Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Statistisch gesehen führt ihre Arbeit größtenteils zu nichts. Lee und ich gingen zu ihnen, und Jake sagte: »Peter hat seinen Trainer angerufen.«
Ich fragte: »Wann?«
»Vor zwei Stunden. Der Trainer hat Molina angerufen, und der hat mich angerufen.«
»Wo steckt er also?«
»Das hat er nicht gesagt. Er musste auf den Anrufbeantworter sprechen. Sein Trainer geht beim Abendessen nie ans Telefon. Familienzeit.«
»Aber mit Peter ist alles in Ordnung?«
»Er hat gesagt, dass er nicht so bald zurückkommt. Vielleicht nie mehr. Er überlegt, ob er mit dem Football aufhören soll. Im Hintergrund hat ein Mädchen gekichert.«
Docherty sagte: »Muss ein tolles Weib sein.«
Ich fragte Jake: »Sind Sie damit zufrieden?«
Jake antwortete: »Teufel, nein. Aber das ist sein Leben. Und er wird schon wieder zur Vernunft kommen. Die Frage ist nur, wann.«
»Halten Sie diese Nachricht für glaubwürdig, meine ich.«
»Der Trainer kennt seine Stimme vermutlich besser als ich.«
»Hat jemand versucht, ihn zurückzurufen?«
»Jeder von uns. Aber sein Handy ist wieder ausgeschaltet.«
Theresa Lee fragte Jake: »Dann sind wir also zufrieden?«
»Ich denke schon.«
»Fühlen Sie sich besser?«
»Erleichtert.«
»Darf ich Sie etwas anderes fragen?«
»Schießen Sie los.«
»War Ihre Schwester ein Adoptivkind?«
Jake schwieg einen Moment, musste erst umschalten. Nickte dann. »Wir sind beide als Babys adoptiert worden. Einzeln, mit drei Jahren Abstand. Susan zuerst. Wieso?«
Lee sagte: »Das dient nur zur Bestätigung neuer Informationen, die ich erhalten habe.«
»Was für neue Informationen?«
»Susan scheint nach New York gekommen zu sein, um hier eine Freundin zu treffen.«
»Welche Freundin?«
»Eine Ukrainerin namens Lila Hoth.«
Jake sah mich an. »Die haben Sie schon mal erwähnt. Von Susan habe ich diesen Namen nie gehört.«
Lee fragte ihn: »Wäre das zu erwarten gewesen? Wie nahe standen Sie sich? Dies scheint eine relativ junge Freundschaft gewesen zu sein.«
»Unser Kontakt war nicht sehr eng.«
»Wann haben Sie zuletzt mit ihr gesprochen?«
»Vor ein paar Monaten, glaube ich.«
»Dann sind Sie also nicht völlig auf dem Laufenden, was Freundschaften und dergleichen betrifft.«
Jake sagte: »Wohl eher nicht.«
Lee fragte: »Wie viele Leute haben gewusst, dass Susan adoptiert war?«
»Sie hat keine Reklame damit gemacht, denke ich. Aber es war auch kein Geheimnis.«
»Wie schnell könnte eine neue Freundin das rauskriegen?«
»Bestimmt ziemlich schnell. Freundinnen tratschen über solches Zeug.«
»Wie würden Sie Susans Verhältnis zu ihrem Sohn beschreiben?«
»Was für eine Art Frage ist das?«
»Eine wichtige.«
Jake zögerte. Er presste die Lippen zusammen und wandte sich sogar ein wenig ab, als wollte er diesem Thema buchstäblich ausweichen. Als duckte er sich unter einem Schlag weg. Vielleicht weil er öffentlich keine schmutzige Wäsche waschen wollte. In diesem Fall wäre allein seine Körpersprache Antwort genug gewesen. Aber Theresa Lee wollte sie von ihm selbst hören. Sie sagte: »Reden Sie mit mir, Jake. Von Cop zu Cop. Dies ist eine Sache, die ich wissen muss.«
Er schwieg noch einen Augenblick, dann zuckte er mit den Schultern und sagte: »Man könnte es eine Liebe-Hass-Beziehung nennen, schätze ich.«
»In welcher Hinsicht genau?«
»Susan hat Peter geliebt, Peter hat sie gehasst.«
»Weshalb?«
Weiteres Zögern. Noch mal ein Schulterzucken. »Das ist kompliziert.«
»Wie?«
»Wie die meisten Jugendlichen hat Peter eine schwierige Phase durchgemacht. Wie Mädchen, die lange verschollene Prinzessinnen sein wollten, oder wie Jungen sich wünschen, ihre Großväter wären Admirale oder Generale oder berühmte Forscher gewesen. Irgendwann wünscht sich wohl jeder, etwas zu sein, das er nicht ist. Peter wollte im Prinzip in einer Ralph-Lauren-Anzeige leben. Er wollte Peter Molina der Vierte oder wenigstens der Dritte sein. Seinem Vater sollte ein Landsitz in Kennebunkport gehören, seine Mutter sollte reich geerbt haben. Damit ist Susan nicht gut klargekommen. Sie war die Tochter einer drogensüchtigen Nutte aus Baltimore und hat daraus kein Geheimnis gemacht. Ihrer Meinung nach war Ehrlichkeit die beste Politik. Damit ist wiederum Peter nicht klargekommen. Das haben sie nie überwunden, und dann kam die Scheidung, und Peter hat sich für seinen Vater entschieden, und darüber sind beide nie hinweggekommen.«
»Welches Gefühl hatten Sie dabei?«
»Ich hatte
Weitere Kostenlose Bücher