Underground
Angst angesteckt und begann, eine nervöse Frage nach der anderen zu stellen.
Ich konzentrierte mich darauf, so schnell wie möglich durch den Nebel zu rasen, der aus dem eisigen Wasser der Seen und des Kanals stieg. Währenddessen schickte ich Stoßgebete gen Himmel und hoffte, dass uns die Götter gnädig waren und wir keinen weiteren Toten finden mussten.
»Was ist los?«, wollte Ben wissen. »Wen verfolgen wir eigentlich?«
»Lassiter«, erwiderte ich. »Er gehört zu den Obdachlosen, und offenbar folgt ihm das Monster wie ein treuer Hund. Außerdem hat er Quinton und mich letzte Nacht in Sistus Höhle geschickt. Keiner von uns hat etwas von dem Eingang gewusst, den er uns genannt hat – und wir dachten, dass wir Pioneer Square in- und auswendig kennen.« Ich schüttelte fassungslos den Kopf.
»Welchen Eingang?«
»Zu den Toiletten unter dem Pioneer Square.« Ich warf Quinton einen Blick zu. »Diesen Ort hat auch der Wiedergänger
auf der Tour gemeint, als er sagte, dass ich den Tod finden soll, wo es kein Licht und keine Ruhe gibt. Und zwar zwischen den Gezeiten, in einem Tümpel, der kein Tümpel ist. Es ist doch ziemlich unwahrscheinlich, dass Lass einen Zugang kennt, der dir nicht bekannt war. Schließlich war er es, der zu dir kam, weil er sich vor Monstern gefürchtet hat. Das Loch in die Toiletten hinunter war gut getarnt, und es gab keinerlei Hinweise darauf, dass jemand diesen Teil des Untergrunds betreten hat. Falls der paranoide Lass etwas von einem solchen Versteck wusste, hätte er doch bestimmt dort übernachtet anstatt den Zorn von Tanker und Bella auf sich zu ziehen, wenn er im Ziegelbruch schläft.«
»Und wie soll er Sistu unter seine Kontrolle gebracht haben?«, wollte nun auch Fish wissen. »Man muss ihm schließlich ein Geschenk überreichen und nicht nur einen Gefallen erweisen.«
»Ein Geschenk? Was für ein Geschenk?«, hakte ich überrascht nach.
»Ein Pfand von Qamaits, um Sistu zu zeigen, dass sie es gutheißt, ihn für eine Weile auszuleihen.«
»Nun … wenn Sistu ihm wie ein Hund folgt, hat Qamaits ihm vielleicht seine Leine überlassen. Irgendeine Art von Leine muss er ja haben. Nur so kann man diese Monster in Schach halten«, erklärte Ben.
»Und wieso sollte Lass dann noch den Elektroschocker brauchen, wenn er schon die Leine des Monsters besitzt?«, gab Quinton zu bedenken.
»Falls er kein Lushootseed spricht, weiß er vielleicht nicht, was ihm die Riesin gegeben hat. Vielleicht hat er zuerst auch gar nicht verstanden, dass Sistu ihm nichts tun will«, warf Fish ein.
Quinton nickte nachdenklich. »Es würde mich sehr wundern, wenn Lass Lushootseed verstünde.«
»Dann würde er also auch nicht begreifen, dass das Monster ein Geschenk ist und nicht etwas, das ihn verfolgt, um ihn zu töten.«
»Vermutlich nicht. Aber der Elektroschocker würde bei dieser Art von Ungeheuer auch nichts bewirken. Warum sollte er mich also darum bitten?«
Als wir in der Nähe des ozeanographischen Instituts um die Ecke bogen, meinte ich: »Wenn man Lassiters hysterisches Verhalten in Betracht zieht, kann ich mir durchaus vorstellen, dass er glaubt, ein Elektroschocker könnte helfen. Wahrscheinlich hat er einfach nicht verstanden, wie Sistu funktioniert. Vielleicht hat er angenommen, dass er alles frisst, was ihm über den Weg läuft, und nur ihn aus irgendeinem Grund noch nicht angegriffen hat.«
»Inzwischen scheint er das Ganze aber zu kapieren«, sagte Quinton angewidert. »Er führt das Monster direkt zu Tanker und Bella, die er beide hasst. Wenn er die Möglichkeit hat, wird er versuchen, ihnen Schaden zuzufügen.«
»Das glaube ich auch. Die Toten, von denen wir wissen, sind Lassiters Opfer. Sistu hat sie für ihn umgebracht. Die Verschwundenen sind wahrscheinlich einfach nur Sistus Hunger zum Opfer gefallen. Der Legende nach muss man das Monster schließlich füttern, oder die Götter werden wütend«, meinte ich.
»Der Legende nach darf man die Geschenke der Götter auch nicht missbrauchen«, fügte Fish hinzu, während ich den Wagen parkte. »Qamaits ist zwar keine Göttin, aber sie hat einem Menschen einen Wächter der Götter ausgeliehen. Bis vor ein paar Tagen hätte ich das Ganze noch nicht für möglich gehalten, aber … aber allmählich ändere
ich meine Meinung. Diese Geschichten sind sehr genau, was die Einzelheiten betrifft. Vielleicht muss dieser Lassiter also durchaus den Göttern Rede und Antwort stehen, wenn er sich nicht an ihre Vorschriften hält.«
Die
Weitere Kostenlose Bücher