Underground
nur ein kurzes Grunzen, doch Jenny war weniger einsilbig. Ihre Stimme klang seltsam schrill. »Die Typen waren hier. Wir haben alle zusammen gefeiert, und Lass hat sich an mich rangemacht, aber dann kam der Hund um die Ecke und … wumm! Der Köter war wie ein tollwütiges Monster und hat geknurrt und gebellt, und Tanker ist voll durchgedreht. Der Hund war echt bösartig, und wir haben ihm alle gesagt, das Maul zu halten. Tanker ist natürlich ausgeflippt und hat sich zuerst auf mich und dann auf Lass gestürzt. Dann ist er davongerannt. Echtes Arschloch! Unsere Party hat ihm nicht gefallen, also ist er weg.«
Ich konnte Jenny nicht ganz folgen, welcher der Männer nun ein Arschloch war und welcher die Party verlassen oder nicht verlassen hatte. Um Bella konnte es sich wohl kaum handeln, denn der Hund war ganz offensichtlich sowieso nicht in Feierlaune gewesen.
Quinton wirkte angespannt. »Verdammt! Ich habe Lass doch gebeten, den Hund in Ruhe zu lassen.« Er wandte sich mir zu. »Habe ich ihm nicht extra gesagt, nicht in Tankers Nähe zu kommen?«
»Doch, hast du«, bestätigte ich.
»Da siehst du, dass ich recht hatte. Genau vor so etwas hatte ich Angst. Beide Männer haben gesagt, dass sie hierherkommen würden, und natürlich musste sich Lass mal wieder wie ein Irrer aufführen!«
»Hey, Mann, reg dich wieder ab«, mischte sich Jenny ein und kicherte stupide. Der Nebel im Grau um sie herum
hatte eine kränklich purpurne Farbe. »Der Hund hat schließlich angefangen.«
Quinton seufzte. »Wenn du es sagst. Dann waren Bear und Jolene also auch hier unten?«
»Nein, Dummerjan. Nur Dan, Lass und Tanker. Und der Monsterhund.«
»Und wann hat Bear dir seine Mütze gegeben?«, hakte Quinton nach.
Jenny, die eine Strickmütze auf dem Kopf trug, richtete sich auf. Für einen Moment zeigte sich in der Energie um sie herum ein rotes Glühen. Sie zog die Ohrklappen nach unten und starrte ins Feuer. »Arschloch.«
»Lass mein Mädchen in Ruhe, Q«, warnte Tall Grass. Er beugte sich über die Flammen. Für einen Moment ließ ihn das Licht, das auf sein Gesicht fiel, wie ein Monster aus einem Stummfilm aussehen. »Wir haben die Mütze hier unten gefunden – zusammen mit ein paar zerfetzten Sachen. Dort drüben.« Er zeigte in die Dunkelheit hinter meiner rechten Schulter. »Das stimmt doch, Grandpa – oder?«
Dan antwortete nicht, aber Tall Grass nahm sein Schweigen als Bestätigung. »Wir heben sie nur auf, bis Bear wiederkommt. Ich habe ihn schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen. Und Jolene auch nicht. Ziemlich viele zieht es an wärmere Orte, soweit ich weiß. Wahrscheinlich war Bear klug genug, abzuhauen.«
»Ich will euch nicht auf die Nerven fallen, Grass. Wir wollen nur ein paar Leute ausfindig machen. Es scheint ganz so, als ob dieses Jahr ziemlich viele verschwunden oder tot wären.«
»Ja, kann sein. Ist zwar traurig, aber so ist das Leben nun mal, Bruder. Die einen kommen, die anderen gehen. So wie die Typen mit dem Wagen oder die verrückte
Frau im Park. Du weißt schon, die immer über alles lacht.«
»Ja, ich weiß, wen du meinst. Sie ist doch auch Indianerin, oder?«
»Ja, gehört zu den First Nations, White Eyes.«
»Was ist denn plötzlich aus dem politisch korrekten Kanadianismus geworden? Ich dachte, du wärst ein Washington-Nisqually.«
Tall Grass versuchte hochmütig dreinzublicken, schaffte es aber nicht ganz. »Wir gehören alle zu einem Volk, Mann. Ohne Grenzen. Es sind deine Leute, die alles trennen wollen, Länder schaffen, Territorien abstecken, Reservate anlegen und all das.«
Quinton ließ sich auf keine Diskussion ein. »Ich habe mich nur gefragt, ob sie zu einem Stamm hier aus der Gegend gehört. Ich habe sie nämlich seit Thanksgiving nicht mehr gesehen.«
»Ich glaube, sie ist eine Kwakiutl. Die haben einen recht eigentümlichen Akzent – so wie die aus dem Bella Coola Valley. Du weißt schon, das Reservat in Kanada«, fügte Tall Grass hochmütig hinzu.
»Hey, Mann – ihr bringt mich voll runter«, jammerte Jenny. Sie holte eine Flasche mit brauner Flüssigkeit aus einer Tüte und wedelte damit in der Luft herum. »Setzt euch doch und trinkt was. Und hört endlich auf, hier rumzustehen. Oder verzieht euch.«
»Einverstanden.« Quinton hockte sich vor das brennende Feuer und streckte die Hand aus.
Jenny beugte sich nach vorn und reichte ihm mit zittriger Hand die Flasche. »So ist es besser.« Sie tätschelte seine Finger. »Du wirst schnell locker. Hey … wie wäre
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