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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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sagte Volyova. Sie hielt sich das Armband dicht vor die Augen, riss sich die Projektionsbrille vom Kopf und studierte eine der kleinen Anzeigen, die genau im Takt mit dem Himmel und den Tönen ebenfalls rot blinkte. Khouri sah eine Schrift über den winzigen Bildschirm laufen, war aber zu weit entfernt, um sie lesen zu können.
    »Was für ein Notfall?«, flüsterte sie, um Volyova nicht in ihrer Konzentration zu stören. Das Trio war, ohne dass sie es bemerkt hätte, klammheimlich wieder in dem Teil des Schiffsspeichers verschwunden, aus dem Volyova es abgerufen und zum Leben erweckt hatte.
    Volyova schaute von ihrem Armband auf. Sie war ziemlich blass. »Eine von den Waffen aus dem Geschützpark.«
    »Ja?«
    »Sie ist dabei, sich scharf zu machen.«

Elf
    Im Anflug auf Delta Pavonis, 2564
    Sie rannten von der Lichtung durch einen gewundenen Korridor zum nächsten radial verlaufenden Fahrstuhlschacht.
    »Was heißt das?«, schrie Khouri über das Sirenengeheul hinweg. »Was meinen Sie mit ›sie macht sich scharf‹?«
    Volyova hob sich die Antwort auf, bis sie die wartende Kabine erreichten und sie ihr befohlen hatte, sie schnellstens und ohne Rücksicht auf die üblichen Geschwindigkeitsbeschränkungen zum nächsten achsenparallelen Fahrstuhlschacht zu bringen. Die Kabine fuhr so ruckartig an, dass die beiden Insassen heftig mit dem Rücken gegen die Glaswand geschleudert wurden und nach Luft rangen. Die Innenbeleuchtung pulsierte rot; Volyova spürte, wie sich auch ihr Herzschlag beschleunigte. Aber sie zwang sich zum Sprechen.
    »Genau was ich sagte. Jedes Geschütz wird von Überwachungssystemen kontrolliert – und eines dieser Systeme hat soeben einen Energieanstieg in seiner Waffe entdeckt.«
    Volyova verschwieg, dass sie die Systeme erst installiert hatte, als sie den Eindruck hatte, eines der Geschütze hätte sich bewegt. Seither hatte sie sich an die Hoffnung geklammert, sie hätte sich die Bewegung nur eingebildet – die lange Wache, während alle anderen schliefen, hätte Halluzinationen ausgelöst –, aber jetzt wusste sie, dass davon nicht die Rede sein konnte.
    »Wie kann sie sich selbst scharf machen?«
    Eine vernünftige Frage. Die Volyova leider nicht so ohne weiteres beantworten konnte.
    »Ich hoffe, dass es nur eine Störung in den Überwachungssystemen ist«, sagte sie, um überhaupt etwas zu sagen. »Nicht das Geschütz selbst.«
    »Warum sollte es sich scharf machen?«
    »Keine Ahnung! Vielleicht haben Sie schon bemerkt, dass mich die Sache nicht unbedingt kalt lässt?«
    Der Axiallift bremste unvermittelt ab und fuhr so heftig schaukelnd, dass einem übel werden konnte, in den Hauptschacht ein. Dann sackte er so schnell in die Tiefe, dass sie sich fast schwerelos fühlten.
    »Wo fahren wir hin?«
    »Zum Geschützpark natürlich.« Volyova funkelte ihren Waffenoffizier gereizt an. »Ich weiß nicht, was hier los ist, Khouri, aber auf jeden Fall möchte ich es mit eigenen Augen sehen. Ich möchte mich selbst davon überzeugen, was die verdammten Maschinen dort treiben.«
    »Das Geschütz macht sich also scharf. Was kann es sonst noch anstellen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Volyova so ruhig wie möglich. »Ich habe alle Abschaltroutinen durchprobiert – nichts. Mit einer solchen Situation konnte ich eigentlich nicht rechnen.«
    »Aber es kann sich doch wohl nicht selbst abschießen? Oder könnte es sich tatsächlich ein Ziel suchen und einfach drauflosfeuern?«
    Volyova warf einen Blick auf ihr Armband. Vielleicht spielte die Anzeige verrückt; vielleicht waren tatsächlich die Überwachungssysteme gestört. Sie konnte es nur hoffen, denn was das Armband ihr jetzt mitteilte, war eine Katastrophe.
    Das Geschütz hatte sich in Bewegung gesetzt.
    Falkender hielt Wort: die Operationen, die er an Sylvestes Augen durchführte, waren selten angenehm, häufig das Gegenteil, und gelegentlich arteten sie in regelrechte Höllenqualen aus. Seit Tagen lotete Slukas Arzt nun schon die Grenzen seiner Fähigkeiten aus. Er hatte versprochen, so grundlegende organische Funktionen wie Farbensinn, Tiefenwahrnehmung und das Verfolgen fließender Bewegungen wiederherzustellen, konnte aber Sylveste nicht restlos überzeugen, dass er über die dazu nötigen Mittel und das erforderliche Können verfügte. Sylveste hatte ihm erklärt, die Augen hätten noch nie perfekt funktioniert. Calvin hatte nur über ein beschränktes Instrumentarium verfügt. Aber jetzt hätte er selbst das rudimentäre Sehvermögen, das

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