Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
alten Mann im Stich gelassen zu werden. Die Atmosphäre hier unten war ziemlich unheimlich. Vielleicht war es die Umgebung, die mich besonders beunruhigte. Der unterirdische Ort, wo schon seit langer Zeit keine Sonne hingekommen war und der vor allem aus Erinnerungsfetzen und übereinandergeschichteten Zeitzonen bestand, hatte eine unwirkliche Ausstrahlung. Hier hatte ich das Gefühl, dass uns jeden Augenblick etwas Schreckliches, Unerklärliches zustoßen konnte.
    »Also«, sagte ich leise zu Quinton. »Meiner Meinung nach wirken die Leute da drüben nicht so bedrohlich, wie Blue Jay behauptet. Ich rede oft mit Geistern, das muss nichts bedeuten. Kennst du einen von ihnen?«
    Quinton zeigte auf die einzelnen Personen und erklärte mir, was er von ihnen wusste, wobei seine Stimme ein wenig abschätzig klang. »Die Frau ist Jennifer Novoy oder auch Jenny Nin genannt. Eine Möchtegern-Grunge-Rockerin.
Nimmt Drogen und ist aus dem normalen Sozialgefüge herausgefallen. Lebt jetzt in unserer Welt. Sie geht für Drogen, Alkohol oder sonst was auf den Strich. Wahrscheinlich ist sie auch deshalb mit Tall Grass hier unten. Der Kerl macht nur Probleme und kann recht hinterhältig sein. In die meisten Obdachlosenheime darf er nicht mehr rein, weil er schon überall beim Stehlen, Dealen und irgendwelchen schmutzigen Geschäften mit Kids erwischt wurde. Bei der Polizei ist er unter dem Namen Thomas Newman bekannt. Er ist Angehöriger eines örtlich ansässigen Stammes, den Nisqually. Allerdings nur von Seiten seiner Mutter. Wenn es ihm in den Kram passt, macht er ein großes Tamtam daraus, sich als Opfer zu stilisieren. Von den Leuten hier unten ist er am politischsten, wobei er auch das vor allem für seine eigenen Zwecke nutzt.«
    Als Quinton fortfuhr, klang er wieder sachlicher. »Über den anderen Mann – Grandpa Dan – weiß ich nicht viel, außer dass er älter ist als der Schmutz hier unten und vor allem bei den Indianern starke Gefühle hervorruft. Entweder lieben sie ihn oder sie hassen ihn.«
    »Woher weißt du das alles? Vieles klingt ja nicht gerade danach, als würde man das freiwillig an die große Glocke hängen.«
    Quinton zuckte mit den Achseln. »Einige von ihnen habe ich im Laufe der Zeit besser kennengelernt, oder ich schaue mir ihre Akten an. Ich bin ein recht guter Schnüffler, wenn es sein muss. Und ich will immer wissen, mit wem ich es zu tun habe beziehungsweise was die Leute so im Schilde führen. Einige der Typen kenne ich wahrscheinlich besser als ihre eigenen Eltern – auch wenn mir das, ehrlich gesagt, nicht immer behagt.«
    Ich kannte dieses Gefühl. Natürlich gehörte es zu meinem
Beruf, in den schmutzigen Geheimnissen anderer herumzuschnüffeln. Aber genau das waren sie auch – schmutzig. Jeder in meiner Branche rechtfertigte sich für seine Arbeit, und manche weigerten sich einfach, bestimmte Grenzen zu überschreiten. Es gab immer wieder Zeiten, in denen es nicht genügend Seife und heißes Wasser zu geben schien, um sich den Schmutz abzuwaschen, mit dem man zu tun hatte.
    Ich holte tief Luft. Dann sah ich Quinton an. »Los. Finden wir heraus, was sie über John Bear wissen«, sagte ich. »Und über die anderen.«
    Wir näherten uns der Gruppe um das Feuer. Ein Knoten aus wilder Energie schwebte in der Luft über den drei Gestalten, und ein Geruch nach verbranntem Holz und Haschisch mit einer Prise Rost und Schimmel schlug uns entgegen. Die Auren um Tall Grass und Jenny verliefen ineinander. Sie waren schwarz, blau und grün und glichen einer Hautprellung, während die Aura von Grandpa Dan eher an einen reflektierenden Silbernebel erinnerte, aus dem auch die Geister bestanden, die sich immer wieder kurz in seiner Nähe aufhielten.
    Tall Grass bemerkte uns als Erster. Er richtete seine Augen auf uns, und auch Jenny Nins Blick fiel in unsere Richtung. Dan, der wettergegerbt und doch grau aussah, trat aus dem Licht und beäugte uns misstrauisch.
    »Ach – der große Quinn«, grüßte Tall Grass.
    »Du klingst nicht gerade erfreut.«
    »Ich zeige es nur nicht.« Er legte den Arm um Jenny und zog sie besitzergreifend an sich. Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. Das schwache Feuer, das sie in einem großen Metalleimer entzündet hatten, warf ein goldenes Licht auf Jennys leer wirkende braune Augen. Ich
war mir sicher, dass sich in ihrem Blut mehr als nur Haschisch befand.
    »Wir suchen nach John Bear und Little Jolene und nach Lass oder Tanker. Habt ihr die gesehen?«
    Dans Antwort war

Weitere Kostenlose Bücher