Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
hier. Er machte den Eindruck, als hätte er einst als Teekenner in irgendeinem dunkel getäfelten Café in Wien oder Salzburg gearbeitet. In Wirklichkeit war er vermutlich in Estland arbeitslos gewesen. Vielleicht war er auch mit dem Rest von Swetlanas Generation eingezogen worden und hatte den Winter im Korengaltal mit ihr durchlitten – irgendwo in einem anderen Lager, in seiner nur aus Esten bestehenden Einheit. Er machte viel Tamtam darum, den Tee einzuschenken und die Zitronenscheiben auf einem Teller zu arrangieren. Mein Kaffee wurde in einer hübschen Tasse serviert. Er stellte ihn mir mit elegant getarnter Verachtung hin. Als er wieder gegangen war, sagte Lila: »Meine Mutter hat sich ausgerechnet, dass der Überfall von einem Hauptmann angeführt worden sein musste. Ein Oberleutnant wäre zu wenig, ein Major zu viel gewesen. Der KGB hatte Personallisten. Damals gab es in der Delta Force viele Hauptleute. Aber der Funkverkehr war mitgehört worden. Jemand hatte den Namen John verstanden. So war das Feld eingeengt.«
    Ich nickte. Stellte mir irgendwo – vielleicht in Armenien oder Aserbaidschan – eine riesige Antennenschüssel und eine Hütte vor, in der ein Kerl mit aufgesetzten Kopfhörern hockte, Frequenzen absuchte, das Wimmern und Heulen verschlüsselter Frequenzen hörte, einen im Klartext gesprochenen Satz aufschnappte und das Wort John in seine Kladde aus grobem braunem Papier schrieb. Vieles von dem, was aus dem Äther kommt, wird aufgezeichnet. Das meiste ist wertlos. Ein Wort, das man versteht, ist wie ein Nugget in der Goldwäscherpfanne, wie ein Diamant in einer Felsschicht. Und ein Wort, das sie verstehen, ist wie eine Kugel in den Rücken.
    Lisa sagte: »Meine Mutter hat auch die Auszeichnungen der US Army gekannt, weil sie als wichtiges Kriterium bei der Einteilung von Kriegsgefangenen galten. Sie wusste, dass ein erbeutetes AS VAL dem Führer der Abteilung einen Orden einbringen würde. Aber welche Auszeichnung? Sie müssen bedenken, dass es keine offiziellen Kriegshandlungen gab. Und die meisten Ihrer Auszeichnungen erfordern Tapferkeit oder Heldentum im Kampf gegen einen bewaffneten Feind der Vereinigten Staaten. Theoretisch kam jemand, der das Scharfschützengewehr meines Vaters gestohlen hatte, für keinen dieser Orden infrage, weil die Sowjetunion offiziell kein Feind der Vereinigten Staaten war. Nicht im militärischen Sinn. Offiziell nicht einmal politisch. Es hatte keine Kriegserklärung gegeben.«
    Ich nickte nochmals. Wir hatten niemals Krieg gegen die Sowjetunion geführt, sondern waren im Gegenteil vier lange Jahre im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind Verbündete gewesen. Wir hatten den Russen Unmengen von Kriegsmaterial geliefert. Sehr wahrscheinlich war auch der Soldatenmantel aus dem Zweiten Weltkrieg, unter dem Lila Hoth gezeugt worden sein wollte, im Rahmen des Leih-und-Pachtprogramms in Amerika hergestellt worden. Wir hatten den Russen hundert Millionen Tonnen Woll- und Baumwollzeug geliefert. Dazu fünfzehn Millionen Armeestiefel, vier Millionen Reifen, zweitausend Lokomotiven und elftausend Güterwagen sowie Kriegsmaterial wie fünfzehntausend Flugzeuge, siebentausend Panzer, dreihundertfünfundsiebzigtausend Lastwagen, fünfzigtausend Jeeps und achttausend Geschütze. Alles gratis und franko. Winston Churchill hatte dieses Programm als das am wenigsten schmutzige der Weltgeschichte bezeichnet. Legenden umrankten es. Angeblich hatten die Sowjets auch Kondome angefordert – fünfundzwanzig Zentimeter lange, um die Amerikaner zu beeindrucken und einzuschüchtern. Die USA lieferten sie auch prompt, in Kartons mit dem Aufdruck Größe: Medium.
    So wurde jedenfalls erzählt.
    Lila fragte: »Hören Sie noch zu?«
    Ich nickte. »Die Superior Service Medal wäre geeignet gewesen. Auch die Legion of Merit oder die Soldier’s Medal.«
    »Nicht hoch genug.«
    »Danke. Ich habe mir alle drei verdient.«
    »Die Erbeutung des VAL stellte einen großen Coup dar. Eine Sensation. Dieses Gewehr war eine völlig unbekannte Waffe. Sein Beschaffer wäre mit einem wirklich hohen Orden belohnt worden.«
    »Aber mit welchem?«
    »Meine Mutter ist zu dem Schluss gelangt, dafür müsse es die Distinguished Service Medal gegeben haben. Ein hoher Orden, anders als die anderen. Verliehen wird er für eine in verantwortlicher Position geleistete, außergewöhnlich verdienstvolle Tätigkeit für die US -Regierung. Diese Auszeichnung wird unabhängig von offiziell erklärten Kriegshandlungen

Weitere Kostenlose Bücher