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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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vergraben, er schaut auf mich herunter. Sein Körper ist auf mysteriöse Weise von meinem Schoß verschwunden.
    «Huch», sagt er belustigt. «Ich hatte so ein Gefühl, als sei ich im Himmel und du bei mir.»
    «Tucker», sage ich keuchend.
    «Karotte.»
    «Das ist der Himmel», flüstere ich atemlos und sehe mich um, und sofort merke ich, dass die Farben heller sind, die Luft wärmer ist und der Boden unter mir irgendwie fester als auf der Erde.
    «Sieht ganz danach aus.» Er hilft mir auf, hält meine Hand fest, als er mich am Ufer entlangführt. Ich stolpere, die Steine am Ufer sind zu hart für meine Füße. Tucker hat weniger Probleme, aber auch für ihn ist es schwierig. Schließlich kommen wir zu einer Stelle, an der der Boden sandiger ist, und setzen uns, Schulter an Schulter, schauen hinaus aufs Wasser, schauen uns an. Ich nehme seinen Anblick in mich auf, wie er da vor mir sitzt, unverletzt und gesund, vollkommen in seiner Schönheit, warm und lächelnd und lebendig, seine Augen noch blauer als sonst, funkelnd.
    «So schlimm scheint das mit dem Sterben gar nicht zu sein», sagt er.
    Ich versuche zu lächeln, dabei bricht mir das Herz. Denn ich weiß, dass ich nicht bleiben kann.
    «Was soll ich jetzt tun?», fragt er.
    Ich schaue über die Schulter zu den Bergen hinüber. Auf der Erde würde dort die Sonne aufgehen, im Osten, aber hier ist das Licht dahinter. Und wird immer heller. Die Sonne wird niemals aufhören zu scheinen, so wie es in der Hölle ewig dunkel ist.
    «Geh ins Licht», antworte ich und finde lächerlich, wie sehr das nach Klischee klingt.
    Er sieht mich zweifelnd an.
    «Das ist der Weg, den du gehen sollst.»
    «Und das weißt du, weil …»
    «Weil ich schon einmal hier gewesen bin», sage ich.
    «Oh.» Das hat er nicht gewusst. «Könntest du noch einmal herkommen?»
    «Nein, Tucker. Das glaube ich nicht. Nicht dahin, wohin du jetzt gehst. Ich gehöre nicht hierher.»

    Er greift nach meiner Hand, umschließt sie mit seinen beiden Händen, streichelt meine Handfläche. «Ich liebe dich, das weißt du doch.»
    «Ich liebe dich auch», sage ich. Ich würde weinen, aber ich glaube nicht, dass ich noch eine Träne in mir habe. «Es tut mir so leid, dass das alles passiert ist. Du hattest so ein wunderbares Leben vor dir, und jetzt ist es vorbei.» Es ist schön, mit ihm hier zu sein, ihn gesund und wohlbehalten zu sehen, doch das Herz tut mir weh, wenn ich an Wendy und seine Eltern denke, daran, dass sein Tod ein riesiges schwarzes, gähnendes Loch in ihr Leben reißen wird, eine Wunde, die nie mehr heilen wird.
    Es tut mir weh, wenn ich daran denke, dass ich mein ganzes langes Leben auf Erden verbringe werde, ohne ihn je wiederzusehen.
    Er hebt mein Kinn an. «He, ist schon gut.»
    «Wenn ich dich nur in Ruhe gelassen hätte …»
    «Tu das nicht», sagt er. «Bedaure das mit uns nicht. Ich werde es auch nicht tun. Niemals.»
    So sitzen wir zusammen da, ich weiß nicht wie lange, unsere Hände ineinander verschlungen, mein Kopf ruht an seiner Schulter. Er erzählt mir alles, was ich in diesem Jahr verpasst habe.
    «Jede Minute habe ich dich vermisst. Ich wäre am liebsten nach Kalifornien gefahren und hätte dich bei den widerspenstigen Haaren gepackt, dich nach Wyoming gezerrt und dir Vernunft eingetrichtert. Dann dachte ich, na schön, wenn ich sie nicht zu mir holen kann, dann gehe ich zu ihr.»
    «Also hast du dich an der Uni von Santa Clara beworben.»
    «Das hat Wendy dir erzählt?», fragt er überrascht. Ich nicke. «Was für eine Klatschtante.» Er seufzt, als er an sie denkt. Wird ernst. «Und du bist sicher, wir können nicht für immer hierbleiben?», fragt er wehmütig.
    «Das ist leider nicht möglich. Du musst dich jetzt auf den Weg machen.»
    «Du dich wohl auch. Du solltest dein Leben nicht an einen Toten verschwenden.»
    «Ich wünschte, das könnte ich.»
    «Prescott ist schon ein guter Typ», sagt er, seine Stimme klingt angespannt. «Er wird sich um dich kümmern.»
    Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll. Tucker steht auf und klopft sich den nicht existierenden himmlischen Schmutz aus den Hosen, einfach aus Gewohnheit. «Tja, dann sollte ich dich jetzt wohl gehen lassen. Ich habe noch einen weiten Weg vor mir.»
    Er zieht mich in seine Arme. Wir haben schon einige Abschiede hinter uns, Tucker und ich, aber keinen wie diesen. Ich klammere mich an ihn, atme seinen Geruch ein, sein Aftershave, vermischt mit dem Geruch nach Pferd und Heu und einem Hauch Oreo-Keksen.

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