Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
Vom Netzwerk:
über dich wissen sollte?»
    «Nenn mich einfach Engel», sage ich.
    Er lacht. «Natürlich hab ich ihr nichts erzählt. Ich wüsste gar nicht, wie ich ihr so was sagen sollte.» Dann fügt er leise hinzu: «Aber es wird schwierig werden, wenn sie zurück ist.»
    Ich schaue aus dem Wagenfenster. Der Pick-up braust an Drehkiefern vorbei, die zu beiden Seiten der Straße stehen, hier und da ein paar Espen, deren Laub sich allmählich schon verfärbt. Es ist heiß, auch für Wyoming-Verhältnisse. Die Luft riecht trocken und staubig.
    Dann sieht auf einmal alles vertraut aus. Wie im schlimmsten Déjà-vu-Erlebnis überhaupt.
    Meine Hand verkrampft sich um Tuckers Finger.
    «Halt an», keuche ich.
    «Was?»
    «Halt einfach an!»
    Tucker steigt auf die Bremse, und eine Staubwolke breitet sich hinter uns aus. Ehe der Truck ganz zum Stehen gekommen ist, steige ich aus. Als der Staub sich gelegt hat, stehe ich mitten auf der Straße und drehe mich langsam im Kreis.
    Dann gehe ich benommen an den Straßenrand, vorbei am Schatten eines großen silbernen Pick-ups, den ich vor meinem geistigen Auge sehe. Ich drehe mich um, setze einen Schritt vor den anderen und gehe Richtung Wald. Schwach höre ich Tuckers Stimme, der nach mir ruft, aber ich gehe immer weiter. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt stehen bleiben könnte, selbst wenn ich es versuchte. Immer weiter voran gehe ich durch die Bäume. Einmal stolpere ich, mein Knie berührt den von Kiefernnadeln übersäten Boden, aber auch das hält mich nicht auf, ich gehe weiter, tiefer in den Wald hinein, mache mir nicht mal die Mühe, mir den Schmutz von der Hose zu klopfen.
    Und dann bleibe ich stehen.
    Da ist es. Die kleine Lichtung. Der Felsvorsprung.
    Die Luft ist von Rauch erfüllt. Der Himmel ist von einem goldenen Orange. Christian trägt seine schwarze Fleece-Jacke, die Hände hat er in den Jackentaschen. Er steht ganz ruhig da und sieht zur Spitze des Felsvorsprungs hoch.
    O mein Gott, denke ich. Ich sehe die Flammen. Ich mache ein paar Schritte auf ihn zu. Alles ist so trocken. Ich lecke mir die Lippen, schaue auf meine zitternden Hände. Es ist, als ob ich in diesem Moment mein ganzes Leben hinter mir lasse. Ich bin so traurig, ich möchte weinen.
    «Christian», krächze ich.
    Er dreht sich um. Ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
    «Du bist es», sagt er.
    «Ich bin es … ich bin …»
    Er kommt auf mich zu. Ich gehe weiter in seine Richtung. Einen Moment später bleiben wir beide stehen, auf Armeslänge voneinander entfernt, und starren uns an. Ich fühle mich wie unter Drogen. Ich sehne mich so danach, ihn zu berühren, dass es fast Schmerzen bereitet, es nicht zu tun. Ich strecke die Hand aus. Seine Hand umfasst meine Finger. Seine Haut ist so heiß, fiebrig. Einen kurzen Moment schließe ich die Augen, um mich vor dem Ansturm der Gefühle zu schützen. Die Erkenntnis durchfährt mich wie ein Blitz:
    Wir gehören zusammen.
    Ich öffne die Augen. Er kommt noch näher. Sein Blick streift über mein Gesicht wie eine Berührung. Er schaut auf meine Lippen, dann auf meine Augen, dann wieder zurück zu den Lippen. Er hebt die Hand, um meine Wange zu berühren. Ich weine, merke ich, Tränen laufen mir über die Wangen.
    «Du bist es wirklich», flüstert er. Dann legt er die Arme um mich, und das Feuer rast auf uns zu, bewegt sich schnell über den Boden wie ein Ungeheuer, das uns verfolgt; Wolken aus dichtem weißem Rauch wabern aus seinen Nüstern, und es knistert und prasselt uns seine Warnung entgegen. Ich presse mich an Christian und befehle meinen Flügeln zu erscheinen, hebe mich mit all meiner Kraft in die Luft und trage uns himmelwärts.
    Nur fliege ich nicht. Ich sinke auf den Waldboden, meine Hände greifen leere Luft, denn Christian ist nicht da. Und dann wird alles schwarz.

    Vage wird mir bewusst, dass ich getragen werde. Ich weiß, auch ohne die Augen zu öffnen, dass es Tucker ist, der mich trägt. Überall würde ich seinen männlichen Duft wiedererkennen. Er riecht irgendwie nach Sonne. Ich lasse den Kopf an seine Schulter sinken, meine Arme baumeln herunter.
    Es war die Vision. Wieder einmal. Wenn «Vision» jetzt überhaupt noch das richtige Wort dafür ist, denn ich habe das Ganze nicht nur gesehen, es war viel mehr als das. Ich bin da gewesen.
    Und offenbar bin ich in Ohnmacht gefallen. Wieder einmal.
    Ich versuche, mich ein wenig zu strecken, Arme und Beine wieder zu gebrauchen, aber kaum bewege ich mich, fange ich an zu husten. Als

Weitere Kostenlose Bücher