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Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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uns um. Doch zu unserer Erleichterung stellten wir fest, dass die Straße menschenleer war. Außer dem unwirklichen Grau, das hier besonders stark waberte, war nichts zu sehen.
    Quinton nickte. »Okay, gehen wir weiter. Hier ist es zu kalt, um lange herumzustehen.«
    Wir gingen in die Richtung, in der mein Büro lag. Ich fühlte mich etwas desorientiert – fast so, als würde etwas
fehlen, was ich jedoch nicht benennen konnte. Um diese Empfindung abzuschütteln, knüpfte ich wieder an unsere vorherige Unterhaltung an. »Also – wer ist alles verschwunden?«, wollte ich wissen.
    »Der Erste der seltsamen Toten ist ein Typ namens Hafiz. Zuerst hat ihn keiner vermisst, da ihn die meisten nicht leiden konnten. Die Frauen in Schwarz haben nicht einmal eine Mahnwache für ihn abgehalten, sondern ihn einfach nur auf ihr Flugblatt gesetzt. Daran kannst du sehen, wie unbeliebt der Kerl war.«
    »Hafiz … War er Muslim?«
    »Nicht dass ich wüsste. Darum gekümmert hat sich sowieso niemand. Geizige Vollidioten treten wohl in allen Schichten und Religionen auf. Danach wurden Chaim Jankowski und jetzt Go-Kart gefunden. Es gab noch ein paar andere Todesfälle, die aber die Folgen von Herzattacken oder einer Überdosis waren, sodass sie uns nicht weiter kümmern.«
    »Verstehe. Und wer noch?«
    »John Bear und Little Jolene, Tandy, Pranker Jhery – keine Ahnung, wie seine Eltern auf einen solchen Namen gekommen sind – und Felix.«
    Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Vielleicht gibt es noch andere, aber sicher weiß ich das nicht. Keiner von ihnen würde einfach verschwinden oder hätte überhaupt die Möglichkeit gehabt, woanders hinzugehen. Falls sie tatsächlich weggezogen wären, hätten sie bestimmt jemandem davon erzählt. Der Wohltätigkeitsverein Enhancement League versucht genau zu wissen, wer es schafft, eine Wohnung zu finden, und falls es einem tatsächlich gelingen sollte, dann erfahren wir garantiert alle davon. Von diesen fünf Verschwundenen hat aber keiner mehr etwas gehört.«

    »Dann gehst du also davon aus, dass wirklich alle Opfer von Vampiren wurden, oder was auch immer Go-Kart getötet haben mag?«
    »Ja, das nehme ich an.«
    Wir waren inzwischen vor meinem Parkhaus angekommen, und ich blieb vor der Schranke stehen. »Sandy hat davon gesprochen, dass sich in den Leichen oder Körperteilen sehr wenig Blut befunden hat. Das hat mich natürlich stutzig gemacht. Aber noch will ich mich hinsichtlich der Vampire nicht festlegen. Irgendetwas Seltsames geht hier vor. Es scheint sich um eine Serie zu handeln, und das ist ziemlich verstörend. Selbst verrückte Frauen und obdachlose Kriminelle merken es schon, auch wenn man natürlich solchen Vermutungen nur mit Vorsicht begegnen darf.«
    »Stimmt. Ich lebe zwar mit diesen Leuten und verstehe sie recht gut, aber die meisten haben wirklich eine Schraube locker.«
    »Irgendwie scheint das Verrücktsein aber auch zu einer Art von Abwehrmechanismus zu gehören.«
    »Wohl wahr.« Quinton sah mich einen Moment lang schweigend an, wobei sein Gesicht durch die breite Hutkrempe nicht gut zu erkennen war. »Du solltest besser nach Hause. Es ist zu kalt, um lange draußen zu bleiben.«
    »Du hast recht. Ich werde versuchen, einige Informationen über Go-Kart einzuholen. Vielleicht spreche ich mit dem Pathologen. Mit richtigem Namen hieß Go-Kart doch Robert Cristus – oder? Möglicherweise kann ich ja auch etwas über die Todesursache der anderen in Erfahrung bringen, sodass wir wissen, ob es sich wirklich um eine Serie oder um reinen Zufall handelt. Ich lasse es dich wissen, sobald ich etwas herausgefunden habe. Dann können wir weitersehen.«

    »Einverstanden. Dann also bis bald.«
    »Ja, bis bald.«
    Wir blieben einen Moment lang stehen und sahen einander an. Ich war erschöpft und fühlte mich wegen mehrerer Dinge ziemlich unsicher. Auch Quinton wirkte zögerlich, doch für eine Sekunde hatte ich den Eindruck, als ob er etwas sagen oder tun wollte. Nichts geschah. Ich fragte mich, ob meine Enttäuschung über Will mich dazu brachte, alle Männer als seltsame Wesen zu verdammen.
    Endlich wandte sich Quinton ab, um Richtung First Avenue zu gehen. Er hob zum Abschied eine Hand. »Also, gute Nacht, Harper.«
    »Gute Nacht«, erwiderte ich und blieb noch ein paar Sekunden lang stehen, ehe ich zu meinem Wagen ging und damit Richtung West Seattle nach Hause fuhr.
    Es fühlte sich schon wesentlich später an, als es war. Ich war müde, verwirrt und ziemlich ausgekühlt.

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