Underground
Geist wütend.
»Das wirst du sehr wohl, wenn du jemals wieder aus dem Netz freikommen willst. Fangen wir also mit etwas Einfachem an. Wie lautet dein voller Name?«
Albert schwieg hartnäckig. Ich wusste nicht, ob ein Geas – eine magische Verwünschung – bei einem Gespenst
funktionierte, hatte aber auch keine große Lust, es auszuprobieren. Doch Albert wollte offenbar nicht kooperieren. Ich zupfte also an einem Stück Grau und starrte Albert an. Er erwiderte meinen Blick, während ich das surrende, energiegeladene Material zu mir zog und so eine Energieverbindung schuf, die es mir erlaubte, den Geist zu etwas zu zwingen. Dann unterwarf ich Albert durch meine Gedanken meinem Willen und sagte: »Sprich offen. Je offener du bist, desto schneller wird es vorbei sein. Dann kannst du gehen.«
Deutlich sah ich die sich rasch aufbauenden schwarzen Linien, die den Geist umkreisten und ihn zwangen, so zu handeln, wie ich es wollte. Er warf den Kopf zurück und schüttelte sich. Die schwarzen Fäden hingen an ihm und bohrten sich wie Nadeln in seine Gestalt. Ich spürte eine eisige Kälte, die mir bis in die Knochen kroch – die Kälte eines einsamen Todes. Ein solcher magischer Zwang hatte auch auf mich Auswirkungen. Ich würde also ganz sichergehen müssen, die Verbindung völlig zu lösen, wenn ich Albert wieder befreite. Doch solange wir auf diese Weise miteinander verknüpft waren, musste ich dem Druck standhalten. Ich wollte nicht, dass er sich wehrte und dadurch in meinem Inneren eine schreckliche Unruhe auslöste.
»Also gut«, fuhr er mich an.
»Wie lautet dein voller Name?«, fragte ich, um zu sehen, wie er reagierte, wenn ich ihm harmlose Fragen stellte. Auf diese Weise konnte ich leichter herausfinden, wann er log – was er bestimmt versuchen würde. Im Gegensatz zu den meisten, die ich kannte, hatte Albert nämlich keine Aura, die mir seine Gefühle offenbarte.
»Albert Wallace Frye«, antwortete er und seufzte resigniert.
»Irgendeine Verwandtschaft mit den Fryes des Frye-Museums oder der Frye-Fleischfabrik?«
»Keine. Wenn ich Zugang zum Vermögen von Charlie oder Frank Frye gehabt hätte, wäre ich wohl kaum in den Whiskyschmuggel in einer Kneipe südlich des Pioneer Square verwickelt gewesen.« Er klang bitter, und ich stellte zu meiner Überraschung fest, dass ich ihn nun gar nicht mehr dazu zwingen musste, mit mir zu sprechen. Offenbar wollte er die Geschichte seines Lebens endlich loswerden, obwohl er schon vor langer Zeit gestorben war.
»Hast du so deinen Lebensunterhalt verdient? Durch Alkoholschmuggel?« Ich wollte ihm die Möglichkeit geben, sich ein wenig aufzuwärmen, ehe ich ihn über den Zombie und das Monster befragte.
»Meinen Lebensunterhalt habe ich in der Pharmaindustrie verdient. Durch Alkoholschmuggel habe ich richtig Geld gemacht. Damit fing ich an, als die Narren in Washington das Prohibitionsgesetz verabschiedeten. Das war quasi eine Lizenz zum Gelddrucken. Einfach wunderbar. Man sollte Leuten nie glauben, die behaupten, Verbrechen lohnt sich nicht. Im Gegenteil – es ist viel profitabler als Ehrlichkeit. Ich habe nur noch meine Fassade als Drogist aufrecht erhalten, um so ungestört arbeiten zu können.«
Mara wirkte schockiert, als sie Alberts zynische Rede hörte. Vermutlich hatten sogar irische Hexen eine romantische Vorstellung von amerikanischen Alkoholschmugglern, die so oft zu einer Art Robin Hood verklärt wurden. Für mich war es allerdings keine neue Erkenntnis, dass es immer nur um das Geld gegangen war und nicht darum, ein blödsinniges Gesetz zu umgehen.
»Und als die Nachfrage größer wurde als das Angebot, hast du selbst mit dem Brennen begonnen«, meinte ich.
»Oh, nein. Ich habe mich mit Olmstead zusammengetan.«
»Mit Roy Olmstead?«
»Mit genau dem.«
»Verstehe. Dann hast du also für Roys Jungs ausgeliefert. Das erklärt auch, warum du mich damals in diese illegale Kneipe geführt hast. Hast du dort auch gearbeitet?«
»Nein. Dorthin habe ich nur geliefert. Ich habe nur im 107 gearbeitet.«
»Das ist der Saloon unter der Occidental Avenue, nicht wahr?«
Er sah mich fragend an. »Wo?«
Ich dachte einen Moment nach. »Ich meine unter der Second Avenue.«
»Genau. Ich musste meine Verluste im Laden ausgleichen. Ich hatte mich nämlich in die Drogerie oben eingekauft, aber der Laden lief nicht gut. Also beschlossen mein Partner Bartell und ich, stattdessen einen Saloon zu eröffnen.«
Ich kannte Bartell Drugs zwar als eine große
Weitere Kostenlose Bücher