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Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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geworfen waren, auf ihre Zeichnung auf den Boden und blieb dann für einen Moment flüsternd daneben stehen. Ich verließ das Wohnzimmer und ging die melodisch knarzende Treppe hinauf. Oben konnte ich ein leises Murmeln aus dem mittleren Zimmer hören. Da ich annahm, dass es wohl Brians Zimmer war, klopfte ich leise an die Tür.
    Dann trat ich ein. Der Raum sah aus wie ein Märchenland nach einer Explosion. Spielzeug, Bücher und Klamotten lagen überall herum. Die Wände waren in hellem Blau, Grün und Violett gestrichen, und dazwischen hatte jemand Bäume und eine Landschaft gemalt. Winzige Gesichter schielten aus Ecken hervor oder verbargen sich in dem Gras der grünen Felder.
    An der Wand entdeckte ich auch ein weniger freundliches Gesicht, das mich über Bens Schulter hinweg finster anblickte: Albert. Ich achtete nicht auf ihn, sondern sah mich weiter im Zimmer um. Eine fröhliche Keramiksonne mit Strahlen aus Kupfer hing über dem Kinderbett, in dem Brian kichernd lag. Ben war gerade dabei, ihm eine Geschichte aus einem großen, in Leder gebundenen Buch vorzulesen. Der Junge blickte zur Tür und lachte, als er mich sah. »Hapa!«
    Ich hatte keine Ahnung, warum Brian mich mochte, nahm aber an, dass seine Tendenz, sich auf mich zu werfen und zu kreischen, dieser Zuneigung Ausdruck verleihen sollte. Zumindest behaupteten das seine Eltern. Ich bin kein großer Fan von Kindern, doch trotz des lauten Gebrülls und der ständigen Kopfattacken nahm meine Zuneigung
für Brian allmählich zu. Ich konnte es mir auch nicht ganz erklären.
    »Hi, Harper. Komm und hilf uns, eine Geschichte zu lesen«, begrüßte mich Ben. Seine schwarzen Locken standen wie so oft wild von seinem Kopf ab. Je länger er sich mit Brian beschäftigte, desto wilder sahen seine Haare aus.
    Ich trat zum Kinderbett und begrüßte Brian. »Hallo, Nashornjunge.«
    Brian streckte mir die Zunge raus und prustete verächtlich. »Kein Nashorn.«
    Ich zog fragend die Augenbrauen hoch und sah dann Ben an. Er seufzte. »Tiere sind so was von out. Momentan sind wir gerade der mutige Prinz von Russland – dank Baba Irina, meiner Mutter.«
    Brian plapperte etwas, das ich nicht verstand, und Ben übersetzte. »Seine Hoheit möchte die Wolfshunde holen. Kein Wunder, dass man dieses Alter als die schrecklichen Zwei bezeichnet.«
    »Weil er Brian der Schreckliche geworden ist?«, gab ich zurück.
    Ben rollte mit den Augen. »Kann man so sagen. Und ich dachte schon, dass mein Freisemester ohne aufstrebende Linguisten eine Erholung für mich sein würde. Ich muss schon bald wieder Seminare halten, aber zum Glück bleibt die Universität wegen der Kälte ja noch eine Weile geschlossen.«
    Brian gab einen russisch klingenden Laut von sich und zeigte auf das große Buch in den Händen seines Vaters.
    »Ich sollte lieber Ivan Zarewitsch weiterlesen, sonst bricht hier wieder die Hölle los. Am besten sagst du mir schnell, was du willst, ehe uns Seine Hoheit den Wölfen zum Fraß vorwirft.«

    »Mara und ich wollen unten im Wohnzimmer ein paar Dinge klären. Ich möchte dich nur warnen, Brian nicht ins Zimmer zu lassen, bis wir fertig sind. Du solltest wahrscheinlich am besten auch nicht reinkommen.«
    »Aha, verstehe. Wenn ich hier fertig bin, gehe ich nach oben in mein Arbeitszimmer. Mara kann mir ja später berichten, was ihr so getrieben habt.«
    Ben war offensichtlich viel zu müde, um weiter nachzuhaken, auch wenn sich ein neugieriges Blitzen in seinen Augen nicht leugnen ließ. Sein Interesse für Magie und Geister würde ihn eines Tages bestimmt noch in große Schwierigkeiten bringen, da war ich mir sicher.
    Ich konnte die kalte Gegenwart Alberts in meinem Rücken spüren, als ich die Treppe runterging. Der Geist folgte mir ins Wohnzimmer. Dort gab ich Acht, nicht auf Maras versteckte Zeichen zu treten, aber trotzdem so nahe wie möglich daran vorbeizugehen. Dann blieb ich abrupt stehen und drehte mich um.
    »Hallo, Albert«, sagte ich.
    Es passiert selten, dass man einem Geist einen Schrecken einjagen kann. Doch Albert zuckte zusammen, als ich ihn so unerwartet begrüßte, und wich zur Seite, sodass er direkt über der Decke schwebte. Mara hatte mir einmal erklärt, dass sie ihn nicht sehen, sondern nur spüren konnte, und so wusste, wo er sich befand oder was er tat. Ich hoffte, dass das tatsächlich der Fall war.
    Es war zwar nicht meine Art, aggressiv anzugreifen, aber falls Albert floh, hätte ich keine Möglichkeit mehr, mit ihm zu reden. Allerdings wollte

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