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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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der Tagschicht sagen, dass alles ganz harmlos geklungen hat. Und das muss es gewesen sein, denn weshalb sollte sonst jemand zur Polizei gehen?«
    »Und Jacob Mark soll das nicht erfahren dürfen?«
    »Wir brauchen noch viel mehr Einzelheiten. Und die bekommen wir leichter, wenn er nicht dort draußen unterwegs ist. Er ist zu sehr persönlich betroffen. Er ist ein Angehöriger. Er würde kreischen und schreien. Das habe ich alles schon erlebt.«
    »Wer war die betreffende Person?«
    »Sie ist aus dem Ausland kurz nach New York gekommen, um die Nachforschungen anzustellen, bei denen Susan ihr behilflich gewesen ist.«
    »Augenblick!«, sagte ich. »Nur kurz in New York? In einem Hotel?«
    »Ja«, sagte Lee.
    »Im Four Seasons?«
    »Ja.«
    »Wie heißt er?«
    »Es ist kein Er, sondern eine Sie«, sagte Lee. »Sie heißt Lila Hoth.«

30
     
    Es war schon sehr spät, aber Lee rief trotzdem an, und Lila Hoth erklärte sich, ohne zu zögern, sofort bereit, uns im Four Seasons zu empfangen. Wir fuhren in Lees neutralem Dienstwagen zum Hotel und parkten in der Ladezone am Randstein. Die Hotelhalle war prachtvoll. Überall heller Sandstein und Messing, elfenbeinweißer und gelber Marmor, die zusammen die Balance zwischen dezenter Intimität und glitzernder Modernität hielten. Lee wies am Empfang ihre Plakette vor. Die Hotelangestellte tätigte einen Anruf und zeigte uns dann, wo sich die Aufzüge befanden. Wir waren wieder zu einem der obersten Stockwerke unterwegs, und die Art, wie die junge Empfangsdame von Lila Hoth gesprochen hatte, ließ mich vermuten, sie werde nicht im kleinsten und billigsten Zimmer des Hauses residieren.
    Tatsächlich erwies Lila Hoths Zimmer sich als eine weitere Suite. Wie Sansoms Suite in North Carolina hatte sie eine zweiflüglige Tür, vor der jedoch kein Cop stand. Davor lag nur ein leerer, stiller Korridor. Hier und da standen abgegessene Tabletts auf Servierwagen für den Zimmerservice, und an einigen Türklinken hingen Frühstücksbestellungen oder Anhänger mit dem Aufdruck Do Not Disturb . Theresa Lee machte halt, überzeugte sich davon, dass wir vor der richtigen Tür standen, und klopfte an. Eine Weile geschah gar nichts. Dann öffnete sich der rechte Türflügel, und wir sahen eine Frau, die von einem sanften gelben Lichtschein in ihrem Rücken beleuchtet wurde, in der Tür stehen. Sie war mindestens sechzig, vielleicht älter, klein und stämmig, mit stahlgrauem Haar, das kurz und stufig geschnitten war. Dazu ein breites weißes Gesicht, fleischig, starr und ausdruckslos. Eine zurückhaltende, unergründliche Miene. Sie trug ein hässliches braunes Hauskleid aus dickem Kunststoffgewebe.
    Lee fragte: »Ms Hoth?«
    Die Frau senkte blinzelnd den Kopf, bewegte die Hände und gab einen vielseitig einsetzbaren Laut von sich. Die universale Geste des Nichtverstehens.
    Ich sagte: »Sie spricht kein Englisch.«
    Lee entgegnete: »Vor einer Viertelstunde hat sie noch Englisch gekonnt.«
    Der Lichtschein hinter der Frau kam von einer Tischlampe, die tief im Inneren des Raums brannte. Er verdunkelte sich kurz, als eine Gestalt auf dem Weg zur Tür an der Lampe vorbeiging. Eine weitere Frau. Aber viel jünger. Schätzungsweise Mitte zwanzig. Sehr elegant. Und strahlend schön. Eine ausgefallene, exotische Schönheit. Wie ein Model. Sie lächelte etwas schüchtern und sagte: »Vor einer Viertelstunde habe ich englisch gesprochen. Ich bin Lila Hoth. Dies ist meine Mutter.«
    Sie bückte sich leicht und sprach sehr schnell in einer fremden Sprache, osteuropäisch, halblaut, mehr oder weniger direkt ins Ohr der älteren Frau. Erklärung, Kontext, Einbeziehung. Die Miene ihrer Mutter hellte sich auf, und sie lächelte sogar. Lee und ich stellten uns vor. Lila Hoth sprach für ihre Mutter. Sie sagte, ihr Name sei Swetlana Hoth. Wir schüttelten uns alle ziemlich förmlich die Hände, wobei wir darauf achteten, das nicht über Kreuz zu tun.
    Lila Hoth sah hinreißend aus. Und sehr natürlich. Sie ließ die junge Frau, die ich im Zug nach New York bewundert hatte, vergleichsweise künstlich wirken. Sie war groß, aber nicht allzu groß, und schlank, aber nicht allzu schlank. Ihr dunkler Teint wirkte wie perfekte Sonnenbräune. Sie hatte lange schwarze Haare. Kein Make-up. Große, intensive Augen im tiefsten Blau, das ich je gesehen hatte. Als ob sie von innen heraus leuchteten. Sie bewegte sich mit einer Art graziöser Zurückhaltung. Mal wirkte sie jung und knabenhaft, dann wieder selbstbewusst und ganz

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