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Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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fühlen, was du gefühlt hast, deinen Herzschlag, dein Blut, wie es durch deine Adern fließt, deinen Atem, als wären wir ein und dieselbe Person, und wir verspürten beide diese unglaubliche … Freude. Hast du das nicht auch so empfunden?»
    «Ich glaube nicht», gesteht er und wendet den Blick ab. «Mich hat einfach nur so irre glücklich gemacht, dass ich dich küssen konnte. Und dann hast du geleuchtet. Und dann so hell gestrahlt, dass ich dich gar nicht mehr angucken konnte.»
    «Tut mir leid.»
    «Mir nicht», sagt er. «Ich bin froh, dass es passiert ist. Denn so hab ich erfahren, wer du wirklich bist.»
    «Ach ja? Und wer bin ich?»
    «Ein wirklich, wirklich spirituelles verwöhntes Prinzesschen aus Kalifornien.»
    «Ach, halt den Mund.»
    «Aber irgendwie ist das cool: Meine Freundin ist ein Engel.»
    «Ich bin kein Engel. Ich wohne nicht im Himmel, ich spiele nicht auf einer goldenen Harfe, ich habe auch keine vertraulichen Gespräche mit dem Allmächtigen.»
    «Hast du nicht? Du hast kein großes Weihnachtsessen mit dem lieben Gott?»
    «Nein», sage ich und kichere. «Wir haben unsere ganz eigenen Traditionen, stimmt schon, aber mit Gott hängen wir eigentlich nicht rum. Meine Mutter sagt, dass jedes Engelblut Gott schließlich begegnen wird, wenn unser Zweck auf der Erde erfüllt ist. Von Angesicht zu Angesicht. Ich kann mir das nicht so richtig vorstellen, aber meine Mutter sagt das auf jeden Fall.»
    «Na ja, aber das gilt doch für alle anderen auch, oder? Auch für uns Menschen, nicht?»
    «Was?»
    «Es heißt doch, dass wir alle Gott begegnen. Wenn wir sterben.»
    Ich starre ihn an. So habe ich das vorher noch nie betrachtet. Ich hatte angenommen, dass es bei diesem Treffen um eine Art Einsatzbesprechung geht, wenn wir unsere Aufgabe erfüllt haben. Diese Vorstellung hat mir schon immer Angst gemacht.
    «Stimmt», sage ich langsam. «Wir alle begegnen Gott eines Tages.»
    «Dann sollte ich vielleicht weiterhin regelmäßig in die Kirche gehen.»
    «In die Kirche gehen kann nicht schaden.»
    Ich streichele seine Wange und bin ganz hin und weg von der Andeutung eines Stoppelbarts unter meiner Hand. Ich würde gern etwas Tiefschürfendes sagen, etwas darüber, wie dankbar ich dafür bin, dass er mich so akzeptieren kann, wie ich bin, mit Flügeln und allem, aber ich weiß, dass das unsagbar kitschig klingen würde. Dann denke ich über die Kirche nach. Mama und Jeffrey und ich in der Kirche, als ich klein war, wie wir auf der Kirchenbank saßen und mit allen anderen sangen und beteten. Und wir saßen im bunten Licht der Engel in den Bleiglasfenstern.

    In Tuckers Bluebell holpern wir über eine unbefestigte Straße, und ich versuche, mich zu benehmen, zwischen uns einen der Bibel würdigen Abstand zu halten, denn angeln wollen wir ja nur nach Fischen, wie beim letzten Mal, und nicht nacheinander und dabei auf Tuchfühlung gehen. Aber dann greift er nach dem Schaltknüppel, und bei der Gelegenheit legt er mir die Hand aufs Knie, und sofort durchzuckt es mich schon wieder.
    «Wüstling.» Ich nehme die vorwitzige Hand und halte sie fest. Mit dem Daumen streicht er mir über die Knöchel, und mein Herz ist kurz vorm Zerspringen.
    «Also ehrlich, manchmal sagst du ganz komische Worte», sagt er.
    «Das kommt daher, dass ich eine Mutter habe, die über hundert Jahre alt ist. Und von all den verschiedenen Sprachen», erkläre ich. «Ich verstehe jedes Wort, das ich höre. So komme ich zu einem beeindruckenden Wortschatz.»
    «Beeindruckend», zieht er mich auf.
    «Mustergültig, um ganz genau zu sein. He, hast du in letzter Zeit mal mit deiner Schwester gesprochen?»
    «Ja, vor ein paar Tagen, am Abend mal», sagt er.
    «Hast du ihr von uns erzählt?»
    Er runzelt die Stirn. «Hätte ich das nicht tun sollen?»
    Ich lächle. «Du kannst mit ihr ruhig darüber reden. Aber ich glaube, sie weiß es schon. Ich hab gestern mit ihr gesprochen, und sie war irgendwie seltsam.»
    «Dann hast du es ihr also nicht erzählt?»
    «Nein, ich konnte ja schlecht einfach so sagen: Rat mal, was los ist. Ich geh mit deinem Bruder. Ich denke, das sollte besser von dir kommen.»
    «Ich hab es ihr erzählt», gibt er zu. «Vor Wendy kann ich einfach keine Geheimnisse haben. Ich hab es versucht. Aber es klappt nicht.»
    «Aber …», ich zögere. «Du hast ihr doch nichts erzählt über … du weißt schon.»
    Er sieht mich an und tut, als ob er keine Ahnung hat, was ich meine. Dann sagt er: «Was? Gibt es da etwas, das ich

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