Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)
sollen wir dann zurückkommen?», fragt die andere.
«Tut es einfach», erklärt er gereizt.
Desmond kichert, und eines der Mädchen schlägt ihn hart vor die Brust. Er hebt die Faust, will zurückschlagen, doch Asael gebietet ihm Einhalt, legt ihm väterlich eine Hand auf die Schulter, dann dreht er sich zu Angela um und fasst sie sanft im Nacken. Er lächelt. Beugt sich dicht zu ihr hin. Flüstert: «Jetzt, mein Kind, ist der Moment gekommen, in dem du alle Hoffnung fahrenlassen musst.»
Sie verschwinden.
Das erste Mädchen gibt einen angewiderten Laut von sich und stößt mit der Stiefelspitze gegen einen der Messingpoller, die eine Samtschnur halten. Der Poller kippt mit widerhallendem Krachen auf den Boden. «Wieso müssen immer wir die Drecksarbeit machen?»
Ich rechne damit, dass auch Phen verschwindet, jetzt da sein schmutziges Werk getan ist, aber er bleibt. Er kommt zum Eingang des Theaters und zieht den Vorhang zurück, wodurch er Christian und mich zwingt, uns noch tiefer in den Zuschauersaal zurückzuziehen, weiter hinein in die Schatten, und uns zwischen die Sitze zu kauern.
«Die ganze Welt ist Bühne», sagt Phen geistesabwesend, als führe er ein Selbstgespräch. «Und alle Frauen und Männer bloße Spieler.»
«Was redest du da?», fragt eines der Mädchen ihn. Ihre Stimmen sind genau die gleichen, sie sind wie Zwillinge oder etwas in der Art. Eine der beiden trägt eine ganze Reihe funkelnder Silberarmbänder, die gelegentlich gegeneinanderklimpern, wenn sie sich bewegt. So wie es sich anhört, brechen sie die Registrierkasse an der Erfrischungstheke auf und nehmen sich das Wechselgeld heraus.
«Ich glaube, Vater ist fertig mit dir», fährt das Mädchen, an Phen gewandt, fort. «Du kannst jetzt zurück in dein kleines Schlupfloch in Rom. Es sei denn, du spielst Chauffeur und bringst uns nach Hause. Willst du? Das wäre so süß von dir.»
«Die ganze Welt ist Bühne», flüstert er; er scheint sie gar nicht zu hören. «Bühne.»
Er dreht sich um, lässt den Vorhang fallen, und wir hocken wieder in völliger Finsternis da.
«Ach, komm schon», gurrt das Mädchen, «es wird sich auch lohnen für dich.»
Keine Antwort. Er ist weg.
«Trottel», brummelt Böser Zwilling Nummer eins. «Wo ist hier der nächste Bahnhof? Bei unserem Glück wahrscheinlich fünfhundert Meilen weit weg, wollen wir wetten? Dämliches Kuhkaff.»
«Aber du musst zugeben, irgendwie ist Phen sexy», stichelt Böser Zwilling zwei. «Ich hätte ihm ganz gern eine kleine Gefälligkeit erwiesen.»
«Bloß weil er in einem heißen Körper steckt … wer weiß, innen drin ist er vielleicht ein alter Mann», entgegnet Böser Zwilling eins.
«Stimmt ja. Das hatte ich fast vergessen», sagt Böser Zwilling zwei, die offensichtlich auf etwas herumkaut, wahrscheinlich Süßigkeiten von der Theke. «Du stehst ja nur auf jüngere Männer.»
«Ach, halt die Klappe. Jetzt komm schon, lass uns das hier fertig machen», sagt Böser Zwilling eins.
Einen Moment lang ist es ruhig. Das Herz hämmert mir in den Ohren, hart und schnell. Dann nehme ich den ersten Anflug von Rauch in der Luft wahr.
Das ist es jetzt.
Ich weiß, wie es ablaufen wird. Unzählige Male habe ich es schon gesehen. Trotzdem, nun, da es wirklich passiert, und obwohl ich weiß, was ich tun werde, klammere ich mich an die Hoffnung, dass die zwei jetzt einfach verschwinden. Ich höre sie klimpernd Richtung Tür gehen, und ich denke: Diesmal werden sie weg sein, dann können wir raus aus diesem schwarzen Loch, das uns gefangen hält. Ich werde hochlaufen, und Anna wird noch am Leben sein, und ich werde sie heilen. Wir werden Web finden. Alles wird in Ordnung sein, irgendwie.
Doch dann, wie jedes Mal, kommt der hohe Ton, das Schreien, gedämpft und verängstigt. Und ich weiß es wieder.
Web ist hier bei uns. Irgendwo in dieser Dunkelheit.
Ich spüre, wie sich Christian hinter mir anspannt wie eine zusammengedrehte Sprungfeder.
«Was ist das?», fragt einer der Zwillinge. «Scht. Sei mal ruhig.»
Wie aufs Stichwort hört das Schreien abrupt auf. Die darauf folgende Stille ist ohrenbetäubend. Ich halte den Atem an.
Dann teilt sich der Vorhang, und ein Lichtstrahl schießt die Mitte des Zuschauersaals hinunter.
«Irgendwas ist dadrin. Mach Licht.» Sie tasten sich an der Wand entlang.
«Ich finde den blöden Schalter nicht.»
Die Erste lacht. «Dann pass auf jetzt.»
Der Feuerball rast in einem Bogen über meinen Kopf hinweg und schlägt in das hintere
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