Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
behandelt und poliert worden war, dass er wie Metall aussah. Ich blätterte im Menü, fand aber außer meinem Bild kein weiteres Foto. Es war ziemlich gut geworden. Die Querstraße westlich der Eighth Avenue, die helle Morgensonne, ich in der Bewegung erstarrt, als ich mich umdrehte, weil jemand meinen Namen gerufen hatte. Von Kopf bis Fuß jede Menge Einzelheiten. Die Aufnahme musste mehrere Megapixel groß sein. Ich konnte meine Gesichtszüge deutlich erkennen. Und ich fand mich ziemlich gut aussehend, wenn man bedachte, dass ich nachts kaum geschlafen hatte. Mit auf dem Foto waren Autos und ein Dutzend Passanten, die einen Vergleichsmaßstab lieferten. Meine Haltung war genau so, wie ich sie aus dem Spiegel kannte. Sehr charakteristisch.
Sie hatten mich echt drangekriegt, fotografisch.
Das stand fest.
Ich ging zum Verzeichnis der angerufenen Nummern zurück und stellte fest, dass keine Gesprächsdaten gespeichert waren. Dann kontrollierte ich die eingegangenen Gespräche und fand nur drei, alle innerhalb der letzten drei Stunden, alle von derselben Nummer. Ich vermutete, der Überwacher hätte diese Informationen regelmäßig löschen sollen – vielleicht nach jedem Anruf –, war aber vor ungefähr drei Stunden nachlässig geworden, was sehr gut mit seinem Verhalten und seiner Reaktionszeit übereinstimmte. Ich tippte darauf, dass diese Kontrollanrufe von einer Art Organisator oder Dispatcher gekommen waren. Vielleicht sogar von dem großen Boss persönlich. Wäre die angezeigte Nummer eine Handynummer gewesen, hätte ich nichts mit ihr anfangen können. Überhaupt nichts. Handys können überall sein. Das ist schließlich der Witz von Mobiltelefonen.
Aber es war keine Handynummer, sondern eine Nummer, die mit 212 begann.
Eine Festnetznummer in Manhattan.
Zu der ein fester Standort gehörte. Das liegt in der Natur des Festnetzes.
Die beste Methode, den zu einer Telefonnummer gehörenden Teilnehmer aufzuspüren, hängt davon ab, wie weit oben man auf der Rangliste steht. Cops und Privatdetektive können die Funktion Reverssuche nutzen. Gibt man eine Nummer ein, bekommt man einen Namen, eine Adresse. Das FBI kann auf alle möglichen spezialisierten Datenbanken zurückgreifen. Ähnlich wie die Reverssuche, aber viel teurer. Die CIA ist vermutlich Besitzerin der Netzbetreiber.
Ich verfügte über nichts dergleichen. Deshalb benutze ich keine dieser Hightechmethoden.
Ich rufe die Nummer an und warte ab, wer sich meldet.
Ich drückte auf den grünen Knopf, und der Bildschirm zeigte mir die Nummer an. Als ich ihn nochmals drückte, begann das Handy zu wählen. Ich hörte ein Klingeln. Es brach ziemlich bald ab, und eine Frauenstimme sagte: »Hier ist das Four Seasons, was kann ich für Sie tun?«
Ich fragte: »Das Hotel?«
»Ja, und mit wem darf ich Sie verbinden?«
Ich sagte: »Entschuldigung, ich habe mich verwählt.«
Ich trennte die Verbindung.
Das Hotel Four Seasons. Ich kannte es von außen, hatte es aber nie betreten. Es lag jenseits meiner finanziellen Möglichkeiten. Es befand sich in der 57th Street zwischen Madison Avenue und Park Avenue. In meinem aus achtundsechzig Straßenblocks bestehenden Quadrat – etwas westlich und ziemlich weit nördlich seiner geografischen Mitte. Aber leicht zu Fuß zu erreichen, wenn jemand in der 59th Street aus dem 6 Train stieg. Hunderte von Zimmern, Hunderte von Telefonnebenstellen, die alle nur über die Vermittlung zu erreichen waren und alle die Rufnummerkennung des Hotels hatten.
Hilfreich, aber nicht sehr.
Ich überlegte kurz, dann sah ich mich sehr gründlich um, machte kehrt und ging in Richtung 14. Polizeirevier zurück.
Ich hatte keine Ahnung, wann eine New Yorker Kriminalbeamtin zur Nachtschicht kommen würde, aber ich vermutete, dass Theresa Lee in spätestens einer Stunde aufkreuzen würde. Also würde ich mich so lange in den Warteraum im Erdgeschoss setzen. Wen ich dort nicht anzutreffen erwartete, war Jacob Mark. Er hockte auf einem Stuhl an der Wand und trommelte mit den Fingern auf seinen Knien. In seiner Miene las ich keinerlei Überraschung, als er zu mir aufsah und sagte: »Peter ist nicht zum Training gekommen.«
29
Gleich dort im Warteraum des 14. Polizeireviers redete Jacob Mark etwa fünf Minuten lang mit der Weitschweifigkeit, aus der wahre Besorgnis spricht, auf mich ein. Er sagte, der Trainerstab des USC -Footballteams habe drei Stunden gewartet und dann Peters Vater angerufen, der sich wiederum telefonisch mit ihm in
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