Underground
unser Sisiutl-Theorie. Und auch der Geist meinte, es wäre Sistu.«
Ich nickte zustimmend. »Wohl wahr. Das hat das Mädchen gesagt.«
Fish fielen vor Schreck fast die Augen aus dem Kopf, als Quinton den Geist erwähnte. Für einen Moment befürchtete ich, dass er hysterisch werden würde.
»Ein Geist hat Ihnen von Sisiutl erzählt? Sie haben mich angerufen, weil Ihnen ein Geist von ihm erzählt hat?«, fragte er fassungslos.
»Nein. Ich habe angerufen, weil mir eine Indianerin erzählt hat, dass es ein Monster gibt, das früher einmal Menschen verschlungen hat. Diese Indianerin war zufälligerweise ein Geist, und ich musste schon öfter feststellen, dass Geister keine zuverlässigen Quellen sind. Sie erzählen recht häufig Lügen. Deshalb wollte ich einen lebenden Indianer fragen, was es mit diesem Sistu – wie sie ihn genannt
hat – auf sich hat und wozu er fähig war. Nur deshalb habe ich Sie angerufen, Fish.«
»Sie wollte das Monster nicht bei seinem richtigen Namen nennen, weil sie wahrscheinlich befürchtet hat, dass er sie hören könnte!«, rief Fish, der auf einmal panisch wirkte. »Haben Sie denn nicht gehört, was Grandma Ella gesagt hat? Wenn man ihn beim falschen Namen nennt, kommt er nicht. Aber wenn man den richtigen Namen sagt …«
Ich warf zuerst ihm und dann Quinton im Rückspiegel einen hastigen Blick zu. »Vielleicht sollten wir den Namen dann lieber nicht mehr benutzen.«
Jeder von uns begann nun, sich nervös umzusehen. Die ganze Fahrt über sahen wir immer wieder aus dem Fenster – alle plötzlich von der Angst erfüllt, unseren eigenen Tod herbeigelockt zu haben.
VIERZEHN
D ie Sonne war schon lange untergegangen, als wir Seattle erreichten. Der Asphalt wirkte glatter als zuvor. Keiner sprach mehr ein Wort, bis wir den Rand des Universitätsgeländes erreichten. Im kalten Licht der Straßenlaternen erschien die Straße wie ein Tunnel durch ein geheimnisvolles Land.
Als ich Fish vor seiner Haustür absetzte, schien er sich wieder etwas beruhigt zu haben. Aber er war offensichtlich noch immer damit beschäftigt, die Schläge zu verdauen, die sein bisheriges Weltbild an diesem Tag abbekommen hatte. Eine weitere Sicht auf die Realität, die ich aus dem Gleichgewicht gebracht hatte … Ich konnte nur hoffen, dass Fish besser damit umgehen konnte als Will. Wieder einmal dachte ich wehmütig an meine zerbrochene Beziehung, während ich schweigend weiterfuhr.
Quinton hatte sich neben mich auf den Beifahrersitz gesetzt, schien aber auch in Gedanken versunken zu sein.
»Was meinst du?«, fragte ich nach einer Weile.
»In welcher Hinsicht?«
»Was dieses Monster betrifft.«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Verstehe. Und was ist mit den Besuchern, die mich heute
Morgen beehrt haben? Glaubst du, wir sind noch immer nicht auf ihrem Radarschirm?«
»Der Rover jedenfalls nicht. Was dein Büro und deine Wohnung betrifft, weiß ich das nicht. Das hängt davon ab, ob sie glauben, dass du etwas vor ihnen verheimlichst, und ob sie die Möglichkeit haben, etwas dagegen zu unternehmen. Ich glaube aber, sowohl ihre Zeit als auch ihre Ressourcen dürften ziemlich beschränkt sein.«
»Woher willst du das wissen? Fern Laguire hat eher den Eindruck vermittelt, als ob sie alles daransetzen würde, dich zu finden.«
»Vielleicht will sie das«, stimmte Quinton ernst zu. »Aber ich glaube kaum, dass die NSA bereit ist, sonderlich viel Geld in den Fall zu stecken. Du kannst mir glauben – es sind vor allem Fern Laguire und ihre wenigen Helfershelfer, die hinter uns her sind. Sie hat offenbar das Bedürfnis, als Siegerin aus diesem Kampf hervorzugehen. Bisher hat sie jedenfalls kläglich versagt. Man will ihr wohl noch eine Chance geben, aber das war es dann auch.«
»Was ist eigentlich zwischen dir und Fern Laguire vorgefallen … J. J.?«
Er drehte sich zu mir um und sah mich an. »Ich möchte gerade nicht darüber sprechen.«
»Das ist ja mal eine Abwechslung. Normalerweise bin immer ich diejenige, die man beschuldigt, so verschlossen zu sein. Von dir kenne …«
»Ich bin nicht dein verdammter Idiot von einem Freund!«, unterbrach mich Quinton gereizt.
Ich fuhr den Wagen schnurstracks in die nächste Lücke, die sich zufälligerweise auf dem Parkplatz des Group-Health-Krankenhauses befand. Ohne nachzudenken bremste ich, zog die Handbremse an und drehte mich zu
Quinton, um ihn anzubrüllen. Man kann nicht behaupten, dass ich zurückhaltend bin, wenn mich die Wut einmal gepackt hat.
»Es geht
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