Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)
sein Plüschaffe für ihn ist.
«Ich hab alles verstanden, Kleines», sagt Billy und tätschelt mir den Arm. Auch sie ist von ihren Gefühlen überwältigt. Tief im Inneren hat sie sich immer ein Kind gewünscht. Sie hätte gern eines mit Walter gehabt, wäre das möglich gewesen. Aber sie selbst hat nur noch sieben Jahre zu leben.
«Ich rufe heute Abend an und singe ihm ein Schlaflied vor», verspreche ich und schaffe es kaum zur Tür hinaus, ohne in Tränen auszubrechen.
Und während dieser ganzen Zeit steht Christian neben mir und wartet darauf, dass ich ihm sage, was los ist.
Er ist maßlos überrascht, als ich uns ins Studierzimmer im Untergeschoss meines Wohnheims bringe und nicht zurück nach Lincoln.
«Also schön, Clara», sagt er und gibt sich Mühe, nicht zu zeigen, wie besorgt er ist. «Was machen wir hier?»
Ich erzähle es ihm.
Seine Reaktion sieht folgendermaßen aus:
«Du hast was gemacht?»
«Ich habe mich mit Samjeeza am Bahnhof von Palo Alto verabredet, um Mitternacht», sage ich noch einmal.
«Wieso das denn?» Er fährt sich mit den Händen durchs Haar. «Bist du lebensmüde?»
«Nein», erwidere ich gelassen. «Ich habe eine Vision, und die sagt mir, dass ich mich mit ihm treffen werde.»
«Du sagst, du willst mit dem Zug zur Hölle fahren?»
«Genau.»
Langsam schüttelt er den Kopf. «Nein. Auf keinen Fall. Nein.»
«Ich zeig es dir», sage ich. «Komm schon.»
Ohne ein weiteres Wort verlasse ich den Raum, gehe die Treppe hinauf, raus aus dem Wohnheim und eile mit schnellen Schritten über den Campus. Christian hat keine andere Wahl, als mir zu folgen. In eine andere Dimension wechseln kann er noch nicht – denn so großartig er auch das Fliegen beherrscht und mit dem Glanzschwert umgehen kann, bin ich ihm doch, wenn es darum geht, den himmlischen Glanz herbeizurufen und zu benutzen, um Lichtjahre voraus.
Als er die Kirche sieht, weiß er, wohin ich will, und ich spüre genau, dass er am liebsten nicht mitkommen würde. Ich nehme seine Hand und ziehe ihn über den Innenhof. Wir erreichen die Tür der Memorial Church. Ich drehe mich zu ihm um. «Komm einfach mit rein. Geh mit durchs Labyrinth. Vielleicht hast du auch eine Vision. Ich wette um zehn Dollar mit dir, dass du einen Bahnhof sehen wirst.»
In seinen Augen blitzt Unsicherheit auf. Er ist versucht nachzugeben.
«Als ich das letzte Mal dadrin war, bin ich in der Überzeugung wieder rausgekommen, dass du sterben würdest», sagt er heiser.
«Aber ich bin nicht gestorben. Und du hast getan, was du tun musstest. Du hast mich gerettet. Du hast Web gerettet.»
«Ich habe jemanden getötet», flüstert er.
«Ich weiß. Aber das hier müssen wir jetzt tun. Verstehst du nicht? Das ist unsere Aufgabe. Vielleicht ging es von Anfang an nur darum, dass wir Angela retten. Sie aus der Hölle holen.» Ich fühle mich, als habe jemand unter mir ein Feuer angezündet. Ich kann nicht still stehen, so aufgeregt bin ich.
Christian zieht die Augenbrauen zusammen. «Von Anfang an?», fragt er. «Was willst du damit sagen?»
«Was, wenn es von Anfang an Angelas Aufgabe war, Web zu bekommen? Ich meine, Asael hat Phen geschickt, damit der ein Auge auf sie hat, und vielleicht war es den beiden ja bestimmt, sich zu verlieben, und sie sollte schwanger werden. Mit dem Siebten – Gottes perfekter Zahl.»
«Und was hat das mit uns zu tun?»
«Also ich hatte meine Vision zuerst, und diese Vision hat mir gesagt, ich solle nach Wyoming ziehen. Das hab ich dann gemacht. Und da habe ich dann dich kennengelernt und Angela. Und dann hatte ich meine zweite Vision – und die war eine echt harte Nuss, denn ich habe einfach nicht begriffen, wieso ich ständig den Friedhof gesehen habe, weshalb Gott mir diesen Augenblick im Voraus zeigen wollte. Aber inzwischen glaube ich, mir wurden dort zwei Dinge vor Augen geführt, über die ich Bescheid wissen musste. Ich habe gesehen, dass Samjeeza an diesem Ort war, also wusste ich, er würde an dem Tag da sein, sodass ich ihm das Armband meiner Mutter geben konnte. Ich habe entschieden, nett zu ihm zu sein, weshalb er seine Meinung über mich geändert hat. Weshalb er mich ständig beobachtet, mit mir geredet hat und ich schließlich zu ihm gehen und ihn um diese Sache bitten konnte.»
«Und was war das zweite?», fragt Christian.
«Du. Meine Friedhofsvision hat mir gezeigt, dass du mich stärker machst. Du und ich gemeinsam, wir stehen alles durch. Wir sind einer des anderen Anker. Wir können einer des
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