageszeitungen. Die Meldung, die ich halb zu finden erwartete, stand auf einer der inneren Seiten der Daily News . Die New Jersey Turnpike nach Norden war letzte Nacht vier Stunden lang gesperrt gewesen. Ein bei dichtem Nebel verunglückter Tanklaster. Große Mengen Säure ausgelaufen. Mehrere Tote und Verletzte.
Ich stellte mir Susan Mark vor, die zwischen zwei Ausfahrten festsaß. Ein vierstündiger Stau. Vier Stunden Verspätung. Ungläubigkeit. Wachsende Nervosität. Weder vor noch zurück. Und die Zeit verrann. Ein Termin rückte rasch näher. Ein Termin wurde überschritten. Drohungen und Sanktionen und Strafen, die jetzt vermutlich zu erwarten waren. Mir war der 6 Train schnell vorgekommen. Ihr musste er schrecklich langsam erschienen sein. Sie haben sie in den Abgrund gestoßen. Schon möglich, aber sie hatte keinen allzu kräftigen Stoß gebraucht.
Ich faltete die Zeitung wieder wie neu zusammen und schlenderte weiter. Der Typ mit dem zerrissenen Jackett war vermutlich heimgefahren, um sich umzuziehen, aber die anderen drei würden sich irgendwo in der Nähe aufhalten. Sie würden mitbekommen haben, wie ich den Coffeeshop betrat und auch wieder verließ. Ich konnte sie nirgends auf der Straße entdecken, aber ich suchte eigentlich auch nicht nach ihnen. Zwecklos, etwas zu suchen, wenn man genau weiß, dass es da ist.
Es hatte eine Zeit gegeben, in der die Eighth Avenue ein gefährlicher Straßenzug gewesen war. Defekte Straßenlampen, Baulücken, mit Brettern vernagelte Schaufenster, Crack, Nutten, Straßenräuber. Ich hatte dort alles Mögliche gesehen, war aber selbst nie überfallen worden. Was keine große Überraschung war. Um aus mir ein potenzielles Opfer zu machen, müsste die Weltbevölkerung auf zwei Menschen reduziert werden. Auf mich und einen Straßenräuber, und ich hätte gewonnen. Jetzt war man auf der Eighth Avenue so sicher wie anderswo. Hier herrschte geschäftiges Treiben, und überall wimmelte es von Menschen. Deshalb war es mir ziemlich egal, wo die drei Kerle sich an mich heranmachten. Ich versuchte nicht, sie an einen mir genehmen Ort zu locken. Die Entscheidung lag bei ihnen. Ich schlenderte einfach nur die Avenue entlang. Der Tag war dabei, von warm zu heiß zu wechseln, und üble Gerüche stiegen mir in die Nase: Abfälle stinken im Sommer, aber nicht im Winter.
Sie
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