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Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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Aber was spielt das für eine Rolle?»
    «Die Schattierung unserer Flügel spiegelt unsere Position wider, die wir im Licht einnehmen», erklärt sie. «Weißflügel haben natürlich weiße Flügel, und Schwarzflügel haben schwarze. Bei den meisten von uns, die wir uns in der Mitte befinden, bei den Nachkommen, variieren die Flügel in allen möglichen Grauschattierungen.»
    «Deine Flügel sind mir immer ziemlich weiß vorgekommen», sage ich. Sofort überkommt mich das dringende Bedürfnis, nachzusehen, welchen Farbton meine Flügel haben, um meinen Status herauszufinden.
    «Meine Flügel sind ziemlich hell», gibt Mama zu, «aber nicht so weiß wie frischgefallener Schnee.»
    «Na ja, Angelas Flügel sind wirklich weiß», sage ich. «Das wird dann wohl bedeuten, dass sie eine reine Seele ist.»
    Mama geht an den Schrank und nimmt sich ein Glas. Dann lässt sie es an der Spüle voll Wasser laufen und trinkt es langsam aus. Ganz ruhig.
    «Ein Schwarzflügel hat ihre Mutter vergewaltigt.» Ich schaue sie an, warte auf irgendeine Reaktion. Nichts. «Sie hat Angst, dass die sie eines Tages holen kommen. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen, als sie mir das alles erzählt hat. Sie hatte Angst. Richtige schlimme Angst.»
    Mama setzt das Glas ab und sieht mich an. Was ich ihr erzählt habe, scheint sie nicht im Geringsten zu erschüttern. Was mich umso mehr erschüttert. Und dann begreife ich.
    «Du hast das mit Angela gewusst», sage ich. «Woher?»
    «Ich habe meine Quellen. Sie hat sich nicht gerade bemüht, ihre Fähigkeiten zu verbergen. Dafür, dass sie sich solche Sorgen wegen der Schwarzflügel macht, ist sie nicht sonderlich vorsichtig. Und sich dir einfach so zu zeigen! Das ist sehr leichtsinnig.»
    Ich starre sie an. In dem Augenblick dämmert mir endgültig, wie viel meine Mutter vor mir verheimlicht hat.
    «Du hast mich angelogen», sage ich. «Ich erzähle dir immer alles, und du hast mich angelogen.»
    Unsere Blicke begegnen sich, mein Vorwurf hat sie entsetzt. «Nein, hab ich nicht. Es gibt einfach Sachen, die …»
    «Gibt es viele Engelblutwesen in Jackson Hole?»
    Meine unvermittelte Frage scheint sie zu kränken. Sie antwortet nicht.
    Ich hebe meinen Rucksack vom Küchenfußboden auf, wo ich ihn beim Reinkommen hingeworfen habe, und will in mein Zimmer gehen.
    «He», sagt Mama. «Ich rede noch mit dir.»
    «Nein, offensichtlich tust du das nicht.»
    «Clara», ruft sie mir hinterher. «Wenn ich dir nicht alles erzähle, dann nur, um dich zu schützen.»
    «Das ist doch total verdreht. Etwas nicht zu wissen, wie kann mich das schützen?»
    «Was hat dir Angela sonst noch erzählt?»
    «Nichts.»
    Ich gehe in mein Zimmer und knalle die Tür hinter mir zu, ziehe den Mantel aus und werfe ihn aufs Bett; den Drang, zu schreien oder zu weinen oder beides, unterdrücke ich. Ich stelle mich vor den Spiegel, lasse meine Flügel erscheinen und hole sie mir nach vorn, damit ich mir die Federn genauer ansehen kann. Sie sind recht weiß, denke ich und fahre mit der Hand darüber. Nicht wie frischgefallener Schnee, wie Mama gesagt hatte, aber ziemlich weiß.
    Allerdings nicht so weiß wie Angelas.
    Ich höre Mama den Flur runterkommen. Vor meiner Tür bleibt sie stehen. Ich warte darauf, dass sie anklopft oder so reinkommt und mir mitteilt, dass ich mich nicht mehr mit Angela treffen darf, zu meiner eigenen Sicherheit. Aber das tut sie nicht. Einen Moment lang steht sie einfach still da. Dann höre ich sie weggehen.

    Ich warte eine Weile, bis ich sicher sein kann, dass Mama wieder unten ist, dann gehe ich leise über den Flur zu Jeffreys Zimmer. Er sitzt mit seinem Laptop am Schreibtisch und tippt flott vor sich hin, offenbar chattet er mit jemandem. Als er mich sieht, tippt er ganz besonders schnell etwas, dann springt er auf. Ich drehe die Musik einen Tick runter, damit ich mich selbst denken hören kann.
    «Hast du ihr schnell geschrieben: Bin gleich wieder da?», frage ich grinsend. «Wie heißt sie übrigens? Du brauchst gar nicht erst zu leugnen. Es wird noch viel peinlicher für dich, wenn ich in der Schule rumfrage.»
    «Kimber», räumt er sofort ein. «Sie heißt Kimber.» Sein Gesichtsausdruck bleibt neutral, aber ich sehe einen Anflug von Röte in seine Ohren kriechen.
    «Hübscher Name. Die Blonde, nehme ich an?»
    «Du bist doch nicht hergekommen, nur um dich über mich lustig zu machen, oder?»
    «Tja, es macht Spaß, aber nein, du hast recht. Ich wollte dir was erzählen.» Ich schiebe einen

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