Underground
seine. Wenn es möglich ist, würde ich gerne gleich mit dir sprechen.«
Mara zuckte gelassen mit den Schultern. »Klar, kein Problem. Wie lange soll das Ganze dauern?«
»Ich glaube, eine halbe Stunde wird ausreichen, um dir alles zu erklären.«
»Gut. Dann ist es ganz leicht.« Sie setzte sich aufrecht hin und stimmte einen leisen Singsang an. Den schimmernd blauen Schleier hatte sie mit einer Fingerspitze zu
sich herangezogen und malte damit nun zarte Kringel und Linien in die Luft.
So entstanden Formen, die mich an Kletterpflanzen erinnerten. Mara stand nach einer Weile auf und begann gegen den Uhrzeigersinn um die beiden Sofas herumzulaufen. Noch immer leise singend, fuhr sie mit den Händen durch die Luft, wodurch sich glitzernde blaue Linien bildeten. Die energiegeladenen Kletterpflanzen folgten ihr und wuchsen rasend schnell um die Sofas.
Mara umkreiste sie dreimal. Die leuchtenden, magischen Formen kletterten immer höher und wurden dichter, bis sie schließlich über Maras Kopf hinausragten und anfingen, eine Art Pagode zu bilden. Meine Freundin fuhr ein letztes Mal mit den Händen durch die Luft, und der magische Schutzraum schloss sich über unseren Köpfen. Ich hörte ein fernes Blubbern und Murmeln, als ob die Zauberpflanze lebendig wäre und Selbstgespräche führte, während wir daruntersaßen.
»Also gut«, sagte Mara und setzte sich wieder zu mir. »Was hat Albert angestellt?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob er etwas angestellt hat oder ob er etwas im Schilde führt. Aber ich weiß, dass er irgendetwas gemacht hat und möglicherweise über Informationen verfügt, die mir in einer wichtigen Angelegenheit weiterhelfen könnten.«
Mara lehnte sich zurück und machte es sich auf dem Sofa bequem. »Dann schieß mal los.«
»Vor einigen Tagen wurde mir ein Zombie gebracht – wenn man ihn so nennen kann. Jedenfalls war es ein lebender Toter. Ich bin mir nicht sicher, wodurch und wie er animiert wurde, aber das ist jetzt auch nicht so wichtig. Als ich in ihn hineingriff, musste ich feststellen, dass in seinem
Körper zwei Geister hausten. Ich habe bereits mit Carlos darüber gesprochen, und auch er meinte, dass es eigentlich nur einer hätte sein sollen. Eines der Wesen schien der Geist zu sein, der den Körper auch während seines Lebens bewohnt hatte – und dieses Leben muss schon eine Weile zurückgelegen haben, wenn man seine Verwesung in Betracht zieht. Der andere Geist war euer Albert, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er schon eine Zeit lang nicht mehr in seiner eigenen Hülle gewesen ist.«
Mara sah mich an. »Gütiger Himmel! Du meinst, dass Albert eine Leiche belebt? Bist du dir sicher? Ich kann mir das nicht vorstellen. Er ist nicht besonders stark.«
»Aber er besitzt für einen Geist einen ungewöhnlich starken Willen.«
»Meinst du?«
»Du nicht? Er kommt und geht, wann es ihm beliebt. Er kann Gegenstände wie Bens schweren Schreibtisch durchdringen, er stiftet Brian zu allem möglichen Unsinn an, und er ist mir einmal ins Grau gefolgt, ehe ich überhaupt wusste, dass ich da selbst hineinkann.«
Mara kaute für einen Moment nachdenklich auf ihrer Unterlippe. »Ja … stimmt … Er besitzt einen ungewöhnlich hohen Aktivitätsgrad. Er ist zu vielem in der Lage, redet aber mit niemand anderem als mit Brian. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt redet oder wortlos suggerieren kann, was auch für seine Stärke sprechen würde. Aber um eine Leiche zu beleben, bräuchte man entweder einen Nekromanten oder Schwarze Magie.«
»Ich glaube nicht, dass Albert die Leiche selbst belebt hat«, erklärte ich. »Ich nehme vielmehr an, dass die ruhelose Seele dieses Mannes dafür verantwortlich war, dass sich sein Körper weiterhin bewegen konnte. Allerdings
muss etwas anderes dafür gesorgt haben, dass die Hülle intakt und der ursprüngliche Geist darin gefangen blieb. Ich glaube, dass Albert mehr oder weniger zufällig dazukam. Außerdem sah ich ihn in einer Erinnerungsschleife in einer Kneipe unter dem Pioneer Square. Das hat mich auf den Gedanken gebracht, dass Albert möglicherweise mehr über das Wesen weiß, das diesen Zombie erschaffen hat. Der lebende Tote stand mit dem Wesen irgendwie in Verbindung. Das Gleiche trifft übrigens auch auf einige tote Obdachlose zu, die in letzter Zeit im alten Stadtzentrum gefunden wurden. Außerdem ist es ziemlich wahrscheinlich, dass diese Kreatur bereits seit der Prohibition in dieser Gegend ihr Unwesen treibt. Und damals starb
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