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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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abgeschleppt. Sie muss durch den Holland Tunnel gekommen sein und in der Innenstadt geparkt haben.«
    Jake äußerte sich nicht dazu. Mein Kaffee war kalt. Die Bedienung hatte es aufgegeben, uns nachzuschenken. Wir waren ein unrentabler Tisch. An anderen Tischen hatten die Gäste schon zweimal gewechselt. Arbeitende Menschen, die es eilig hatten, rasch etwas in sich hineinstopften, sich auf einen anstrengenden Tag vorbereiteten. Ich stellte mir Susan Mark vor zwölf Stunden vor, als sie sich auf eine anstrengende Nacht vorbereitete. Wie sie sich anzog. Wie sie den Revolver ihres Vaters nahm, ihn lud und in die schwarze Umhängetasche steckte. Wie sie sich ins Auto setzte, auf der Route 236 zum Beltway fuhr, ihm im Uhrzeigersinn folgte, vielleicht noch mal tankte, dann die I-95 erreichte und nach Norden weiterfuhr – mit verzweifelt weit aufgerissenen Augen in die Nacht starrend .
    Spekulieren Sie, hatte Jake gesagt. Aber das wollte ich plötzlich nicht mehr. Denn ich glaubte die Stimme Theresa Lees zu hören. Die der Kriminalbeamtin. Sie haben sie in den Abgrund gestoßen. Jake sah, dass ich nachdachte, und fragte: »Was?«
    »Nehmen wir mal an, jemand hätte Susan in der Hand gehabt«, antwortete ich. »Nehmen wir weiterhin an, sie hätte unter absolutem Zwang gestanden und sei unterwegs gewesen, um die verlangten Informationen zu überbringen. Und nehmen wir auch an, die anderen seien schlimme Leute. Sie hatte das Gefühl, nicht darauf vertrauen zu können, mit der Erpressung werde nun Schluss sein. Wahrscheinlich hatte sie Angst, sie könnten den Einsatz erhöhen und noch mehr verlangen. Sie steckte bis zum Hals im Schlamassel und sah keinen Ausweg für sich. Und vor allem hatte sie schreckliche Angst vor diesen Leuten und war verzweifelt. Also hat sie den Revolver mitgenommen und vielleicht geglaubt, sich den Weg freischießen zu können. Aber sie hat ihre Chancen nicht sehr optimistisch eingeschätzt. Insgesamt war sie nicht der Meinung, diese Sache würde gut ausgehen.«
    »Und?«
    »Sie hatte etwas zu erledigen. Sie war schon fast dort. Sie hatte nie die Absicht, sich zu erschießen.«
    »Aber was war mit der Liste? Mit ihrem typischen Verhalten?«
    »Macht keinen Unterschied«, sagte ich. »Sie war zu einem Ort unterwegs, an dem jemand anders wahrscheinlich ihr Leben beenden würde – vielleicht auf andere Weise, entweder buchstäblich oder im übertragenen Sinn.«

14
     
    Jacob Mark sagte: »Das ist trotzdem keine Erklärung für die Daunenjacke.« Aber ich fand, er habe unrecht. Ich fand, die Daunenjacke sei damit ziemlich gut erklärt. Ebenso wie die Tatsache, dass sie in der Innenstadt geparkt hatte und mit der U-Bahn stadtauswärts gefahren war. Ich stellte mir vor, dass sie denjenigen, mit dem sie sich treffen sollte, damit überraschen wollte, dass sie aus unerwarteter Richtung kam: aus einem Loch in der Erde, ganz in Schwarz, auf einen Konflikt bei Nacht vorbereitet. Vielleicht war der Winterparka ihre einzige schwarze Jacke gewesen.
    Und damit war auch noch etwas anderes erklärt. Die Angst, das Gefühl eines bevorstehenden Desasters. Vielleicht war das Gemurmel ihre Methode gewesen, Bitten, Ausreden oder Argumente, vielleicht sogar Drohungen einzuüben. Möglicherweise klangen sie durch ständige Wiederholung für sie überzeugender. Glaubwürdiger. Irgendwie tröstlich.
    Jake sagte: »Sie kann nicht unterwegs gewesen sein, um irgendwas zu überbringen, weil sie nichts bei sich hatte.«
    »Sie kann etwas bei sich gehabt haben«, entgegnete ich. »In ihrem Kopf. Sie haben selbst gesagt, dass sie ein sehr gutes Gedächtnis besaß. Einheiten, Daten, Termine, was immer diese Leute brauchten.«
    Er überlegte, mit welcher Begründung er mir widersprechen könnte.
    Er fand keine.
    »Vertrauliche Informationen«, sagte er. »Dienstgeheimnisse. Jesus, ich kann’s nicht glauben!«
    »Sie ist erpresst worden, Jake.«
    »Gibt’s in einer Personalabteilung überhaupt Geheimnisse, die es wert sind, dass man sich für sie ermorden lässt?«
    Ich gab keine Antwort, weil ich es nicht wusste. Zu meiner Zeit hatte das HRC noch PERSCOM geheißen. Personnel Command, nicht Human Resources Command. Ich hatte dreizehn Jahre lang gedient, ohne auch nur einen einzigen Gedanken darauf zu verschwenden. Papierkram und Personalakten. Alle interessanten Informationen waren anderswo zu finden gewesen.
    Jake rutschte auf seinem Sitz herum. Er fuhr sich mit den Fingern durch sein ungewaschenes Haar, bedeckte die Ohren mit den

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