Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
nicht einfach … leben?»
Als wir uns diesmal küssen, ist es anders. In dem Kuss liegt ein Drängen, das vorher nicht da war. Er hält kurz inne, um sich das Shirt über den Kopf zu ziehen, und zeigt dabei seine bronzefarbene Haut, die von harter Rodeo- und Farmarbeit gestählten Muskeln. Er ist wunderschön, denke ich, so irre schön, dass sein Anblick mir fast weh tut, und ich schließe die Augen und hebe die Arme über den Kopf, damit er auch mir das Shirt ausziehen kann. Die kühle Luft berührt meine Haut, und ich zittere. Sacht fährt Tucker mit seinen schwieligen Fingerspitzen meine Schultern entlang, streicht über den Träger meines BHs, an meinem Schlüsselbein vorbei und den Hals hinauf, macht halt unter meinem Kinn; dann hebt er meinen Kopf und küsst mich wieder.
Jetzt wird es tatsächlich passieren, denke ich. Tucker und ich. Jetzt gleich.
Mein Herz rast, fliegt mehr, als dass es schlägt, es fühlt sich an wie die Flügel eines Kolibris in meiner Brust, mein Atem kommt stoßweise, als würde ich frieren, als hätte ich Angst, aber beides ist nicht der Fall. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn, ich liebe ihn – die Worte haben ihren ganz eigenen Rhythmus.
Plötzlich erstarrt er.
«Was?», flüstere ich.
«Du leuchtest.» Abrupt setzt er sich auf.
Es stimmt. Es ist ganz schwach, auf keinen Fall der volle himmlische Glanz, aber als ich die Finger strecke und meinen Handrücken betrachte, sehe ich, dass meine Haut tatsächlich glüht.
«Nein! Dein Haar», sagt er.
Mein Haar. Sofort greife ich mit beiden Händen hinein. Es schimmert, es strahlt. Ein funkelnder, glänzender Sonnenstrahl im Dunkel von Tuckers Zimmer. Ich bin eine menschliche Lampe.
Tucker sieht mich nicht an.
«Es ist nichts. Angela nennt das Comae caelestes . Zeichen eines himmlischen Wesens. Deshalb hat meine Mutter letztes Jahr auch verlangt, dass ich mir die Haare färbe.» Jetzt plappere ich nur noch vor mich hin.
«Kannst du … kannst du das abstellen?», fragt er. «Tut mir leid, aber wenn ich draufschaue, wird mir … schwindelig, als ob ich gleich umkippe oder in Ohnmacht falle oder so was.» Er holt tief Luft und macht die Augen zu. «Ein bisschen übel ist mir auch.»
Na toll, gut zu wissen, dass das meine Wirkung auf Männer ist.
«Ich kann es versuchen», sage ich, und es stellt sich heraus, dass es gar nicht so schwer ist, es abzustellen. Es hilft schon, nur den angespannten Ausdruck auf Tuckers Gesicht zu sehen.
Ich könnte schwören, dass ich Tucker vor Erleichterung seufzen höre.
«Tut mir echt leid», sage ich noch mal.
Er sieht mich an, schluckt heftig, versucht, sich wieder zu fassen. «Es muss dir nicht leidtun. Es gehört nun mal zu dir. Du solltest dich nicht entschuldigen für das, was du bist. Eigentlich ist es ja auch ganz hübsch. Beeindruckend. Man möchte auf die Knie sinken und beten und so.»
«Aber du würdest am liebsten kotzen.»
«Irgendwie schon.»
Ich beuge mich vor und küsse seine immer noch anbetungswürdige Schulter. «Also. Mein Licht ist aus. Wo sind wir stehengeblieben?»
Er schüttelt den Kopf und kratzt sich den Nacken, wie er das immer macht, wenn er sich unwohl fühlt. Und hustet.
Verlegen sitze ich einen Moment lang da. «Okay», sage ich. «Ich denke, ich sollte …»
«Geh nicht.» Er greift nach meiner Hand, ehe ich aufstehen kann. «Bleib.»
Ich lasse zu, dass er mich wieder aufs Bett zieht. Er liegt hinter mir, Löffelchenstellung, legt mir die Hand auf die Hüfte und atmet gleichmäßig gegen meinen Nacken. Ich versuche, mich zu entspannen. Ich horche auf das Ticken der Uhr auf seinem Nachttisch. Was, wenn ich es niemals schaffe, den Glanz unter Kontrolle zu bringen? Was, wenn ich jedes Mal anfange zu leuchten, wenn ich mich auf diese spezielle Weise glücklich fühle? Ich fange an zu leuchten, ihm wird übel, und dann – Freakus interruptus .
Was für ein trüber Gedanke. Ich habe meine ureigene, ganz spezielle Form der Empfängnisverhütung. Den vollen Körperglanz.
Und dann denke ich: Er wird sterben, ohne je Sex gehabt zu haben.
«Das ist doch nicht schlimm», flüstert Tucker. Er nimmt meine Hand und drückt sie.
Oh. Mein. Gott. Habe ich das eben laut gesagt?
«Was ist nicht schlimm?», frage ich.
«Ob wir … na ja, du weißt schon, ob wir jetzt hier zusammen … oder nicht», sagt er. Irgendwie verrückt; er kann nicht Gedanken lesen, weiß aber dennoch fast genau, was ich denke. «Ich liebe dich auch so.»
«Ich liebe dich auch so», antworte
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