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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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die andere Seite der Gleise zu kommen.
    Ich gehe langsam auf den Vogel zu, und ich schaue nicht zurück.
    Denn ich kenne diesen Vogel.
    Er wird mein Führer sein.

    Taumelnd komme ich in der Kirche wieder zu mir. Ich bin mitten im Kreis stehen geblieben, erhobenen Kopfes, die Mönche singen, singen, singen, ihre Stimmen klingen nun tiefer.
    «Sieht ganz danach aus, als habe es geklappt», sagt Thomas und lächelt, als ich ihm mit zittrigen Händen den iPod zurückgebe.
    «Alles in Ordnung mit dir?»
    Ich nicke. «Ich muss jetzt gehen.»
    O Mann, und zwar dringend!
    Ich trete in den Innenhof und setze mich unter den Baum, unter dem ich immer lerne. Ich denke Samjeezas Namen, wieder und immer wieder, rufe ihn auf die einzige Weise herbei, die mir bekannt ist, und hoffe, dass er dieses unheimliche Hinter-mir-Herschleichen nicht gerade jetzt aufgegeben hat, da ich ihn dringend brauche. Und ich warte.
    Ich spüre seine Gegenwart, ehe ich ihn sehe. Er tritt am Rand des Campus zwischen den Bäumen hervor, der Blick aus seinen bernsteinfarbenen Augen verblüfft, aber neugierig.
    «Du hast mich gerufen?», sagt er.
    «Ja, habe ich.» Obwohl ich so überrascht bin wie er, weil es geklappt hat.
    «Ich habe nicht damit gerechnet, dich hier anzutreffen», sagt er. «Du hast Schwierigkeiten mit dem Großen Bruder.»
    Also weiß er schon Bescheid. Natürlich weiß er Bescheid. Ich bin sicher, Gerüchte verbreiten sich schnell in der Hölle. «So könnte man es sagen. Na egal. Ich bin bereit, dir eine Geschichte zu erzählen», sage ich. «Aber ich will eine Gegenleistung.»
    Er lächelt, überrascht und erfreut und sogar noch neugieriger jetzt. Er breitet die Arme aus, die Handflächen hält er nach oben, tritt zurück und absolviert eine formvollendete Verbeugung.
    Dieser Typ ist ein Schleimer durch und durch.
    «Was kann ich für dich tun, mein kleines Vögelchen?», fragt er.
    Das ist der Moment. Jetzt bloß keinen Rückzieher machen, sage ich mir. Ich schaue ihm in die Augen.
    «Die Schwarzflügel haben meine Freundin Angela verschleppt. Weißt du, wo sie ist?»
    «Ja. Asael hat sie.»
    «In der Hölle?»
    «Natürlich.»
    Ich schlucke. «Hast du sie gesehen?»
    Er nickt.
    «Geht es ihr gut?»
    Sein Mund zuckt grausam. «An diesem Ort geht es keinem gut.»
    «Ist sie … am Leben?»
    «Körperlich ja. Ihr Herz schlug jedenfalls noch, als ich sie das letzte Mal gesehen habe.»
    «Und wann war das?», frage ich.
    Die Frage findet er komisch. «Vor einiger Zeit schon», antwortet er lachend.
    Ich beiße mir auf die Lippen. Jetzt kommt der verrückte Teil: Erzähl ihm deinen spontanen Plan. Breite alles vor ihm aus. Sollen die Würfel fallen. Der Wind wird kräftiger und lässt die Bäume verstohlen flüstern, wie eine Warnung. Trau ihm nicht , sagen sie.
    Aber ich traue der Vision, und die Vision sagt mir, dass ich ihm trauen soll.
    Samjeeza wird ungeduldig. «Ich habe dir gesagt, was ich über deine Freundin weiß. Jetzt bist du an der Reihe. Erzähl mir eine Geschichte.»
    «Noch nicht. Ich brauche noch etwas.» Ich hole tief Luft.
    Sei tapfer, mein Liebes , hat meine Mutter einmal zu mir gesagt. Du bist stärker, als du glaubst. Ich kann tapfer sein, sage ich mir.
    «Du musst mich zu Angela bringen», sage ich dann. «In die Hölle.»
    Er bringt ein ungläubiges Lachen hervor. «Warum, um alles in der Welt?»
    «Damit ich sie da rausholen kann.»
    Er reißt die Augen auf. «Du meinst das ernst, oder?»
    «Todernst», erwidere ich, was ganz passend ist, denn ich habe den Eindruck, dass mir jeden Moment mein Herz zerspringt.
    «Unmöglich», sagt er, obwohl in seinen Augen ein aufgeregtes Leuchten zu sehen ist.
    «Wieso ist das unmöglich?», frage ich und verschränke die Arme vor der Brust. «Hast du denn nicht die Macht, das zu tun? Du hast mich schon einmal dorthin gebracht.»
    Ich provoziere ihn, und das weiß er. Trotzdem lächelt er. «Hinbringen kann ich dich ohne große Probleme. Dich wieder rauszubringen wäre unendlich viel schwieriger. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du dich innerhalb weniger Minuten verlieren würdest und dann genauso gefangen wärst wie deine Freundin.»
    «Ich bin stark», erwidere ich. «Das hast du sogar selbst schon gesagt.»
    «Ja. Und wieso ist das so?», fragt er. «Wieso bist du so stark, kleiner Quartarius?»
    Ich deute ein Lächeln an.
    «Du willst da reinspazieren, direkt vor Asaels Nase rumtanzen und etwas wegnehmen, was ihm gehört», sagt er, als sei diese Vorstellung für ihn

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